Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Etwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson

Erkenntnis der Verhältnisse und Bedürfnisse des praktischen Lebens zu Mit¬
gliedern der Regierungen oder zu Landräten befördert, dann wird es auch in
Preußen nicht an Landrüten fehlen, bei denen sich die Referendare erfolgreich
vorbereiten können, und dann werden auch die jetzigen Klagen über bureau¬
kratisches, den Bedürfnissen des Lebens nicht entsprechendes Verwalter in
Preußen verstummen und nicht weiter mit Grund erhoben werden können.

Ohne Nachteil für die Wirksamkeit der Verwaltungsbeamten werden dann
auch die Anforderungen der großen Staatsprüfung in mancher Beziehung
ermäßigt werden können. Nur in Bezug auf das Studium der Nationalökonomie
und der Finanzwissenschaft werden die Anforderungen gesteigert werden müssen,
denn in einer Zeit, wo die Welt durch die unruhigen Bestrebungen der Sozial-
demokratie bewegt wird, wo die Fragen der Doppelwährung, der direkten
oder indirekten Besteuerung, der Progressivbesteuerung, der Schutz- und Finanz¬
zölle und so viele derartige Fragen auf der Tagesordnung stehen, muß der
Verwaltungsbeamte, mag er auch uicht eine Spitze der Verwaltungsbureaukratie
sein und nur ein Landratsamt zu verwalten haben, doch wissen, wie die
Wissenschaft zu solchen Fragen steht. Die Kammerverhandlungen lassen nur
zu oft erkennen, wie gering die Kenntnisse in dieser Beziehung selbst an hohen
S Rgl. Pr. Geh. Reg.-Rat a. D. Breter tellen sind.




Etwas über Transvaal
und den Einfall des Dr. Jameson

n den beiden vergangnen Jahren ist das vorstehende Thema in
Zeitungen und Zeitschriften außerordentlich viel besprochen
worden, und auch uoch jetzt steht fast in jeder Zeitungsnummer
wenigstens irgend eine Nachricht aus Transvaal. Aber aus
alledem ist kein deutliches Bild von den dortigen Verhältnissen
zu gewinnen. Es ist, als ob die Welt über die Dinge dort absichtlich im
Unklaren gehalten werden sollte. Haben sich doch ihrer Zeit die englische
Untersuchungskommission und selbst Lord Chamberlain die größte Mühe ge¬
geben, die Wahrheit über den Jamesonschen Einfall nicht an das Licht kommen
zu lassen. Dies ist, wie überall zu lesen war, geschehen, um sehr hochgestellte
Personen nicht bloßzustellen, und damit hat sich die Presse längere Zeit ganz
besonders beschäftigt, die meisten Blätter haben es nur angedeutet, einige haben
es ganz unverblümt gesagt. Es war nämlich bei der Gründung der cui^rtsreÄ
LoM^-^ü'ieÄ-LoiupM^ durch Cecil Rhodes die Erteilung der Litmrter von


Etwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson

Erkenntnis der Verhältnisse und Bedürfnisse des praktischen Lebens zu Mit¬
gliedern der Regierungen oder zu Landräten befördert, dann wird es auch in
Preußen nicht an Landrüten fehlen, bei denen sich die Referendare erfolgreich
vorbereiten können, und dann werden auch die jetzigen Klagen über bureau¬
kratisches, den Bedürfnissen des Lebens nicht entsprechendes Verwalter in
Preußen verstummen und nicht weiter mit Grund erhoben werden können.

Ohne Nachteil für die Wirksamkeit der Verwaltungsbeamten werden dann
auch die Anforderungen der großen Staatsprüfung in mancher Beziehung
ermäßigt werden können. Nur in Bezug auf das Studium der Nationalökonomie
und der Finanzwissenschaft werden die Anforderungen gesteigert werden müssen,
denn in einer Zeit, wo die Welt durch die unruhigen Bestrebungen der Sozial-
demokratie bewegt wird, wo die Fragen der Doppelwährung, der direkten
oder indirekten Besteuerung, der Progressivbesteuerung, der Schutz- und Finanz¬
zölle und so viele derartige Fragen auf der Tagesordnung stehen, muß der
Verwaltungsbeamte, mag er auch uicht eine Spitze der Verwaltungsbureaukratie
sein und nur ein Landratsamt zu verwalten haben, doch wissen, wie die
Wissenschaft zu solchen Fragen steht. Die Kammerverhandlungen lassen nur
zu oft erkennen, wie gering die Kenntnisse in dieser Beziehung selbst an hohen
S Rgl. Pr. Geh. Reg.-Rat a. D. Breter tellen sind.




Etwas über Transvaal
und den Einfall des Dr. Jameson

n den beiden vergangnen Jahren ist das vorstehende Thema in
Zeitungen und Zeitschriften außerordentlich viel besprochen
worden, und auch uoch jetzt steht fast in jeder Zeitungsnummer
wenigstens irgend eine Nachricht aus Transvaal. Aber aus
alledem ist kein deutliches Bild von den dortigen Verhältnissen
zu gewinnen. Es ist, als ob die Welt über die Dinge dort absichtlich im
Unklaren gehalten werden sollte. Haben sich doch ihrer Zeit die englische
Untersuchungskommission und selbst Lord Chamberlain die größte Mühe ge¬
geben, die Wahrheit über den Jamesonschen Einfall nicht an das Licht kommen
zu lassen. Dies ist, wie überall zu lesen war, geschehen, um sehr hochgestellte
Personen nicht bloßzustellen, und damit hat sich die Presse längere Zeit ganz
besonders beschäftigt, die meisten Blätter haben es nur angedeutet, einige haben
es ganz unverblümt gesagt. Es war nämlich bei der Gründung der cui^rtsreÄ
LoM^-^ü'ieÄ-LoiupM^ durch Cecil Rhodes die Erteilung der Litmrter von


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0631" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228267"/>
          <fw type="header" place="top"> Etwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1836" prev="#ID_1835"> Erkenntnis der Verhältnisse und Bedürfnisse des praktischen Lebens zu Mit¬<lb/>
gliedern der Regierungen oder zu Landräten befördert, dann wird es auch in<lb/>
Preußen nicht an Landrüten fehlen, bei denen sich die Referendare erfolgreich<lb/>
vorbereiten können, und dann werden auch die jetzigen Klagen über bureau¬<lb/>
kratisches, den Bedürfnissen des Lebens nicht entsprechendes Verwalter in<lb/>
Preußen verstummen und nicht weiter mit Grund erhoben werden können.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1837"> Ohne Nachteil für die Wirksamkeit der Verwaltungsbeamten werden dann<lb/>
auch die Anforderungen der großen Staatsprüfung in mancher Beziehung<lb/>
ermäßigt werden können. Nur in Bezug auf das Studium der Nationalökonomie<lb/>
und der Finanzwissenschaft werden die Anforderungen gesteigert werden müssen,<lb/>
denn in einer Zeit, wo die Welt durch die unruhigen Bestrebungen der Sozial-<lb/>
demokratie bewegt wird, wo die Fragen der Doppelwährung, der direkten<lb/>
oder indirekten Besteuerung, der Progressivbesteuerung, der Schutz- und Finanz¬<lb/>
zölle und so viele derartige Fragen auf der Tagesordnung stehen, muß der<lb/>
Verwaltungsbeamte, mag er auch uicht eine Spitze der Verwaltungsbureaukratie<lb/>
sein und nur ein Landratsamt zu verwalten haben, doch wissen, wie die<lb/>
Wissenschaft zu solchen Fragen steht. Die Kammerverhandlungen lassen nur<lb/>
zu oft erkennen, wie gering die Kenntnisse in dieser Beziehung selbst an hohen<lb/>
S<note type="byline"> Rgl. Pr. Geh. Reg.-Rat a. D. Breter</note> tellen sind. </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Etwas über Transvaal<lb/>
und den Einfall des Dr. Jameson</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1838" next="#ID_1839"> n den beiden vergangnen Jahren ist das vorstehende Thema in<lb/>
Zeitungen und Zeitschriften außerordentlich viel besprochen<lb/>
worden, und auch uoch jetzt steht fast in jeder Zeitungsnummer<lb/>
wenigstens irgend eine Nachricht aus Transvaal. Aber aus<lb/>
alledem ist kein deutliches Bild von den dortigen Verhältnissen<lb/>
zu gewinnen. Es ist, als ob die Welt über die Dinge dort absichtlich im<lb/>
Unklaren gehalten werden sollte. Haben sich doch ihrer Zeit die englische<lb/>
Untersuchungskommission und selbst Lord Chamberlain die größte Mühe ge¬<lb/>
geben, die Wahrheit über den Jamesonschen Einfall nicht an das Licht kommen<lb/>
zu lassen. Dies ist, wie überall zu lesen war, geschehen, um sehr hochgestellte<lb/>
Personen nicht bloßzustellen, und damit hat sich die Presse längere Zeit ganz<lb/>
besonders beschäftigt, die meisten Blätter haben es nur angedeutet, einige haben<lb/>
es ganz unverblümt gesagt. Es war nämlich bei der Gründung der cui^rtsreÄ<lb/>
LoM^-^ü'ieÄ-LoiupM^ durch Cecil Rhodes die Erteilung der Litmrter von</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0631] Etwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson Erkenntnis der Verhältnisse und Bedürfnisse des praktischen Lebens zu Mit¬ gliedern der Regierungen oder zu Landräten befördert, dann wird es auch in Preußen nicht an Landrüten fehlen, bei denen sich die Referendare erfolgreich vorbereiten können, und dann werden auch die jetzigen Klagen über bureau¬ kratisches, den Bedürfnissen des Lebens nicht entsprechendes Verwalter in Preußen verstummen und nicht weiter mit Grund erhoben werden können. Ohne Nachteil für die Wirksamkeit der Verwaltungsbeamten werden dann auch die Anforderungen der großen Staatsprüfung in mancher Beziehung ermäßigt werden können. Nur in Bezug auf das Studium der Nationalökonomie und der Finanzwissenschaft werden die Anforderungen gesteigert werden müssen, denn in einer Zeit, wo die Welt durch die unruhigen Bestrebungen der Sozial- demokratie bewegt wird, wo die Fragen der Doppelwährung, der direkten oder indirekten Besteuerung, der Progressivbesteuerung, der Schutz- und Finanz¬ zölle und so viele derartige Fragen auf der Tagesordnung stehen, muß der Verwaltungsbeamte, mag er auch uicht eine Spitze der Verwaltungsbureaukratie sein und nur ein Landratsamt zu verwalten haben, doch wissen, wie die Wissenschaft zu solchen Fragen steht. Die Kammerverhandlungen lassen nur zu oft erkennen, wie gering die Kenntnisse in dieser Beziehung selbst an hohen S Rgl. Pr. Geh. Reg.-Rat a. D. Breter tellen sind. Etwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson n den beiden vergangnen Jahren ist das vorstehende Thema in Zeitungen und Zeitschriften außerordentlich viel besprochen worden, und auch uoch jetzt steht fast in jeder Zeitungsnummer wenigstens irgend eine Nachricht aus Transvaal. Aber aus alledem ist kein deutliches Bild von den dortigen Verhältnissen zu gewinnen. Es ist, als ob die Welt über die Dinge dort absichtlich im Unklaren gehalten werden sollte. Haben sich doch ihrer Zeit die englische Untersuchungskommission und selbst Lord Chamberlain die größte Mühe ge¬ geben, die Wahrheit über den Jamesonschen Einfall nicht an das Licht kommen zu lassen. Dies ist, wie überall zu lesen war, geschehen, um sehr hochgestellte Personen nicht bloßzustellen, und damit hat sich die Presse längere Zeit ganz besonders beschäftigt, die meisten Blätter haben es nur angedeutet, einige haben es ganz unverblümt gesagt. Es war nämlich bei der Gründung der cui^rtsreÄ LoM^-^ü'ieÄ-LoiupM^ durch Cecil Rhodes die Erteilung der Litmrter von

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/631
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/631>, abgerufen am 23.07.2024.