Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Zur Geschichte des Rheinbundes sein Land zum Mittelpunkt einer größern Staatenbildung zu machen. Das Noch einmal belebten sich Friedrichs Hoffnungen nach dem Kriege von 1815. Noch später, im September, tum Friedrich wenigstens aus Mömpelgard Zur Geschichte des Rheinbundes sein Land zum Mittelpunkt einer größern Staatenbildung zu machen. Das Noch einmal belebten sich Friedrichs Hoffnungen nach dem Kriege von 1815. Noch später, im September, tum Friedrich wenigstens aus Mömpelgard <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0087" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226989"/> <fw type="header" place="top"> Zur Geschichte des Rheinbundes</fw><lb/> <p xml:id="ID_251" prev="#ID_250"> sein Land zum Mittelpunkt einer größern Staatenbildung zu machen. Das<lb/> Bündnis mit Napoleon brachte neuen Zuwachs, sodaß er seine Erdtaube um<lb/> mehr als das doppelte vergrößert sah. Jetzt hoffte er durch die Teilnahme<lb/> am Kriege der Verbündeten noch größeres zu erreichen. Sein Gedanke war.<lb/> die altwürttembergischen Besitzungen im Elsaß und Mömpelgard wieder zu ge¬<lb/> winnen und durch den Erwerb von Pruntrut und dem badischen Seekreis<lb/> sein Land zu einem selbständigen Reich abzurunden, das imstande wäre, ein<lb/> starkes Grenzbollwerk gegen Frankreich zu bilden. Doch dabei war auf die<lb/> Wiedergewinnung des Elsaß gerechnet, wo Baden seine Entschädigung finden<lb/> sollte, und Friedrich überzeugte sich bald, daß das Verlangen nach der Vogesen-<lb/> grenze an der Großmut Alexanders scheiterte und an dem Widerwillen Öster¬<lb/> reichs, das für diesen Fall den Verlust Galiziens an Rußland befürchtete.<lb/> Größern Gebietsverschiebungen innerhalb Deutschlands selbst aber hatte schon<lb/> der Frankfurter Vertrag einen Riegel vorgeschoben.</p><lb/> <p xml:id="ID_252"> Noch einmal belebten sich Friedrichs Hoffnungen nach dem Kriege von 1815.<lb/> Auf dem zweiten Pariser Kongreß erscheint er in der elsässischen Frage als der<lb/> entschiedenste Verbündete Preußens. Das Unglück war nur, daß Preußen<lb/> keinen rudern Verbündeten hatte als eben Württemberg und einige noch weniger<lb/> ins Gewicht fallende Staaten. Eine Zeit lang scheint Preußen wirklich die<lb/> Hoffnungen des Königs genährt oder doch hingehalten zu haben, doch sind im<lb/> ganzen die Berichte seiner Gesandten von Anfang an wenig zuversichtlich.<lb/> Schon im Juli schrieb der General v. Hügel, der sich in Wellingtons Haupt¬<lb/> quartier befand, nach Stuttgart: „Eine Sicherheit gegen dieses Land Frankreich<lb/> kommt eben nicht zustande; jede Macht beachtet nur den eignen Vorteil. England<lb/> hat gut großmütig sein; es hat seinen Zweck erreicht und nicht viel von Frank¬<lb/> reich zu fürchten, auch wenn dieses mächtig bleibt. Preußen allein hat den<lb/> wahren Gesichtspunkt über die Sicherstellung gegen Frankreich. Die persön¬<lb/> lichen Eigenschaften des russischen Kaisers werden das größte Hindernis bilden<lb/> sür ein energisches Vergehen. Österreich schwankt uoch zwischen beiden Parteien.<lb/> Preußen giebt sich alle erdenkliche Mühe, um Österreich auf seine Seite zu<lb/> ziehen. Talleyrand nützt das alles aus und wird die Integrität Frankreichs<lb/> erhalten, und so haben die Franzosen die Schlacht bei Waterloo gar nicht ver¬<lb/> loren." Die württembergische Denkschrift vom August, die eindringlich und<lb/> in schlagender Weise die Notwendigkeit der Vogesengrenze für den Schutz Süd-<lb/> deutschlands begründete, konnte nicht einmal in offizieller Form den Vertretern<lb/> der Mächte übergeben werden, weil sich der richtige Augenblick dazu nicht finden<lb/> wollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_253" next="#ID_254"> Noch später, im September, tum Friedrich wenigstens aus Mömpelgard<lb/> zurück und stellte unter Berufung auf seine, seines Sohnes und seiner Truppen<lb/> Dienste beweglich vor, daß man doch die Wiege seines Hauses und zugleich<lb/> die des russischen Kaiserhauses uicht ewig unter der Fremdherrschaft seufzen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0087]
Zur Geschichte des Rheinbundes
sein Land zum Mittelpunkt einer größern Staatenbildung zu machen. Das
Bündnis mit Napoleon brachte neuen Zuwachs, sodaß er seine Erdtaube um
mehr als das doppelte vergrößert sah. Jetzt hoffte er durch die Teilnahme
am Kriege der Verbündeten noch größeres zu erreichen. Sein Gedanke war.
die altwürttembergischen Besitzungen im Elsaß und Mömpelgard wieder zu ge¬
winnen und durch den Erwerb von Pruntrut und dem badischen Seekreis
sein Land zu einem selbständigen Reich abzurunden, das imstande wäre, ein
starkes Grenzbollwerk gegen Frankreich zu bilden. Doch dabei war auf die
Wiedergewinnung des Elsaß gerechnet, wo Baden seine Entschädigung finden
sollte, und Friedrich überzeugte sich bald, daß das Verlangen nach der Vogesen-
grenze an der Großmut Alexanders scheiterte und an dem Widerwillen Öster¬
reichs, das für diesen Fall den Verlust Galiziens an Rußland befürchtete.
Größern Gebietsverschiebungen innerhalb Deutschlands selbst aber hatte schon
der Frankfurter Vertrag einen Riegel vorgeschoben.
Noch einmal belebten sich Friedrichs Hoffnungen nach dem Kriege von 1815.
Auf dem zweiten Pariser Kongreß erscheint er in der elsässischen Frage als der
entschiedenste Verbündete Preußens. Das Unglück war nur, daß Preußen
keinen rudern Verbündeten hatte als eben Württemberg und einige noch weniger
ins Gewicht fallende Staaten. Eine Zeit lang scheint Preußen wirklich die
Hoffnungen des Königs genährt oder doch hingehalten zu haben, doch sind im
ganzen die Berichte seiner Gesandten von Anfang an wenig zuversichtlich.
Schon im Juli schrieb der General v. Hügel, der sich in Wellingtons Haupt¬
quartier befand, nach Stuttgart: „Eine Sicherheit gegen dieses Land Frankreich
kommt eben nicht zustande; jede Macht beachtet nur den eignen Vorteil. England
hat gut großmütig sein; es hat seinen Zweck erreicht und nicht viel von Frank¬
reich zu fürchten, auch wenn dieses mächtig bleibt. Preußen allein hat den
wahren Gesichtspunkt über die Sicherstellung gegen Frankreich. Die persön¬
lichen Eigenschaften des russischen Kaisers werden das größte Hindernis bilden
sür ein energisches Vergehen. Österreich schwankt uoch zwischen beiden Parteien.
Preußen giebt sich alle erdenkliche Mühe, um Österreich auf seine Seite zu
ziehen. Talleyrand nützt das alles aus und wird die Integrität Frankreichs
erhalten, und so haben die Franzosen die Schlacht bei Waterloo gar nicht ver¬
loren." Die württembergische Denkschrift vom August, die eindringlich und
in schlagender Weise die Notwendigkeit der Vogesengrenze für den Schutz Süd-
deutschlands begründete, konnte nicht einmal in offizieller Form den Vertretern
der Mächte übergeben werden, weil sich der richtige Augenblick dazu nicht finden
wollte.
Noch später, im September, tum Friedrich wenigstens aus Mömpelgard
zurück und stellte unter Berufung auf seine, seines Sohnes und seiner Truppen
Dienste beweglich vor, daß man doch die Wiege seines Hauses und zugleich
die des russischen Kaiserhauses uicht ewig unter der Fremdherrschaft seufzen
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