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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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N?le soll der Aampf "in die Gstmark geführt werden?

bürden nur 3313 Köpfe beträgt. Fassen wir aber das Gesamtergebnis zu¬
sammen, so können wir zu keinem andern Urteil gelangen als zu diesem: Wenn
es mit der Volksvermehrung in der bisherigen Weise weitergeht, so wird die
Stadt Posen in wenigen Jahrzehnten doppelt so viele polnische Einwohner
haben als deutsche.

Aber vielleicht wird man mir einwenden: "Die Zahl der Köpfe allein
machts doch nicht! Der Besitz, die Bildung -- das sind die Hauptträger
der Macht, und so lange das deutsche Element in dieser Beziehung seine Über¬
legenheit bewahrt, braucht mau sich wegen des bloßen Zahlenverhältnisses der
Köpfe keine Sorgen zu machen."

Darauf ist zu entgegnen: Erstens: In der Zeit des allgemeinen Stimmrechts
hat die Zahl der Köpfe eine sehr ernste Bedeutung. Und ferner: Wie lange
wird denn dem Deutschtum seine Überlegenheit der Bildung und besonders
des Besitzes noch erhalten bleibe"? Das ist eben die zweite ernste Frage, die
sich dem Beobachter hier aufdrängt.

Die Überlegenheit der Bildung wird dem Deutschtum jedenfalls noch auf
lange Zeit gewahrt bleiben. Wir haben durch die große Anzahl der studirten
Beamten in dieser Beziehung einen gewaltigen Vorsprung. Aber andrerseits
ist auch nicht zu leugnen, daß das Polentum von dem, was es an gebildeten
Elementen hat, weit mehr Nutzen hat als das Deutschtum, dessen akademisch
gebildete Stunde -- zum großen Nachteil für die deutsche Sache -- mit dem
Bürgertum viel zu wenig Fühlung unterhalten.

Auch bezüglich des Einkommens und des Besitzes behauptet die deutsche
Bevölkerung zur Zeit noch entschieden das Übergewicht: von den 1966 Per¬
sonen, die für 1897/98 mit einem Jahreseinkommen von mehr als 3000 Mark
zur Staatseinkommensteuer herangezogen worden sind, gehören nur 315, d. h.
16 Prozent, der polnischen Nationalität an. Aber das sieht für uns tröstlicher
ans, als es wirklich ist; denn anch hier wieder beruht die Überlegenheit der
Deutschen viel mehr auf der große" Menge von hochbesoldeten Beamten und
Offizieren, als auf ihrer größern Betriebsamkeit und wirtschaftlichen Tüchtig¬
keit. Zudem fangen die Polen schon seit einiger Zeit an, uns auf dem wirt¬
schaftlichen Gebiet eine erfolgreiche Konkurrenz zu bereiten.

Dies zeigt sich zunächst in der Zunahme ihrer gewerblichen Unterneh¬
mungen, wie sie sich aus der beifolgenden Zusammenstellung der in Posen be¬
stehenden Handelsfirmen, Gesellschaften und Genossenschaften ergiebt:

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->) christliche b) jüdische
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1996158 482124764
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bürden nur 3313 Köpfe beträgt. Fassen wir aber das Gesamtergebnis zu¬
sammen, so können wir zu keinem andern Urteil gelangen als zu diesem: Wenn
es mit der Volksvermehrung in der bisherigen Weise weitergeht, so wird die
Stadt Posen in wenigen Jahrzehnten doppelt so viele polnische Einwohner
haben als deutsche.

Aber vielleicht wird man mir einwenden: „Die Zahl der Köpfe allein
machts doch nicht! Der Besitz, die Bildung — das sind die Hauptträger
der Macht, und so lange das deutsche Element in dieser Beziehung seine Über¬
legenheit bewahrt, braucht mau sich wegen des bloßen Zahlenverhältnisses der
Köpfe keine Sorgen zu machen."

Darauf ist zu entgegnen: Erstens: In der Zeit des allgemeinen Stimmrechts
hat die Zahl der Köpfe eine sehr ernste Bedeutung. Und ferner: Wie lange
wird denn dem Deutschtum seine Überlegenheit der Bildung und besonders
des Besitzes noch erhalten bleibe»? Das ist eben die zweite ernste Frage, die
sich dem Beobachter hier aufdrängt.

Die Überlegenheit der Bildung wird dem Deutschtum jedenfalls noch auf
lange Zeit gewahrt bleiben. Wir haben durch die große Anzahl der studirten
Beamten in dieser Beziehung einen gewaltigen Vorsprung. Aber andrerseits
ist auch nicht zu leugnen, daß das Polentum von dem, was es an gebildeten
Elementen hat, weit mehr Nutzen hat als das Deutschtum, dessen akademisch
gebildete Stunde — zum großen Nachteil für die deutsche Sache — mit dem
Bürgertum viel zu wenig Fühlung unterhalten.

Auch bezüglich des Einkommens und des Besitzes behauptet die deutsche
Bevölkerung zur Zeit noch entschieden das Übergewicht: von den 1966 Per¬
sonen, die für 1897/98 mit einem Jahreseinkommen von mehr als 3000 Mark
zur Staatseinkommensteuer herangezogen worden sind, gehören nur 315, d. h.
16 Prozent, der polnischen Nationalität an. Aber das sieht für uns tröstlicher
ans, als es wirklich ist; denn anch hier wieder beruht die Überlegenheit der
Deutschen viel mehr auf der große» Menge von hochbesoldeten Beamten und
Offizieren, als auf ihrer größern Betriebsamkeit und wirtschaftlichen Tüchtig¬
keit. Zudem fangen die Polen schon seit einiger Zeit an, uns auf dem wirt¬
schaftlichen Gebiet eine erfolgreiche Konkurrenz zu bereiten.

Dies zeigt sich zunächst in der Zunahme ihrer gewerblichen Unterneh¬
mungen, wie sie sich aus der beifolgenden Zusammenstellung der in Posen be¬
stehenden Handelsfirmen, Gesellschaften und Genossenschaften ergiebt:

JnhrDeutschePolnische^us^chant
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[0361] N?le soll der Aampf »in die Gstmark geführt werden? bürden nur 3313 Köpfe beträgt. Fassen wir aber das Gesamtergebnis zu¬ sammen, so können wir zu keinem andern Urteil gelangen als zu diesem: Wenn es mit der Volksvermehrung in der bisherigen Weise weitergeht, so wird die Stadt Posen in wenigen Jahrzehnten doppelt so viele polnische Einwohner haben als deutsche. Aber vielleicht wird man mir einwenden: „Die Zahl der Köpfe allein machts doch nicht! Der Besitz, die Bildung — das sind die Hauptträger der Macht, und so lange das deutsche Element in dieser Beziehung seine Über¬ legenheit bewahrt, braucht mau sich wegen des bloßen Zahlenverhältnisses der Köpfe keine Sorgen zu machen." Darauf ist zu entgegnen: Erstens: In der Zeit des allgemeinen Stimmrechts hat die Zahl der Köpfe eine sehr ernste Bedeutung. Und ferner: Wie lange wird denn dem Deutschtum seine Überlegenheit der Bildung und besonders des Besitzes noch erhalten bleibe»? Das ist eben die zweite ernste Frage, die sich dem Beobachter hier aufdrängt. Die Überlegenheit der Bildung wird dem Deutschtum jedenfalls noch auf lange Zeit gewahrt bleiben. Wir haben durch die große Anzahl der studirten Beamten in dieser Beziehung einen gewaltigen Vorsprung. Aber andrerseits ist auch nicht zu leugnen, daß das Polentum von dem, was es an gebildeten Elementen hat, weit mehr Nutzen hat als das Deutschtum, dessen akademisch gebildete Stunde — zum großen Nachteil für die deutsche Sache — mit dem Bürgertum viel zu wenig Fühlung unterhalten. Auch bezüglich des Einkommens und des Besitzes behauptet die deutsche Bevölkerung zur Zeit noch entschieden das Übergewicht: von den 1966 Per¬ sonen, die für 1897/98 mit einem Jahreseinkommen von mehr als 3000 Mark zur Staatseinkommensteuer herangezogen worden sind, gehören nur 315, d. h. 16 Prozent, der polnischen Nationalität an. Aber das sieht für uns tröstlicher ans, als es wirklich ist; denn anch hier wieder beruht die Überlegenheit der Deutschen viel mehr auf der große» Menge von hochbesoldeten Beamten und Offizieren, als auf ihrer größern Betriebsamkeit und wirtschaftlichen Tüchtig¬ keit. Zudem fangen die Polen schon seit einiger Zeit an, uns auf dem wirt¬ schaftlichen Gebiet eine erfolgreiche Konkurrenz zu bereiten. Dies zeigt sich zunächst in der Zunahme ihrer gewerblichen Unterneh¬ mungen, wie sie sich aus der beifolgenden Zusammenstellung der in Posen be¬ stehenden Handelsfirmen, Gesellschaften und Genossenschaften ergiebt: JnhrDeutschePolnische^us^chant ->) christliche b) jüdische 1894155 490116760 ,139!)157 483119759 1996158 482124764 1897155 483125763

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/361>, abgerufen am 08.01.2025.