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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Wie soll der Kampf um die Vstmark geführt werden?

Bei den Polen sinden wir also eine regelmäßige Zunahme, bei den Deutschen
Stillstand und sogar entschiednen Rückgang. Hätte ich diese Untersuchung auf
einen größern Zeitraum ausdehnen können, so würde sich unzweifelhaft heraus¬
gestellt haben, daß es sich hier nicht um eine vorübergehende Erscheinung,
sondern um eine beständige Entwicklung handelt. Andrerseits aber ist nicht
zu verkennen, daß es den einzelnen Polen doch nur sehr allmählich gelingt,
sich auf dem wirtschaftlichen Gebiet empor zu arbeiten. Dies wird deutlich,
wenn man ihren Anteil an dem Ertrage gewisser Steuern, z. B. der Gewerbe¬
steuer und der Staatseinkommensteuer, in Betracht zieht.

Von dem Gesamtertrag der beiden obersten Stufen der Gewerbesteuer
Masse ^ I mit durchschnittlich 216 und Klasse ^. II mit durchschnittlich
48 Mark Steuersatz) brachten nämlich auf

1885/86 die Deutschen 86,33 Prozent, die Polen 13,07 Prozent
1890/91 " " 82,03 " " " 17,92 "
1892/93 " " 84,55 " " " 15,45 "

Seit der Einführung des neuen Gewerbesteuergesetzes hat sich das Ver¬
hältnis für die polnischen Gewerbetreibenden noch weiter verschlechtert. Von
dem Gesamtertrag der drei obersten Stufen der Gewerbesteuer (Klasse I mit mehr
als 50000. Klasse II von 20--50000, Klasse III von 4--20000 Mark
Ertrag) haben aufgebracht

1893/04 die Deutschen 83,97 Prozent, die Polen 16,03 Prozent
1896/97 " ,. 86,83 " ,. .. 13,17 "

Günstiger hat sich dagegen die Entwicklung der Einkommensteuerverhält¬
nisse für die Polen gestaltet. Von der Gesamtzahl der Censiten, die zur
Staatseinkommensteuer mit einem Einkommen von mehr als 3000 Mark ver¬
anlagt waren, bildeten

1885/86 die Deutschen 89 Prozent, die Polen 11 Prozent
1890/91 " " 83 " " " 17

Von der Gesamtsumme des betreffenden Steuerertrages lieferten

1885/86 die Deutschen 89,0 Prozent, die Polen 11,0 Prozent
1890/91 " " 85,47 " " " 14,53

Seit Einführung der Selbstdeklaration haben sich diese Verhältnisse für
die Polen wieder etwas ungünstiger gestaltet, sodaß z. B. ihr Anteil an dem
Gesamtertrag der Staatseinkommensteuer für 1897/98 nur noch 13,56 Prozent
beträgt, während der der Deutschen wieder auf 87,44 Prozent gestiegen ist,
wozu natürlich die im vorigen Jahr eingetretne Erhöhung der Beamtengehälter
stark mitgewirkt hat. Aber wie hoch man diese Mitwirkung auch anschlagen
mag, jedenfalls läßt sich nicht verkennen, daß die Polen nur langsam dazu


Wie soll der Kampf um die Vstmark geführt werden?

Bei den Polen sinden wir also eine regelmäßige Zunahme, bei den Deutschen
Stillstand und sogar entschiednen Rückgang. Hätte ich diese Untersuchung auf
einen größern Zeitraum ausdehnen können, so würde sich unzweifelhaft heraus¬
gestellt haben, daß es sich hier nicht um eine vorübergehende Erscheinung,
sondern um eine beständige Entwicklung handelt. Andrerseits aber ist nicht
zu verkennen, daß es den einzelnen Polen doch nur sehr allmählich gelingt,
sich auf dem wirtschaftlichen Gebiet empor zu arbeiten. Dies wird deutlich,
wenn man ihren Anteil an dem Ertrage gewisser Steuern, z. B. der Gewerbe¬
steuer und der Staatseinkommensteuer, in Betracht zieht.

Von dem Gesamtertrag der beiden obersten Stufen der Gewerbesteuer
Masse ^ I mit durchschnittlich 216 und Klasse ^. II mit durchschnittlich
48 Mark Steuersatz) brachten nämlich auf

1885/86 die Deutschen 86,33 Prozent, die Polen 13,07 Prozent
1890/91 „ „ 82,03 „ „ „ 17,92 „
1892/93 „ „ 84,55 „ „ „ 15,45 „

Seit der Einführung des neuen Gewerbesteuergesetzes hat sich das Ver¬
hältnis für die polnischen Gewerbetreibenden noch weiter verschlechtert. Von
dem Gesamtertrag der drei obersten Stufen der Gewerbesteuer (Klasse I mit mehr
als 50000. Klasse II von 20—50000, Klasse III von 4—20000 Mark
Ertrag) haben aufgebracht

1893/04 die Deutschen 83,97 Prozent, die Polen 16,03 Prozent
1896/97 „ ,. 86,83 „ ,. .. 13,17 „

Günstiger hat sich dagegen die Entwicklung der Einkommensteuerverhält¬
nisse für die Polen gestaltet. Von der Gesamtzahl der Censiten, die zur
Staatseinkommensteuer mit einem Einkommen von mehr als 3000 Mark ver¬
anlagt waren, bildeten

1885/86 die Deutschen 89 Prozent, die Polen 11 Prozent
1890/91 „ „ 83 „ „ „ 17

Von der Gesamtsumme des betreffenden Steuerertrages lieferten

1885/86 die Deutschen 89,0 Prozent, die Polen 11,0 Prozent
1890/91 „ „ 85,47 „ „ „ 14,53

Seit Einführung der Selbstdeklaration haben sich diese Verhältnisse für
die Polen wieder etwas ungünstiger gestaltet, sodaß z. B. ihr Anteil an dem
Gesamtertrag der Staatseinkommensteuer für 1897/98 nur noch 13,56 Prozent
beträgt, während der der Deutschen wieder auf 87,44 Prozent gestiegen ist,
wozu natürlich die im vorigen Jahr eingetretne Erhöhung der Beamtengehälter
stark mitgewirkt hat. Aber wie hoch man diese Mitwirkung auch anschlagen
mag, jedenfalls läßt sich nicht verkennen, daß die Polen nur langsam dazu


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[0362] Wie soll der Kampf um die Vstmark geführt werden? Bei den Polen sinden wir also eine regelmäßige Zunahme, bei den Deutschen Stillstand und sogar entschiednen Rückgang. Hätte ich diese Untersuchung auf einen größern Zeitraum ausdehnen können, so würde sich unzweifelhaft heraus¬ gestellt haben, daß es sich hier nicht um eine vorübergehende Erscheinung, sondern um eine beständige Entwicklung handelt. Andrerseits aber ist nicht zu verkennen, daß es den einzelnen Polen doch nur sehr allmählich gelingt, sich auf dem wirtschaftlichen Gebiet empor zu arbeiten. Dies wird deutlich, wenn man ihren Anteil an dem Ertrage gewisser Steuern, z. B. der Gewerbe¬ steuer und der Staatseinkommensteuer, in Betracht zieht. Von dem Gesamtertrag der beiden obersten Stufen der Gewerbesteuer Masse ^ I mit durchschnittlich 216 und Klasse ^. II mit durchschnittlich 48 Mark Steuersatz) brachten nämlich auf 1885/86 die Deutschen 86,33 Prozent, die Polen 13,07 Prozent 1890/91 „ „ 82,03 „ „ „ 17,92 „ 1892/93 „ „ 84,55 „ „ „ 15,45 „ Seit der Einführung des neuen Gewerbesteuergesetzes hat sich das Ver¬ hältnis für die polnischen Gewerbetreibenden noch weiter verschlechtert. Von dem Gesamtertrag der drei obersten Stufen der Gewerbesteuer (Klasse I mit mehr als 50000. Klasse II von 20—50000, Klasse III von 4—20000 Mark Ertrag) haben aufgebracht 1893/04 die Deutschen 83,97 Prozent, die Polen 16,03 Prozent 1896/97 „ ,. 86,83 „ ,. .. 13,17 „ Günstiger hat sich dagegen die Entwicklung der Einkommensteuerverhält¬ nisse für die Polen gestaltet. Von der Gesamtzahl der Censiten, die zur Staatseinkommensteuer mit einem Einkommen von mehr als 3000 Mark ver¬ anlagt waren, bildeten 1885/86 die Deutschen 89 Prozent, die Polen 11 Prozent 1890/91 „ „ 83 „ „ „ 17 Von der Gesamtsumme des betreffenden Steuerertrages lieferten 1885/86 die Deutschen 89,0 Prozent, die Polen 11,0 Prozent 1890/91 „ „ 85,47 „ „ „ 14,53 Seit Einführung der Selbstdeklaration haben sich diese Verhältnisse für die Polen wieder etwas ungünstiger gestaltet, sodaß z. B. ihr Anteil an dem Gesamtertrag der Staatseinkommensteuer für 1897/98 nur noch 13,56 Prozent beträgt, während der der Deutschen wieder auf 87,44 Prozent gestiegen ist, wozu natürlich die im vorigen Jahr eingetretne Erhöhung der Beamtengehälter stark mitgewirkt hat. Aber wie hoch man diese Mitwirkung auch anschlagen mag, jedenfalls läßt sich nicht verkennen, daß die Polen nur langsam dazu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/362>, abgerufen am 08.01.2025.