Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Zur Geschichte des Rheinbundes Ein Trost war es, daß Baiern seiner führenden Stellung in Süddeutsch¬ Natürlich nicht aus deutscher Gesinnung drängt er vorwärts. Er hat Zur Geschichte des Rheinbundes Ein Trost war es, daß Baiern seiner führenden Stellung in Süddeutsch¬ Natürlich nicht aus deutscher Gesinnung drängt er vorwärts. Er hat <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0086" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226988"/> <fw type="header" place="top"> Zur Geschichte des Rheinbundes</fw><lb/> <p xml:id="ID_249"> Ein Trost war es, daß Baiern seiner führenden Stellung in Süddeutsch¬<lb/> land nicht froh werden sollte. Osterreich sicherte allen Rheinbundstaaten im<lb/> Süden ihren Fortbestand zu und war nicht gewillt, einen andern Einfluß als<lb/> den seinigen aufkommen zu lassen. Fortan war es Friedrichs Politik, sich<lb/> gegen die österreichische Vorherrschaft zu wehre», wobei er sich auf Rußland<lb/> stützte, sobald er sich wieder mit seinem Neffen Alexander ausgesöhnt hatte.<lb/> Gleich beim Beginn des Feldzugs der Verbündeten kam es zu scharfen Zu¬<lb/> sammenstößen mit dem Fürsten Schwarzenberg. Es war dem König höchst<lb/> unangenehm, daß Österreicher durch sein Land zogen, sich hier ohne weiteres<lb/> einquartierten, daß sie selbst die Residenzen nicht verschonten, und daß sich<lb/> österreichische Offiziere erlaubten, dem König seine Hasen und Fasanen weg¬<lb/> zuschießen. Über alles das gab es Beschwerden und höchst gereizte Aus¬<lb/> einandersetzungen- Mit Napoleon war der König fertig, aber er war nicht<lb/> gewillt, gegen die alte Knechtschaft eine neue einzutauschen, die noch dazu un¬<lb/> rentabel war. Man hat oft wiederholt, Friedrich sei, nur ungern den Fahnen<lb/> der Verbündeten gefolgt, im Herzen hätte er es noch mit seinem alten Be¬<lb/> schützer gehalten. Pfister versichert, daß urkundliche Belege hierfür nicht auf¬<lb/> zufinden seien. Im Gegenteil: Friedrich zeigte im Rat der Verbündeten einen<lb/> ungeduldigen Eifer; so viel an ihm lag, drängte er auf eine rasche und nach¬<lb/> drückliche Kriegführung in Feindesland, und als seine Truppe zum erstenmale<lb/> am 1. Februar 1814 bei La Nothivre rühmlich gegen ihren alten Lehrmeister<lb/> gestritten hatte, ließ er in Stuttgart Viktoria schießen und ein Tedeum singen.<lb/> Die zaubernde Kriegführung der Österreicher war gar nicht nach seinem Sinn,<lb/> und als Schwarzenberg nach dem Mißerfolg bei Mouterau den Rückzug an¬<lb/> trat, selbst ein Scparcitfriede Österreichs zu befürchten stand, wollte Friedrich<lb/> seine Truppen aus der Schwarzenbergischen Armee herausziehen und unmittelbar<lb/> unter den Kaiser Alexander stellen, der zugleich mit den Preußen vorwärts<lb/> drängte. Und er atmete auf, als es wieder vorwärts ging, Blücher die<lb/> Führung erhielt und die ersten Siege erfocht.</p><lb/> <p xml:id="ID_250" next="#ID_251"> Natürlich nicht aus deutscher Gesinnung drängt er vorwärts. Er hat<lb/> dabei seine besondern Absichten. Je rascher und vollständiger die Nieder¬<lb/> werfung des Feindes gelingt, umso eher hofft er zu dem Ziele zu gelangen,<lb/> das ihm unausgesetzt vor Augen steht: der Vergrößerung seines Reiches.<lb/> Dieser kleinstaatliche Monarch fühlte in sich den Beruf, ein wirkliches Reich<lb/> zu beherrschen. Unter den Augen Friedrichs des Großen aufgewachsen, der<lb/> immer sein Ideal blieb, erst in preußischen, dann in russischen Diensten, als<lb/> Gouverneur von Finnland und von Cherson, hatte er in größern Verhältnissen<lb/> gelebt, als er im Jahre 1790, schon 36 Jahre alt. zum erstenmal den Boden<lb/> des kleinen Württemberg betrat, über das er sieben Jahre später zur Negierung<lb/> berufen wurde. Nach dem ansehnlichen Gebietszuwachs, den er 1803 gewann,<lb/> verfolgte er nur mit umso größerer Zähigkeit den Plan, im Sturme der Zeit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0086]
Zur Geschichte des Rheinbundes
Ein Trost war es, daß Baiern seiner führenden Stellung in Süddeutsch¬
land nicht froh werden sollte. Osterreich sicherte allen Rheinbundstaaten im
Süden ihren Fortbestand zu und war nicht gewillt, einen andern Einfluß als
den seinigen aufkommen zu lassen. Fortan war es Friedrichs Politik, sich
gegen die österreichische Vorherrschaft zu wehre», wobei er sich auf Rußland
stützte, sobald er sich wieder mit seinem Neffen Alexander ausgesöhnt hatte.
Gleich beim Beginn des Feldzugs der Verbündeten kam es zu scharfen Zu¬
sammenstößen mit dem Fürsten Schwarzenberg. Es war dem König höchst
unangenehm, daß Österreicher durch sein Land zogen, sich hier ohne weiteres
einquartierten, daß sie selbst die Residenzen nicht verschonten, und daß sich
österreichische Offiziere erlaubten, dem König seine Hasen und Fasanen weg¬
zuschießen. Über alles das gab es Beschwerden und höchst gereizte Aus¬
einandersetzungen- Mit Napoleon war der König fertig, aber er war nicht
gewillt, gegen die alte Knechtschaft eine neue einzutauschen, die noch dazu un¬
rentabel war. Man hat oft wiederholt, Friedrich sei, nur ungern den Fahnen
der Verbündeten gefolgt, im Herzen hätte er es noch mit seinem alten Be¬
schützer gehalten. Pfister versichert, daß urkundliche Belege hierfür nicht auf¬
zufinden seien. Im Gegenteil: Friedrich zeigte im Rat der Verbündeten einen
ungeduldigen Eifer; so viel an ihm lag, drängte er auf eine rasche und nach¬
drückliche Kriegführung in Feindesland, und als seine Truppe zum erstenmale
am 1. Februar 1814 bei La Nothivre rühmlich gegen ihren alten Lehrmeister
gestritten hatte, ließ er in Stuttgart Viktoria schießen und ein Tedeum singen.
Die zaubernde Kriegführung der Österreicher war gar nicht nach seinem Sinn,
und als Schwarzenberg nach dem Mißerfolg bei Mouterau den Rückzug an¬
trat, selbst ein Scparcitfriede Österreichs zu befürchten stand, wollte Friedrich
seine Truppen aus der Schwarzenbergischen Armee herausziehen und unmittelbar
unter den Kaiser Alexander stellen, der zugleich mit den Preußen vorwärts
drängte. Und er atmete auf, als es wieder vorwärts ging, Blücher die
Führung erhielt und die ersten Siege erfocht.
Natürlich nicht aus deutscher Gesinnung drängt er vorwärts. Er hat
dabei seine besondern Absichten. Je rascher und vollständiger die Nieder¬
werfung des Feindes gelingt, umso eher hofft er zu dem Ziele zu gelangen,
das ihm unausgesetzt vor Augen steht: der Vergrößerung seines Reiches.
Dieser kleinstaatliche Monarch fühlte in sich den Beruf, ein wirkliches Reich
zu beherrschen. Unter den Augen Friedrichs des Großen aufgewachsen, der
immer sein Ideal blieb, erst in preußischen, dann in russischen Diensten, als
Gouverneur von Finnland und von Cherson, hatte er in größern Verhältnissen
gelebt, als er im Jahre 1790, schon 36 Jahre alt. zum erstenmal den Boden
des kleinen Württemberg betrat, über das er sieben Jahre später zur Negierung
berufen wurde. Nach dem ansehnlichen Gebietszuwachs, den er 1803 gewann,
verfolgte er nur mit umso größerer Zähigkeit den Plan, im Sturme der Zeit
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