Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Madlene Madleue, ich wollt dich schon lange fragen, ob was dran ist mit dein Er wußte es, daß nichts drum war, und wollte so mir aufräumen, um den Schweigend gingen sie rede" einander dahin. In der Brust des Frieders Madlene, ich frag uit "nieder so, daß du mir mit deiner Frag vom Hals Madlene schwieg. Und nun ging es schweigend ein gut Stück über der Kerbe drüben weiter im Frieder, so ists uit gut. Wenn wir doch lieber heut nit zänen komm" warm! Frieder sah es, und es kam über ihn wie auf dem Prvpheteuberg. Madlene! Plötzlich stand er vor dem Mädchen, daß es still stehen mußte, und erfaßte Madleue zog die Hand, die der Frieder in der seinen hielt, zurück, und dabei Es war am lichten Vormittag. Die Tnnperlen an den Spinnenrttdcrn glitzerten Die freie Hand der Madlene war von den Augen gesunken und aus dem Die dabei freigewordne andre Hand der Madlene war nun auch aus ihrem Ringsherum brach aus tausend Tautropfen der Abglanz der Sonne. Es Ja, im heiligen Wald ist es anders als in dem unheiligen Menschenleben, in Grenzbotcn I 1898 5>7
Madlene Madleue, ich wollt dich schon lange fragen, ob was dran ist mit dein Er wußte es, daß nichts drum war, und wollte so mir aufräumen, um den Schweigend gingen sie rede» einander dahin. In der Brust des Frieders Madlene, ich frag uit »nieder so, daß du mir mit deiner Frag vom Hals Madlene schwieg. Und nun ging es schweigend ein gut Stück über der Kerbe drüben weiter im Frieder, so ists uit gut. Wenn wir doch lieber heut nit zänen komm» warm! Frieder sah es, und es kam über ihn wie auf dem Prvpheteuberg. Madlene! Plötzlich stand er vor dem Mädchen, daß es still stehen mußte, und erfaßte Madleue zog die Hand, die der Frieder in der seinen hielt, zurück, und dabei Es war am lichten Vormittag. Die Tnnperlen an den Spinnenrttdcrn glitzerten Die freie Hand der Madlene war von den Augen gesunken und aus dem Die dabei freigewordne andre Hand der Madlene war nun auch aus ihrem Ringsherum brach aus tausend Tautropfen der Abglanz der Sonne. Es Ja, im heiligen Wald ist es anders als in dem unheiligen Menschenleben, in Grenzbotcn I 1898 5>7
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Madlene
Madleue, ich wollt dich schon lange fragen, ob was dran ist mit dein
Türkendresen?
Er wußte es, daß nichts drum war, und wollte so mir aufräumen, um den
Puukt frei zu bekommen, auf den er zielte. Da blieb Madlene stehen und sah
von der Seite zum Antlitz des Frieder empor und sagte: Wenn du mich das fragst,
so frag ich auch uach der Triltschenchristel, ob was dran wär. Und die Rosen-
pracht war hinweg, und über der blassen Blute des Leides zitterte der Tau, als
sie weiter schritt.
Schweigend gingen sie rede» einander dahin. In der Brust des Frieders
brannte es wie Jener. Er schämte sich, diese Gestalten heraufbeschworen zu
haben. Wie sind sie wieder zu bannen, die schon allzulang im bösen Spiel
Ware»?
Madlene, ich frag uit »nieder so, daß du mir mit deiner Frag vom Hals
bleibst.
Madlene schwieg.
Und nun ging es schweigend ein gut Stück über der Kerbe drüben weiter im
Erbethal abwärts.
Frieder, so ists uit gut. Wenn wir doch lieber heut nit zänen komm» warm!
Schwere Thränen rollten über die blassen Wangen.
Frieder sah es, und es kam über ihn wie auf dem Prvpheteuberg. Madlene!
Madlene! rief er. Ju dem Wald, der sie umgab, hallte es wieder: Madlene!
Madlene!
Plötzlich stand er vor dem Mädchen, daß es still stehen mußte, und erfaßte
ihre Hand. Am Weg hin zog sich ein Rand, mit Moos und grünem Gras ge¬
polstert wie eine Bank. Madlene sank nieder auf den Rand, daß ihr Korb an
eine Gruppe junger Fichten zu lehnen kam, und hielt ihre freie Hand vor die
Augen. Die andre hielt Frieder fest. Ja, Madlene, so ists nit gut! Raus muß
es! Und wenns nit raus will, reiß ich mirs Herz raus!
Madleue zog die Hand, die der Frieder in der seinen hielt, zurück, und dabei
kam es wie Krmupf in diese Hand, daß sie des Frieders Hand nmklnmmerte zu
einem schmerzlichen Empfinden, das ihm auf die Brust zog und machte, daß er
taumelnd der Madlene in den Schoß sank.
Es war am lichten Vormittag. Die Tnnperlen an den Spinnenrttdcrn glitzerten
im Sonnenschein.
Die freie Hand der Madlene war von den Augen gesunken und aus dem
Tragband des Korbes geschlüpft und ruhte dem Frieder im Nacken. Und seine un¬
bändigen Arme umschlangen die teure, bebende Gestalt.
Die dabei freigewordne andre Hand der Madlene war nun auch aus ihrem
Tragband geschlüpft, daß der Korb mit dem Viertel Weizen nur noch der jungen
Jichtengruppe anheimgegeben blieb, und kein Tragband mehr hemmend die Schul¬
tern belastete. Frei! Abgestreift die störende, beengende Last. Abgeschüttelt alle
zurückhaltender Mächte!
Ringsherum brach aus tausend Tautropfen der Abglanz der Sonne. Es
funkelte und blitzte ans Freudenthränen heraus, die die Natur hat für zwei inein¬
ander rinnende brave Menschenseelen.
Ja, im heiligen Wald ist es anders als in dem unheiligen Menschenleben, in
der vermaledeiten Welt. Das Brausen des Waldes ist der Odem der heiligen
Ewigkeit; das Brausen der Menschenzungen ist von Gift geschwängert. Alles Ar¬
senige, das der Mensch in den Wald trägt, muß da verkümmern. Haß, Ver-
Grenzbotcn I 1898 5>7
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