Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.lNarineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^86^ bis ^865 die Zufuhr von Waffen den Widerstand des Südens bedeutend verlängert. Da eigne Maschinenfabriken fehlten, so wurde das Eisenbahnmaterial Mit Recht kann man die Leiden der Bevölkerung von Frankreich 1370/71 Große Seemächte werden durch die Pariser Konvention wenig in der lNarineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^86^ bis ^865 die Zufuhr von Waffen den Widerstand des Südens bedeutend verlängert. Da eigne Maschinenfabriken fehlten, so wurde das Eisenbahnmaterial Mit Recht kann man die Leiden der Bevölkerung von Frankreich 1370/71 Große Seemächte werden durch die Pariser Konvention wenig in der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0414" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227316"/> <fw type="header" place="top"> lNarineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^86^ bis ^865</fw><lb/> <p xml:id="ID_1460" prev="#ID_1459"> die Zufuhr von Waffen den Widerstand des Südens bedeutend verlängert.<lb/> Den Wohlstand großer Hafenstädte wie New Orleans und Charleston hatte die<lb/> Blockade für Jahre vernichtet. Durch die Verarmung der Landbesitzer, die<lb/> ihre Bodenerzeugnisse nicht absetzen konnten, verarmte der Süden schnell, sein<lb/> Papiergeld sank zuletzt bis auf ein Zwanzigstel des Nennwertes. Der Ver¬<lb/> armung des Volkes und der Minderwertigkeit des Papiergeldes folgte der<lb/> Niedergang der Produktion der gewöhnlichen Nahrungsmittel, wie Kartoffeln,<lb/> Fleisch, Speck, Butter, Eier usw., deren Preise um das Dreifache und Vier¬<lb/> fache stiegen. Bei dem Mangel an eigner Industrie, bei der geringen Einfuhr<lb/> durch die Blockadebrecher, und bei deren riesigen Frachtsätzen wurden Kaffee,<lb/> Thee, Zucker, Wein, Kleider, Schuhwerk usw. bald unbezahlbar für das Volk<lb/> und das Heer der Südstaaten. 1862 kostete in der Hafenstadt Savannah das<lb/> Pfund Kaffee 6,30 bis 7,35 Mark, 1863 in Richmond schon 17 Mark, während<lb/> ein Pfund Thee mit 71 Mark und Zucker mit 11,50 Mark bezahlt wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1461"> Da eigne Maschinenfabriken fehlten, so wurde das Eisenbahnmaterial<lb/> immer schadhafter, sodaß die Zufuhr aus andern Staaten der Konföderation<lb/> nach den Staaten, in denen beständig gekämpft wurde, also besonders nach<lb/> Virginia, immer geringer wurde. Die Soldaten der Armee des General Lee<lb/> erhielten deshalb schon im Winter 1862/63 nur noch halbe Rationen, Ende<lb/> 1864 nur noch Fleisch, wenn sie Vorräte der Nordstacitentrnppen erbeutet<lb/> hatten. Die Kleidung der Soldaten wurde immer unzureichender, im Jahre<lb/> 1864 hatten oft je drei Mann nur eine Decke. Wie groß auch immer der<lb/> Patriotismus der südstaatlichen Truppen war, wie todesmutig sie stets gegen<lb/> den Feind gekämpft haben, dem jahrelangen Mangel an den nötigsten Lebens¬<lb/> mitteln und Kleidungsstücken konnten sie zuletzt nicht mehr widerstehen. Der<lb/> Süden ging schließlich an den Folgen der durchgeführten Blockade zu Grunde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1462"> Mit Recht kann man die Leiden der Bevölkerung von Frankreich 1370/71<lb/> als gering im Vergleich zu den jahrelangen Leiden der Bürger und Soldaten<lb/> der Südstaaten bezeichnen. Hätte aber Deutschland 1870/71 den freien See¬<lb/> verkehr Englands und der Vereinigten Staaten mit Frankreich, der dem Feinde<lb/> andauernd Waffen, Vorräte und Nahrungsmittel zuführte, hemmen können,<lb/> so wäre uns viel Blut erspart worden, und Frankreichs Niederwerfung wäre<lb/> schneller und gründlicher erreicht worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1463"> Große Seemächte werden durch die Pariser Konvention wenig in der<lb/> Handhabung der Blockade behindert, sie können außerdem im Kriege selbst<lb/> ohne Blockade jede von schwächern Neutralen nach Feindesland verschiffte Fracht<lb/> von Getreide und andern Lebensmitteln als Kriegskontrebande erklären, was<lb/> die Franzosen im letzten Kriege gegen China für die Reiszufuhr auch durchgesetzt<lb/> hätten, wenn das interessirte England nicht dagegen protestirt hätte. Die<lb/> Berufungen auf Völkerrecht, Konventionen, Humanität und ähnliches sind<lb/> heute für den Schwachen ebenso wertlos, wie sie es vor Jahrhunderten waren.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0414]
lNarineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^86^ bis ^865
die Zufuhr von Waffen den Widerstand des Südens bedeutend verlängert.
Den Wohlstand großer Hafenstädte wie New Orleans und Charleston hatte die
Blockade für Jahre vernichtet. Durch die Verarmung der Landbesitzer, die
ihre Bodenerzeugnisse nicht absetzen konnten, verarmte der Süden schnell, sein
Papiergeld sank zuletzt bis auf ein Zwanzigstel des Nennwertes. Der Ver¬
armung des Volkes und der Minderwertigkeit des Papiergeldes folgte der
Niedergang der Produktion der gewöhnlichen Nahrungsmittel, wie Kartoffeln,
Fleisch, Speck, Butter, Eier usw., deren Preise um das Dreifache und Vier¬
fache stiegen. Bei dem Mangel an eigner Industrie, bei der geringen Einfuhr
durch die Blockadebrecher, und bei deren riesigen Frachtsätzen wurden Kaffee,
Thee, Zucker, Wein, Kleider, Schuhwerk usw. bald unbezahlbar für das Volk
und das Heer der Südstaaten. 1862 kostete in der Hafenstadt Savannah das
Pfund Kaffee 6,30 bis 7,35 Mark, 1863 in Richmond schon 17 Mark, während
ein Pfund Thee mit 71 Mark und Zucker mit 11,50 Mark bezahlt wurde.
Da eigne Maschinenfabriken fehlten, so wurde das Eisenbahnmaterial
immer schadhafter, sodaß die Zufuhr aus andern Staaten der Konföderation
nach den Staaten, in denen beständig gekämpft wurde, also besonders nach
Virginia, immer geringer wurde. Die Soldaten der Armee des General Lee
erhielten deshalb schon im Winter 1862/63 nur noch halbe Rationen, Ende
1864 nur noch Fleisch, wenn sie Vorräte der Nordstacitentrnppen erbeutet
hatten. Die Kleidung der Soldaten wurde immer unzureichender, im Jahre
1864 hatten oft je drei Mann nur eine Decke. Wie groß auch immer der
Patriotismus der südstaatlichen Truppen war, wie todesmutig sie stets gegen
den Feind gekämpft haben, dem jahrelangen Mangel an den nötigsten Lebens¬
mitteln und Kleidungsstücken konnten sie zuletzt nicht mehr widerstehen. Der
Süden ging schließlich an den Folgen der durchgeführten Blockade zu Grunde.
Mit Recht kann man die Leiden der Bevölkerung von Frankreich 1370/71
als gering im Vergleich zu den jahrelangen Leiden der Bürger und Soldaten
der Südstaaten bezeichnen. Hätte aber Deutschland 1870/71 den freien See¬
verkehr Englands und der Vereinigten Staaten mit Frankreich, der dem Feinde
andauernd Waffen, Vorräte und Nahrungsmittel zuführte, hemmen können,
so wäre uns viel Blut erspart worden, und Frankreichs Niederwerfung wäre
schneller und gründlicher erreicht worden.
Große Seemächte werden durch die Pariser Konvention wenig in der
Handhabung der Blockade behindert, sie können außerdem im Kriege selbst
ohne Blockade jede von schwächern Neutralen nach Feindesland verschiffte Fracht
von Getreide und andern Lebensmitteln als Kriegskontrebande erklären, was
die Franzosen im letzten Kriege gegen China für die Reiszufuhr auch durchgesetzt
hätten, wenn das interessirte England nicht dagegen protestirt hätte. Die
Berufungen auf Völkerrecht, Konventionen, Humanität und ähnliches sind
heute für den Schwachen ebenso wertlos, wie sie es vor Jahrhunderten waren.
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