Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Reichsländische Zeitfragen Geradezu deutschfeindlich hat die Art gewirkt, wie Herr Dr. Petri als Herr Dr. Petri ist typisch dafür, wie die Dentschfreundlichkeit in unserm Grenzboten I 1S98 W
Reichsländische Zeitfragen Geradezu deutschfeindlich hat die Art gewirkt, wie Herr Dr. Petri als Herr Dr. Petri ist typisch dafür, wie die Dentschfreundlichkeit in unserm Grenzboten I 1S98 W
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Reichsländische Zeitfragen
Geradezu deutschfeindlich hat die Art gewirkt, wie Herr Dr. Petri als
Mitglied des Landesausschusses das Wort: Elsaß-Lothringen den Elsaß-
Lothringern auf die Besetzung der Beamtenstellen anwendete. Ich habe diese
Anwendung in den Grenzboten vor kurzem charakterisirt, der Leser wird meine
Erörterung in frischer Erinnerung haben. Man braucht ja die Folgen gar
nicht zuzuspitzen, etwa dahin, daß der Hauptmann Dreyfuß, wenn er in sein
Geburtsland zurückkehren sollte, für die Petrische Auffassung ein genehmer
Amtsanwärter sein würde, während ein junger Mann aus Baden, der sich aus
wirklicher Begeisterung meldet, zurückzuweisen wäre. Denn, auch bei der Be¬
schränkung auf die regelmäßigen Folgen der Petrischen Auffassung, im regel¬
mäßigen Lauf der Dinge sind die schwersten Befürchtungen gerechtfertigt; der
von mir früher gebrauchte Superlativ: sehr ernste Gefahr giebt nur eine
schwache Vorstellung von dem, was dem Deutschtum droht, und zwar als nur
gewaltsam wieder gut zu machende Folge. Jetzt kann Herr Dr. Petri das be¬
thätigen, was er als Abgeordneter empfohlen hat. Bei Neubesetzung von Stellen
hat er außer den Ministerialbeamten folgende vorzuschlagen: 11 Präsidenten und
gleichstehende Staatsanwälte, 35 Oberlandesgerichtsrüte, Landgerichtsdirektoren
und Erste Staatsanwälte, 162 Richter und Stantsanwälte, noch mehr fest¬
angestellte Sekretariatsbeamte, zahlreiche Handels- und Ergänzungsrichter,
11 Hypothekenbewahrer, mehr als 150 Notare, 119 Gerichtsvollzieher, zahl¬
reiche Gefängnisbeamte. 64 Assessoren hängen für ihre Anstellung und für ihre
vorläufige Verwendung von ihm ab. 167 Referendare und Notariatskandidaten,
mehr als 200 Anwärter des Gerichtsschreiber- und Gerichtsvollzieheramts
hängen nicht bloß ebenfalls von ihm ab, sondern er ist es auch, der über die
erste Zulassung zu diesen sämtlichen Vorbereitungsstellen zu verfügen hat. Diese
Zahlen sprechen, wenn man bedenkt, daß Elsaß-Lothringen kein großes Land
ist. Weder der Staatssekretär noch die andern Unterstaatssekretäre können sich
in Bezug auf diese Quelle von Einfluß und handgreiflicher Macht mit Herrn
Vr. Petri messen. Er hat ein großes Stück unsrer staatlichen Zukunft in die
Hand bekommen. Es kommt noch hinzu, daß kein Geistlicher des Landes ein
festes Amt im Kirchendienst antreten kann, ohne vom Staat bestätigt zu sein,
also ohne Mitwirkung der Ministerialabteilung, an deren Spitze Herr Dr. Petri
gestellt worden ist.
Herr Dr. Petri ist typisch dafür, wie die Dentschfreundlichkeit in unserm
Lande, näher betrachtet, sehr oft aussieht. In die Zeitungen kommen über
dergleichen höchstens abgerissene Andeutungen, es hat deswegen im Zusammen¬
hang besprochen werden müssen. Herr I)r. Petri gehört zu den ältern unter
dem seit 1870 zum Mannesalter gelangten Geschlecht, aber der jüngere Teil
ist für Deutschland im Durchschnitt keineswegs erfreulicher. Ich bin es nicht
allein, der im Reichsland so urteilt. Wenn dieser Aufsatz im Lande gelesen
werden sollte, so werden gerade an dieser Stelle sehr viele zustimmen und nur
Grenzboten I 1S98 W
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