Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.tage vorgelegt hat, um die Hochwasserschäden vom Sommer 1897 zu beseitigen. Die Die Negierung ist in ihrem Entwurf mit vollem Recht von dem Grundsatz An diesem Grundsatz darf der Staat nicht rütteln lassen. Unterstützungen tage vorgelegt hat, um die Hochwasserschäden vom Sommer 1897 zu beseitigen. Die Die Negierung ist in ihrem Entwurf mit vollem Recht von dem Grundsatz An diesem Grundsatz darf der Staat nicht rütteln lassen. Unterstützungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0624" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227526"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2278" prev="#ID_2277"> tage vorgelegt hat, um die Hochwasserschäden vom Sommer 1897 zu beseitigen. Die<lb/> Regierung hatte einen Betrag von fünf Millionen Mark verlangt, um Unterstützungen<lb/> bewilligen zu können, deren Zurückzahlung in der Regel nicht verlangt werden soll,<lb/> „».) an einzelne Beschädigte zur Erhaltung im Haus- und Nahrungsstande; d) an<lb/> Gemeinden zur Wiederherstellung ihrer beschädigten Anlagen; e) zur Wiederherstellung<lb/> und notwendigen Verbesserung beschädigter Deiche, Uferschutzwerke und damit in Ver¬<lb/> bindung stehender Anlagen; et) zur Ausführung besonders dringender Räumungs¬<lb/> und Frcilegnngsarbeiten; s) zu Vorarbeiten für den Ausbau hochwassergefährlicher<lb/> Flüsse." Diesen Inhalt des Z 1 und damit den Hauptinhalt des Regierungsentwurfs<lb/> überhaupt hatte dann die Kommission des Abgeordnetenhauses dahin abzuändern<lb/> beantragt, daß 1. der Geldaufwand auf zehn Millionen ausgedehnt werden könne;<lb/> daß 2. die Unterstützungen nicht nur an Geschädigte „zur Erhaltung im Haus¬<lb/> und Nahrnngsstande," sondern auch an solche gegeben werden sollen, „bei denen<lb/> eine Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz vorliegt"; und 3. die Hilfe auch den<lb/> Kreisen gewährt werden soll, und zwar nicht nur zur Wiederherstellung, sondern<lb/> auch zur notwendigen Verbesserung der beschädigten gemeinnützigen Anlagen. Die<lb/> weitern Abänderungsvorschläge sind nebensächlicher Natur. In der Sitzung des<lb/> Abgeordnetenhauses vom 2. März, wo der Entwurf zur zweiten Lesung stand, hat<lb/> der Minister von Miguel mit allem Nachdruck den Kommissionsantrag bekämpft,<lb/> ohne verhüten zu können, daß er mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Mehrheit<lb/> angenommen wurde. Zwar ist die dabei von einzelnen Abgeordneten ausgesprochne<lb/> Hoffnung, daß die dritte Lesung zu einer der Regierung annehmbaren Fassung führen<lb/> werde, am 1». März in Erfüllung gegangen, aber trotzdem muß das Verhalten<lb/> des Abgeordnetenhauses als ein bedauerlicher Mißgriff, ja geradezu als ein<lb/> Unglück bezeichnet werden, bei dem man freilich der Regierung deu Vorwurf nicht<lb/> wird ersparen können, daß sie nicht schon in der Kommission ihr volles Gewicht<lb/> gegen dieses Übermaß von Unterstützungslust in die Wagschale geworfen und rund<lb/> heraus erklärt hat, daß ein Abweichen von den Grundsätzen, die für die Fassung<lb/> ihres Entwurfs maßgebend gewesen waren, für sie unannehmbar sei. Durch den<lb/> Kommissionsbeschluß und noch mehr dnrch den Beschluß des Abgeordnetenhauses<lb/> in der zweiten Lesung find eben Grundsätze zur Anerkennung gebracht worden,<lb/> die mit dem Wesen des Staats nach der bestehenden Rechts- und Gesellschafts¬<lb/> ordnung unverträglich sind, die theoretisch wie praktisch zu ganz ungeheuerlichen<lb/> Konsequenzen führen müssen, und die ohne Zweifel auch schou die Wirkung gehabt<lb/> haben, in der Bevölkerung der Notstandbezirke Hoffnungen und Begehrlichkeiten zu<lb/> wecken, die der Staat unter keinen Umständen erfüllen darf. Dieser Fehler ist<lb/> durch die Beschlüsse der dritten Lesung keineswegs hinreichend gut gemacht worden.<lb/> Die dem Gesetz beigefügte Erklärung des Abgeordnetenhauses ist thatsächlich eine<lb/> grundsätzliche Ablehnung des vom Finanzminister am 2. März vertretnen Stand¬<lb/> punkts, und dagegen ist entschieden Verwahrung einzulegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2279"> Die Negierung ist in ihrem Entwurf mit vollem Recht von dem Grundsatz<lb/> ausgegangen, daß den Beschädigtem nicht „Ersatz" geleistet werden solle, sondern daß<lb/> ihnen nur die „notwendigen Lebensbedingungen" erhalten werden müßten. Nur das<lb/> „dringende Bedürfnis" sei dabei ins Auge zu fassen, und insbesondre sei zu ver¬<lb/> meiden, da Unterstützung zu gewähren, wo die Vermögensverhältnisse der Be¬<lb/> teiligten trotz der Uberschwemmungsschäden immer noch haltbar geblieben seien, und<lb/> eine Vermögenszerrüttung nicht durch das Hochwasser, sondern durch andre Umstände<lb/> herbeigeführt worden sei oder vor dem Eintritt der Hochwasser schon bestanden habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_2280" next="#ID_2281"> An diesem Grundsatz darf der Staat nicht rütteln lassen. Unterstützungen<lb/> müssen Unterstützungen bleiben. Nur der Not sollen sie vorbeugen, dem Ruin der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0624]
tage vorgelegt hat, um die Hochwasserschäden vom Sommer 1897 zu beseitigen. Die
Regierung hatte einen Betrag von fünf Millionen Mark verlangt, um Unterstützungen
bewilligen zu können, deren Zurückzahlung in der Regel nicht verlangt werden soll,
„».) an einzelne Beschädigte zur Erhaltung im Haus- und Nahrungsstande; d) an
Gemeinden zur Wiederherstellung ihrer beschädigten Anlagen; e) zur Wiederherstellung
und notwendigen Verbesserung beschädigter Deiche, Uferschutzwerke und damit in Ver¬
bindung stehender Anlagen; et) zur Ausführung besonders dringender Räumungs¬
und Frcilegnngsarbeiten; s) zu Vorarbeiten für den Ausbau hochwassergefährlicher
Flüsse." Diesen Inhalt des Z 1 und damit den Hauptinhalt des Regierungsentwurfs
überhaupt hatte dann die Kommission des Abgeordnetenhauses dahin abzuändern
beantragt, daß 1. der Geldaufwand auf zehn Millionen ausgedehnt werden könne;
daß 2. die Unterstützungen nicht nur an Geschädigte „zur Erhaltung im Haus¬
und Nahrnngsstande," sondern auch an solche gegeben werden sollen, „bei denen
eine Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz vorliegt"; und 3. die Hilfe auch den
Kreisen gewährt werden soll, und zwar nicht nur zur Wiederherstellung, sondern
auch zur notwendigen Verbesserung der beschädigten gemeinnützigen Anlagen. Die
weitern Abänderungsvorschläge sind nebensächlicher Natur. In der Sitzung des
Abgeordnetenhauses vom 2. März, wo der Entwurf zur zweiten Lesung stand, hat
der Minister von Miguel mit allem Nachdruck den Kommissionsantrag bekämpft,
ohne verhüten zu können, daß er mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Mehrheit
angenommen wurde. Zwar ist die dabei von einzelnen Abgeordneten ausgesprochne
Hoffnung, daß die dritte Lesung zu einer der Regierung annehmbaren Fassung führen
werde, am 1». März in Erfüllung gegangen, aber trotzdem muß das Verhalten
des Abgeordnetenhauses als ein bedauerlicher Mißgriff, ja geradezu als ein
Unglück bezeichnet werden, bei dem man freilich der Regierung deu Vorwurf nicht
wird ersparen können, daß sie nicht schon in der Kommission ihr volles Gewicht
gegen dieses Übermaß von Unterstützungslust in die Wagschale geworfen und rund
heraus erklärt hat, daß ein Abweichen von den Grundsätzen, die für die Fassung
ihres Entwurfs maßgebend gewesen waren, für sie unannehmbar sei. Durch den
Kommissionsbeschluß und noch mehr dnrch den Beschluß des Abgeordnetenhauses
in der zweiten Lesung find eben Grundsätze zur Anerkennung gebracht worden,
die mit dem Wesen des Staats nach der bestehenden Rechts- und Gesellschafts¬
ordnung unverträglich sind, die theoretisch wie praktisch zu ganz ungeheuerlichen
Konsequenzen führen müssen, und die ohne Zweifel auch schou die Wirkung gehabt
haben, in der Bevölkerung der Notstandbezirke Hoffnungen und Begehrlichkeiten zu
wecken, die der Staat unter keinen Umständen erfüllen darf. Dieser Fehler ist
durch die Beschlüsse der dritten Lesung keineswegs hinreichend gut gemacht worden.
Die dem Gesetz beigefügte Erklärung des Abgeordnetenhauses ist thatsächlich eine
grundsätzliche Ablehnung des vom Finanzminister am 2. März vertretnen Stand¬
punkts, und dagegen ist entschieden Verwahrung einzulegen.
Die Negierung ist in ihrem Entwurf mit vollem Recht von dem Grundsatz
ausgegangen, daß den Beschädigtem nicht „Ersatz" geleistet werden solle, sondern daß
ihnen nur die „notwendigen Lebensbedingungen" erhalten werden müßten. Nur das
„dringende Bedürfnis" sei dabei ins Auge zu fassen, und insbesondre sei zu ver¬
meiden, da Unterstützung zu gewähren, wo die Vermögensverhältnisse der Be¬
teiligten trotz der Uberschwemmungsschäden immer noch haltbar geblieben seien, und
eine Vermögenszerrüttung nicht durch das Hochwasser, sondern durch andre Umstände
herbeigeführt worden sei oder vor dem Eintritt der Hochwasser schon bestanden habe.
An diesem Grundsatz darf der Staat nicht rütteln lassen. Unterstützungen
müssen Unterstützungen bleiben. Nur der Not sollen sie vorbeugen, dem Ruin der
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