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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Der kleine Kriegsetat giebt zu mancherlei Betrachtungen Anlaß. Vor
allem muß die unverhältnismäßige Höhe der Pensionen -- beinahe der fünfte
Teil der Gesamtausgabe -- in die Augen fallen. Wenn uns aber die Offi¬
ziersliste des Jahres 1780 belehrt/') daß neben einem aktiven Oberst, einem
Major, neun Hauptleuten, einem Rittmeister, acht Leutnants, fünf Fähndrichen,
einem Garnisonmedicus und einem Vizeauditeur nicht weniger als vier Oberst¬
leutnants, sechs Majors, vierzehn Kapitäns und Rittmeister, zwölf Leutnants
als pensionirte Offiziere zu erhalten waren, so erkennen wir darin die Festig¬
keit, mit der man unter Goethes Leitung die überflüssigen Stäbe beseitigte,
und die Billigkeit, mit der man für die Betroffnen sorgte. Die meisten Etats¬
posten wiesen eine beträchtliche Verminderung gegen früher auf, die zehn Thaler
für Inquisitions- und Exekutionskosten deuten auf beinahe idyllische Zustände
in dem kleinen Truppenkörper hin. Freilich steht zu vermuten, daß daneben
kostenlos zur Genüge gefuchtelt wurde. Erdöhl gegen früher waren die fünf¬
tausend Thaler "auf das Kommißbrot." Goethe drang darauf, daß dieses
wichtige Nahrungsmittel den armen Soldaten gut und rein geliefert werde;
von den Proben, die er erhielt, wanderten gar viele zu Frau von Stein, und
in den Zettelchen an diese sehen wir öfter die Bemerkung "hierbei ein Stückchen
schwarzes Brod" oder auch "gegen deinen Kuchen kann ich dir nur Commiß-
brod schicken, aber Liebe gegen Liebe" (Goethe an Frau von Stein, 9. August
1782). Ob Gesuche, wie die des königlich preußischen Fähndrichs von der
Burg zu Halle um "ein Darlehen von 30 Louisdor aus hiesiger fürstlicher
Kriegskasse," unter den gnädigsten Verehrungen oder unter den Extraausgaben
und Doueenrs gebucht wurden, weiß ich nicht anzugeben, jedenfalls hatte
Goethe so gute Ordnung geschafft, daß auch ein paar Ausnahmen drein
gingen.

Der Gedanke, die kleine Truppe nach auswärts zu vermieten oder von
auswärts unterhalten zu lassen, lag dem Herzog wie Goethe so fern, daß
Goethe seinem Fürsten, als dieser im Herbst 1784 aus der Schweiz nach
Weimar zurückreiste, mit ruhiger Sicherheit und einer hübschen Mischung von
Ernst und leichtem Spott schreiben durfte: "Bei uns wohnt Friede, wenigstens
äußere Ruh. Die Holländer haben durch einen wunderbaren Gesandten Sub-
sidien anbieten lassen. Einsiedel, der Afrikaner, ist als holländischer Haupt¬
mann und substitnirter Bevollmächtigter des Rheingrafen von Salm aufge¬
treten. Die Bedingungen klingen ganz gut, ich lege sie bei. Indessen war
er schon selbst überzeugt, daß es eigentlich nur ein Compliment sei, das er
anbringe und ist über Dresden nach Berlin, wo er seinen Substituenten finden
wird" (Goethe an Herzog Karl August. Weimar, 26. November 1784).



*) Hochfürstl. Sachsen-Weimarischcr und Eisenachischer Adreßkaleudcr auf das Jahr 1780.
Weimar bei C> I, L, Glüsmg, privilegirten Hofbuchdrucker.
Grenzboten II 1898 4!)

Der kleine Kriegsetat giebt zu mancherlei Betrachtungen Anlaß. Vor
allem muß die unverhältnismäßige Höhe der Pensionen — beinahe der fünfte
Teil der Gesamtausgabe — in die Augen fallen. Wenn uns aber die Offi¬
ziersliste des Jahres 1780 belehrt/') daß neben einem aktiven Oberst, einem
Major, neun Hauptleuten, einem Rittmeister, acht Leutnants, fünf Fähndrichen,
einem Garnisonmedicus und einem Vizeauditeur nicht weniger als vier Oberst¬
leutnants, sechs Majors, vierzehn Kapitäns und Rittmeister, zwölf Leutnants
als pensionirte Offiziere zu erhalten waren, so erkennen wir darin die Festig¬
keit, mit der man unter Goethes Leitung die überflüssigen Stäbe beseitigte,
und die Billigkeit, mit der man für die Betroffnen sorgte. Die meisten Etats¬
posten wiesen eine beträchtliche Verminderung gegen früher auf, die zehn Thaler
für Inquisitions- und Exekutionskosten deuten auf beinahe idyllische Zustände
in dem kleinen Truppenkörper hin. Freilich steht zu vermuten, daß daneben
kostenlos zur Genüge gefuchtelt wurde. Erdöhl gegen früher waren die fünf¬
tausend Thaler „auf das Kommißbrot." Goethe drang darauf, daß dieses
wichtige Nahrungsmittel den armen Soldaten gut und rein geliefert werde;
von den Proben, die er erhielt, wanderten gar viele zu Frau von Stein, und
in den Zettelchen an diese sehen wir öfter die Bemerkung „hierbei ein Stückchen
schwarzes Brod" oder auch „gegen deinen Kuchen kann ich dir nur Commiß-
brod schicken, aber Liebe gegen Liebe" (Goethe an Frau von Stein, 9. August
1782). Ob Gesuche, wie die des königlich preußischen Fähndrichs von der
Burg zu Halle um „ein Darlehen von 30 Louisdor aus hiesiger fürstlicher
Kriegskasse," unter den gnädigsten Verehrungen oder unter den Extraausgaben
und Doueenrs gebucht wurden, weiß ich nicht anzugeben, jedenfalls hatte
Goethe so gute Ordnung geschafft, daß auch ein paar Ausnahmen drein
gingen.

Der Gedanke, die kleine Truppe nach auswärts zu vermieten oder von
auswärts unterhalten zu lassen, lag dem Herzog wie Goethe so fern, daß
Goethe seinem Fürsten, als dieser im Herbst 1784 aus der Schweiz nach
Weimar zurückreiste, mit ruhiger Sicherheit und einer hübschen Mischung von
Ernst und leichtem Spott schreiben durfte: „Bei uns wohnt Friede, wenigstens
äußere Ruh. Die Holländer haben durch einen wunderbaren Gesandten Sub-
sidien anbieten lassen. Einsiedel, der Afrikaner, ist als holländischer Haupt¬
mann und substitnirter Bevollmächtigter des Rheingrafen von Salm aufge¬
treten. Die Bedingungen klingen ganz gut, ich lege sie bei. Indessen war
er schon selbst überzeugt, daß es eigentlich nur ein Compliment sei, das er
anbringe und ist über Dresden nach Berlin, wo er seinen Substituenten finden
wird" (Goethe an Herzog Karl August. Weimar, 26. November 1784).



*) Hochfürstl. Sachsen-Weimarischcr und Eisenachischer Adreßkaleudcr auf das Jahr 1780.
Weimar bei C> I, L, Glüsmg, privilegirten Hofbuchdrucker.
Grenzboten II 1898 4!)
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[0393] Der kleine Kriegsetat giebt zu mancherlei Betrachtungen Anlaß. Vor allem muß die unverhältnismäßige Höhe der Pensionen — beinahe der fünfte Teil der Gesamtausgabe — in die Augen fallen. Wenn uns aber die Offi¬ ziersliste des Jahres 1780 belehrt/') daß neben einem aktiven Oberst, einem Major, neun Hauptleuten, einem Rittmeister, acht Leutnants, fünf Fähndrichen, einem Garnisonmedicus und einem Vizeauditeur nicht weniger als vier Oberst¬ leutnants, sechs Majors, vierzehn Kapitäns und Rittmeister, zwölf Leutnants als pensionirte Offiziere zu erhalten waren, so erkennen wir darin die Festig¬ keit, mit der man unter Goethes Leitung die überflüssigen Stäbe beseitigte, und die Billigkeit, mit der man für die Betroffnen sorgte. Die meisten Etats¬ posten wiesen eine beträchtliche Verminderung gegen früher auf, die zehn Thaler für Inquisitions- und Exekutionskosten deuten auf beinahe idyllische Zustände in dem kleinen Truppenkörper hin. Freilich steht zu vermuten, daß daneben kostenlos zur Genüge gefuchtelt wurde. Erdöhl gegen früher waren die fünf¬ tausend Thaler „auf das Kommißbrot." Goethe drang darauf, daß dieses wichtige Nahrungsmittel den armen Soldaten gut und rein geliefert werde; von den Proben, die er erhielt, wanderten gar viele zu Frau von Stein, und in den Zettelchen an diese sehen wir öfter die Bemerkung „hierbei ein Stückchen schwarzes Brod" oder auch „gegen deinen Kuchen kann ich dir nur Commiß- brod schicken, aber Liebe gegen Liebe" (Goethe an Frau von Stein, 9. August 1782). Ob Gesuche, wie die des königlich preußischen Fähndrichs von der Burg zu Halle um „ein Darlehen von 30 Louisdor aus hiesiger fürstlicher Kriegskasse," unter den gnädigsten Verehrungen oder unter den Extraausgaben und Doueenrs gebucht wurden, weiß ich nicht anzugeben, jedenfalls hatte Goethe so gute Ordnung geschafft, daß auch ein paar Ausnahmen drein gingen. Der Gedanke, die kleine Truppe nach auswärts zu vermieten oder von auswärts unterhalten zu lassen, lag dem Herzog wie Goethe so fern, daß Goethe seinem Fürsten, als dieser im Herbst 1784 aus der Schweiz nach Weimar zurückreiste, mit ruhiger Sicherheit und einer hübschen Mischung von Ernst und leichtem Spott schreiben durfte: „Bei uns wohnt Friede, wenigstens äußere Ruh. Die Holländer haben durch einen wunderbaren Gesandten Sub- sidien anbieten lassen. Einsiedel, der Afrikaner, ist als holländischer Haupt¬ mann und substitnirter Bevollmächtigter des Rheingrafen von Salm aufge¬ treten. Die Bedingungen klingen ganz gut, ich lege sie bei. Indessen war er schon selbst überzeugt, daß es eigentlich nur ein Compliment sei, das er anbringe und ist über Dresden nach Berlin, wo er seinen Substituenten finden wird" (Goethe an Herzog Karl August. Weimar, 26. November 1784). *) Hochfürstl. Sachsen-Weimarischcr und Eisenachischer Adreßkaleudcr auf das Jahr 1780. Weimar bei C> I, L, Glüsmg, privilegirten Hofbuchdrucker. Grenzboten II 1898 4!)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/393>, abgerufen am 28.12.2024.