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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Stellung der Mittel ein großer Plan aufgestellt und durchgeführt werden könne,
daß nur dabei die wirkliche Fertigstellung der Schiffe und ihrer Armirung
innerhalb der gewünschten Zeit erreicht werden könne, und daß dadurch jede
-- später vielleicht ans pekuniären Rücksichten entspringende -- Neigung zur
Änderung des einheitlichen Bauplans vermieden werde. Durch einen solchen
einheitlichen Bauplan würde die früher so große Zahl der Schiffsklassen und
Typen, die oft ihren Grund in den Einzclbewilligungen gehabt hätten, ver¬
mindert, sodaß die neue Flotte im allgemeinen aus Schlachtschiffeu erster
Klasse, zwei Klassen Kreuzern und den Torpedofahrzengen bestehen würde.

Der praktisch denkenden Volksvertretung hat der erwähnte Verzicht auf
einen Teil ihres Bewilligungsrechts innerhalb der nächsten fünf Jahre keine
Unruhe bereitet; sie sah den Grund ein, war von dem Vorteil der Vermehrung
der Seemacht für den Staat schon vorher selbst überzeugt gewesen und be¬
schäftigte sich bei den Debatten am 1. und 8. April nicht weiter mit der im
Grunde doch nur nebensächlichen Prinzipienfrage.

Am 25. März empfahl der Schatzkanzler nochmals die Annahme der
Navlü DetontZö ^.et, indem er betonte, daß ein Land, das Frieden wünsche,
als gegen feindliche Angriffe gesichert bekannt sein müsse, und daß man sich
niemals durch das scheinbar friedliche Aussehen der auswärtigen Politik von
Schritten abhalten lassen dürfe, auf denen die Sicherheit und die Zukunft des
Landes beruhe.

Nachdem am 1. April mit 251 gegen 75 Stimmen die prinzipielle Be¬
willigung des sofortigen Neubaus von siebzig Schiffen sowie von 21500000
Pfund zu diesem Zweck vom Unterhause genehmigt war, wurde am 8. April
auch die Art und Weise der Geldgewährnng in der von Lord G. Hamilton
vorgeschlagnen Form mit 215 gegen 118 Stimmen angenommen. Am
31. Mai 1889 trat dann die 5sg,og.1 DolduM ^ot, nach Lesung im Oberhause
und Bestätigung durch die Königin als Gesetz in Kraft.

Die Presse, die während der letzten Jahre diesem Gesetz den Boden geebnet
und während der Zeit der Debatten eifrig dafür gewirkt hatte, frohlockte über
den schließlichen Erfolg. Die times und die meisten bedeutenden Zeitungen be¬
glückwünschten die Negierung um 1. Juni und hoben hervor, daß die verhält¬
nismäßige Schwäche der Opposition diesem Gesetz gegenüber dadurch zu er¬
klären sei, daß das Volk erkannt habe, daß die Stärkung der nationalen Ver¬
teidigung notwendig sei, und daß die Vorschläge der Negierung zweckentsprechend
gewesen seien. Auch wurde hervorgehoben, daß das Volk im ganzen vor d.in
Jahre 1884 in Bezug auf die Flottenfrage unwissend und gleichgilüg ge¬
wesen sei.

Der Nroacl ^.rrov feierte schon im Januar 1889 Lord Beresford wegen
seines wackern Eintretens für eine solche nationale Frage und schrieb: "Was
bedeuten 20 Millionen Pfund im Vergleich zu den auf dem Spiele stehenden


Stellung der Mittel ein großer Plan aufgestellt und durchgeführt werden könne,
daß nur dabei die wirkliche Fertigstellung der Schiffe und ihrer Armirung
innerhalb der gewünschten Zeit erreicht werden könne, und daß dadurch jede
— später vielleicht ans pekuniären Rücksichten entspringende — Neigung zur
Änderung des einheitlichen Bauplans vermieden werde. Durch einen solchen
einheitlichen Bauplan würde die früher so große Zahl der Schiffsklassen und
Typen, die oft ihren Grund in den Einzclbewilligungen gehabt hätten, ver¬
mindert, sodaß die neue Flotte im allgemeinen aus Schlachtschiffeu erster
Klasse, zwei Klassen Kreuzern und den Torpedofahrzengen bestehen würde.

Der praktisch denkenden Volksvertretung hat der erwähnte Verzicht auf
einen Teil ihres Bewilligungsrechts innerhalb der nächsten fünf Jahre keine
Unruhe bereitet; sie sah den Grund ein, war von dem Vorteil der Vermehrung
der Seemacht für den Staat schon vorher selbst überzeugt gewesen und be¬
schäftigte sich bei den Debatten am 1. und 8. April nicht weiter mit der im
Grunde doch nur nebensächlichen Prinzipienfrage.

Am 25. März empfahl der Schatzkanzler nochmals die Annahme der
Navlü DetontZö ^.et, indem er betonte, daß ein Land, das Frieden wünsche,
als gegen feindliche Angriffe gesichert bekannt sein müsse, und daß man sich
niemals durch das scheinbar friedliche Aussehen der auswärtigen Politik von
Schritten abhalten lassen dürfe, auf denen die Sicherheit und die Zukunft des
Landes beruhe.

Nachdem am 1. April mit 251 gegen 75 Stimmen die prinzipielle Be¬
willigung des sofortigen Neubaus von siebzig Schiffen sowie von 21500000
Pfund zu diesem Zweck vom Unterhause genehmigt war, wurde am 8. April
auch die Art und Weise der Geldgewährnng in der von Lord G. Hamilton
vorgeschlagnen Form mit 215 gegen 118 Stimmen angenommen. Am
31. Mai 1889 trat dann die 5sg,og.1 DolduM ^ot, nach Lesung im Oberhause
und Bestätigung durch die Königin als Gesetz in Kraft.

Die Presse, die während der letzten Jahre diesem Gesetz den Boden geebnet
und während der Zeit der Debatten eifrig dafür gewirkt hatte, frohlockte über
den schließlichen Erfolg. Die times und die meisten bedeutenden Zeitungen be¬
glückwünschten die Negierung um 1. Juni und hoben hervor, daß die verhält¬
nismäßige Schwäche der Opposition diesem Gesetz gegenüber dadurch zu er¬
klären sei, daß das Volk erkannt habe, daß die Stärkung der nationalen Ver¬
teidigung notwendig sei, und daß die Vorschläge der Negierung zweckentsprechend
gewesen seien. Auch wurde hervorgehoben, daß das Volk im ganzen vor d.in
Jahre 1884 in Bezug auf die Flottenfrage unwissend und gleichgilüg ge¬
wesen sei.

Der Nroacl ^.rrov feierte schon im Januar 1889 Lord Beresford wegen
seines wackern Eintretens für eine solche nationale Frage und schrieb: „Was
bedeuten 20 Millionen Pfund im Vergleich zu den auf dem Spiele stehenden


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[0072] Stellung der Mittel ein großer Plan aufgestellt und durchgeführt werden könne, daß nur dabei die wirkliche Fertigstellung der Schiffe und ihrer Armirung innerhalb der gewünschten Zeit erreicht werden könne, und daß dadurch jede — später vielleicht ans pekuniären Rücksichten entspringende — Neigung zur Änderung des einheitlichen Bauplans vermieden werde. Durch einen solchen einheitlichen Bauplan würde die früher so große Zahl der Schiffsklassen und Typen, die oft ihren Grund in den Einzclbewilligungen gehabt hätten, ver¬ mindert, sodaß die neue Flotte im allgemeinen aus Schlachtschiffeu erster Klasse, zwei Klassen Kreuzern und den Torpedofahrzengen bestehen würde. Der praktisch denkenden Volksvertretung hat der erwähnte Verzicht auf einen Teil ihres Bewilligungsrechts innerhalb der nächsten fünf Jahre keine Unruhe bereitet; sie sah den Grund ein, war von dem Vorteil der Vermehrung der Seemacht für den Staat schon vorher selbst überzeugt gewesen und be¬ schäftigte sich bei den Debatten am 1. und 8. April nicht weiter mit der im Grunde doch nur nebensächlichen Prinzipienfrage. Am 25. März empfahl der Schatzkanzler nochmals die Annahme der Navlü DetontZö ^.et, indem er betonte, daß ein Land, das Frieden wünsche, als gegen feindliche Angriffe gesichert bekannt sein müsse, und daß man sich niemals durch das scheinbar friedliche Aussehen der auswärtigen Politik von Schritten abhalten lassen dürfe, auf denen die Sicherheit und die Zukunft des Landes beruhe. Nachdem am 1. April mit 251 gegen 75 Stimmen die prinzipielle Be¬ willigung des sofortigen Neubaus von siebzig Schiffen sowie von 21500000 Pfund zu diesem Zweck vom Unterhause genehmigt war, wurde am 8. April auch die Art und Weise der Geldgewährnng in der von Lord G. Hamilton vorgeschlagnen Form mit 215 gegen 118 Stimmen angenommen. Am 31. Mai 1889 trat dann die 5sg,og.1 DolduM ^ot, nach Lesung im Oberhause und Bestätigung durch die Königin als Gesetz in Kraft. Die Presse, die während der letzten Jahre diesem Gesetz den Boden geebnet und während der Zeit der Debatten eifrig dafür gewirkt hatte, frohlockte über den schließlichen Erfolg. Die times und die meisten bedeutenden Zeitungen be¬ glückwünschten die Negierung um 1. Juni und hoben hervor, daß die verhält¬ nismäßige Schwäche der Opposition diesem Gesetz gegenüber dadurch zu er¬ klären sei, daß das Volk erkannt habe, daß die Stärkung der nationalen Ver¬ teidigung notwendig sei, und daß die Vorschläge der Negierung zweckentsprechend gewesen seien. Auch wurde hervorgehoben, daß das Volk im ganzen vor d.in Jahre 1884 in Bezug auf die Flottenfrage unwissend und gleichgilüg ge¬ wesen sei. Der Nroacl ^.rrov feierte schon im Januar 1889 Lord Beresford wegen seines wackern Eintretens für eine solche nationale Frage und schrieb: „Was bedeuten 20 Millionen Pfund im Vergleich zu den auf dem Spiele stehenden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/72>, abgerufen am 08.01.2025.