Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Agrarpolitische Aussichten Weise fortgeht (es geht aber viel schneller vorwärts), ist in fünfundzwanzig Weiter tritt dann Graf Klinckowström ein für die gesetzliche Vcrschuldungs- Falsch nennt Graf Klinckowström ferner die Ansicht Buchenbergers, daß Agrarpolitische Aussichten Weise fortgeht (es geht aber viel schneller vorwärts), ist in fünfundzwanzig Weiter tritt dann Graf Klinckowström ein für die gesetzliche Vcrschuldungs- Falsch nennt Graf Klinckowström ferner die Ansicht Buchenbergers, daß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0300" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227202"/> <fw type="header" place="top"> Agrarpolitische Aussichten</fw><lb/> <p xml:id="ID_1011" prev="#ID_1010"> Weise fortgeht (es geht aber viel schneller vorwärts), ist in fünfundzwanzig<lb/> Jahren der ganze Grundbesitz enteignet." Es soll hier auf die Frage der<lb/> „Enteignung" des landwirtschaftlichen Grund und Bodens durch das „Kapital,"<lb/> wie man sagt, nicht näher eingegangen werden. Auch deu amtlichen Statistikern<lb/> Preußens dürfte es wohl nicht verborgen sein, wie ungeheuer schwer dabei<lb/> das Abwägen der Verschuldung gegen den Wert ist, und wie völlig wir in<lb/> dieser Beziehung noch im Dunkeln tappen. Vor Aufklärung dieses Dunkels<lb/> sollte sich die amtliche Statistik überhaupt möglichst solcher Voraussagungen<lb/> enthalten. Ihre Zahlen werden ohnedies schon hinreichend durch Ver¬<lb/> allgemeinerungen und Übertreibungen von nichtamtlichen Statistikern gern<lb/> „interessanter" gemacht, d. h. im pessimistischen Sinne. Davon kann natürlich<lb/> gar nicht die Rede sein, daß Bnchenberger die Thatsachen der amtlichen<lb/> Statistik Preußens über die Grundvcrschuldung nicht gekannt oder nicht berück¬<lb/> sichtigt hätte. Wie Conrad neuerdings in seinem „Grundriß zum Studium der<lb/> politischen Ökonomie" wiederholt, ist der Wert des ländlichen Grund und Bodens<lb/> in Preußen auf zweiunddreißig Milliarden, der der ländlichen Gebäude und<lb/> des Inventars auf dreißig Milliarden, die Hypothekeuschuld auf etwa zehn<lb/> Milliarden veranschlagt worden. Das Anwachsen der ländlichen Hypotheken-<lb/> schulden in Preußen in letzter Zeit ist eine die genaueste Erforschung zweifel¬<lb/> los herausfordernde Erscheinung. Da an ihr die Schulden industrieller Unter¬<lb/> nehmungen in Industriebezirken und in der Nachbarschaft der Großstädte mit<lb/> riesigen Posten beteiligt sind, so ist es begreiflich, daß der Westen eine noch<lb/> stärkere Verschulduugszunahme aufweist als der Osten, vor allem aber, daß<lb/> bis zur Aussonderung der industriellen Hypotheken der Landbezirke in der<lb/> ganzen Frage ein mein ticket gilt. Zehn Milliarden Schulden gegenüber<lb/> zweiundsechzig Milliarden Wert wären jedenfalls nicht als vernichtende, der<lb/> Enteignung nahe kommende Überschuldung zu bezeichnen. Auch in dieser Frage<lb/> ist den kathedersozialistischen Übertreibungen und Verallgemeinerungen auf das<lb/> schärfste entgegenzutreten; sie sind hier dem gesunden Fortschritt nicht weniger<lb/> hinderlich als die sozialdemokratischen in der Arbeiterfrage.</p><lb/> <p xml:id="ID_1012"> Weiter tritt dann Graf Klinckowström ein für die gesetzliche Vcrschuldungs-<lb/> grenze, als das „einzig durchgreifende Mittel, den Grundbesitz in Zukunft vor<lb/> Kalamitäten zu bewahren, ja ihn von seiner jetzigen Stellung als »Ware« zu<lb/> befreien." Daß die Sache gehe, könne man an den Fideikommissen sehen.<lb/> Selbstverständlich gehöre zur Durchführung Zwangsamortisation und billiger<lb/> Kredit. Er beruft sich darauf, daß sich der preußische Landwirtschaftsminister<lb/> mit einem dahin ausgesprochen Wunsche des preußischen Herrenhauses im<lb/> Jahre 1896 „einverstanden" erklärt habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1013" next="#ID_1014"> Falsch nennt Graf Klinckowström ferner die Ansicht Buchenbergers, daß<lb/> dem Staat bezüglich des Mangels an landwirtschaftlichen Arbeitern (Wechsel<lb/> der Arbeiter, Verziehen nach den Industriebezirken) für eine „intcrvenircnde</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0300]
Agrarpolitische Aussichten
Weise fortgeht (es geht aber viel schneller vorwärts), ist in fünfundzwanzig
Jahren der ganze Grundbesitz enteignet." Es soll hier auf die Frage der
„Enteignung" des landwirtschaftlichen Grund und Bodens durch das „Kapital,"
wie man sagt, nicht näher eingegangen werden. Auch deu amtlichen Statistikern
Preußens dürfte es wohl nicht verborgen sein, wie ungeheuer schwer dabei
das Abwägen der Verschuldung gegen den Wert ist, und wie völlig wir in
dieser Beziehung noch im Dunkeln tappen. Vor Aufklärung dieses Dunkels
sollte sich die amtliche Statistik überhaupt möglichst solcher Voraussagungen
enthalten. Ihre Zahlen werden ohnedies schon hinreichend durch Ver¬
allgemeinerungen und Übertreibungen von nichtamtlichen Statistikern gern
„interessanter" gemacht, d. h. im pessimistischen Sinne. Davon kann natürlich
gar nicht die Rede sein, daß Bnchenberger die Thatsachen der amtlichen
Statistik Preußens über die Grundvcrschuldung nicht gekannt oder nicht berück¬
sichtigt hätte. Wie Conrad neuerdings in seinem „Grundriß zum Studium der
politischen Ökonomie" wiederholt, ist der Wert des ländlichen Grund und Bodens
in Preußen auf zweiunddreißig Milliarden, der der ländlichen Gebäude und
des Inventars auf dreißig Milliarden, die Hypothekeuschuld auf etwa zehn
Milliarden veranschlagt worden. Das Anwachsen der ländlichen Hypotheken-
schulden in Preußen in letzter Zeit ist eine die genaueste Erforschung zweifel¬
los herausfordernde Erscheinung. Da an ihr die Schulden industrieller Unter¬
nehmungen in Industriebezirken und in der Nachbarschaft der Großstädte mit
riesigen Posten beteiligt sind, so ist es begreiflich, daß der Westen eine noch
stärkere Verschulduugszunahme aufweist als der Osten, vor allem aber, daß
bis zur Aussonderung der industriellen Hypotheken der Landbezirke in der
ganzen Frage ein mein ticket gilt. Zehn Milliarden Schulden gegenüber
zweiundsechzig Milliarden Wert wären jedenfalls nicht als vernichtende, der
Enteignung nahe kommende Überschuldung zu bezeichnen. Auch in dieser Frage
ist den kathedersozialistischen Übertreibungen und Verallgemeinerungen auf das
schärfste entgegenzutreten; sie sind hier dem gesunden Fortschritt nicht weniger
hinderlich als die sozialdemokratischen in der Arbeiterfrage.
Weiter tritt dann Graf Klinckowström ein für die gesetzliche Vcrschuldungs-
grenze, als das „einzig durchgreifende Mittel, den Grundbesitz in Zukunft vor
Kalamitäten zu bewahren, ja ihn von seiner jetzigen Stellung als »Ware« zu
befreien." Daß die Sache gehe, könne man an den Fideikommissen sehen.
Selbstverständlich gehöre zur Durchführung Zwangsamortisation und billiger
Kredit. Er beruft sich darauf, daß sich der preußische Landwirtschaftsminister
mit einem dahin ausgesprochen Wunsche des preußischen Herrenhauses im
Jahre 1896 „einverstanden" erklärt habe.
Falsch nennt Graf Klinckowström ferner die Ansicht Buchenbergers, daß
dem Staat bezüglich des Mangels an landwirtschaftlichen Arbeitern (Wechsel
der Arbeiter, Verziehen nach den Industriebezirken) für eine „intcrvenircnde
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |