Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Der Krieg von ^366 und seine Folgen Was den Grafen Usedom anlangt, so ist seine ganze Handlungsweise Geradezu entsetzlich ist ein Schreiben an den König vom 13. Juli, das Daß ein solcher Mann über Bismarcks Politik aufs leichtfertigste aburteilt, Der Krieg von ^366 und seine Folgen Was den Grafen Usedom anlangt, so ist seine ganze Handlungsweise Geradezu entsetzlich ist ein Schreiben an den König vom 13. Juli, das Daß ein solcher Mann über Bismarcks Politik aufs leichtfertigste aburteilt, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0190" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227092"/> <fw type="header" place="top"> Der Krieg von ^366 und seine Folgen</fw><lb/> <p xml:id="ID_589"> Was den Grafen Usedom anlangt, so ist seine ganze Handlungsweise<lb/> während der Zeit, wo Vernhardi, der ihm in alter Freundschaft verbunden<lb/> war und ihn möglichst schont, in der Zeit des preußisch-österreichischen Kriegs<lb/> mit ihm amtlich zu thun hatte, eine Kette von Taktlosigkeiten. Das schlimmste,<lb/> was er sich zu Schulden kommen ließ, hallen wir schon erwähnt. Sobald<lb/> dann die italienische Negierung das italienische Tirol verlangte, machte er in<lb/> ungeschicktester Weise diese Forderung zu seiner eignen in einem an Bismarck<lb/> am 10. Juli gerichteten Telegramm; ja er behauptet in einem andern Tele¬<lb/> gramm vom 23. Juli an Bismarck, wenn Italien gegen Frankreichs Druck<lb/> Stand halten solle, müsse er unter anderm ermächtigt sein, zu erklären, Preußen<lb/> werde die Forderung Südtirols unterstützen. Welchen Eindruck diese unsinnige<lb/> Stellungnahme auf Bismarck machen mußte, der für Preußen keinen Fußbreit<lb/> österreichischen Landes verlangte, ist bei Bernhardi nicht gesagt, aber leicht zu<lb/> erraten.</p><lb/> <p xml:id="ID_590"> Geradezu entsetzlich ist ein Schreiben an den König vom 13. Juli, das<lb/> Bernhard! um 17. Juli erhielt und dem Könige übergeben mußte (S. 172<lb/> bis 174); es enthält die bittersten Vorwürfe über die Unthätigkeit der italie¬<lb/> nischen Armee nach der Schlacht bei Custozza. Bernhardi sagt darüber, milde<lb/> genug, nur folgendes: „Usedom hat nicht immer den glücklichsten Takt! . . .<lb/> Der Brief paßt gar nicht mehr zur thatsächlichen Lage der Dinge, jetzt, wo<lb/> La Mcirmoras hemmender Einfluß gebrochen, und die italienische Armee in<lb/> voller Bewegung ist, bemüht, den Feind in Gewaltmärschen einzuholen, da ist<lb/> dieser Brief zu nichts gut, vollkommen unnütz. Er kann nur verletzen, böses<lb/> Blut machen und möglicherweise viel verderben. ... Es zeigt sich wieder,<lb/> wie wenig Usedom in militärischen Dingen Bescheid weiß. Er glaubt, der<lb/> Erzherzog Albrecht führe seinen Rückzug auf dem Umwege durch Tirol aus,<lb/> während von italienischer Seite gar nichts geschehen ist, ihn, als es dazu Zeit<lb/> gewesen wäre, in diese Richtung zu drängen; während man ihm alle Zeit und<lb/> Freiheit gelassen hat, auf dem bequemen Wege durch die venetianische Ebene<lb/> zurückzugehen und wenigstens von Treviso aus die Eisenbahn zu benutzen."</p><lb/> <p xml:id="ID_591" next="#ID_592"> Daß ein solcher Mann über Bismarcks Politik aufs leichtfertigste aburteilt,<lb/> kaun man sich denken. Bismarck hatte ihm am 20. Juli aus Nikolsburg<lb/> folgendes telegraphirt: „Kaiser Napoleon hat hier und in Wien vorgeschlagen,<lb/> erstens: Österreich erkennt Auflösung des alten Bundes und Rekonstruktion<lb/> eines neuen ohne Österreich an; zweitens: Norddeutscher Bund, dessen Militär<lb/> unter Preußen steht; drittens: Süddeutscher Bund mit völkerrechtlicher Selb¬<lb/> ständigkeit; viertens: Natioualverbindung zwischen Nord- und Süddeutschland<lb/> demnächst frei zu reguliren; fünftens: Elbherzogtümer an Preußen; nördlichstes<lb/> Schleswig, wenn es wünscht, an Dänemark; Sechstens: Österreich und Ver¬<lb/> bündete zahlen an Preußen einen Teil der Kriegskosten; Siebentens: Integrität<lb/> der österreichischen Monarchie. Der Kaiser erklärt, Venetien, im Falle der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0190]
Der Krieg von ^366 und seine Folgen
Was den Grafen Usedom anlangt, so ist seine ganze Handlungsweise
während der Zeit, wo Vernhardi, der ihm in alter Freundschaft verbunden
war und ihn möglichst schont, in der Zeit des preußisch-österreichischen Kriegs
mit ihm amtlich zu thun hatte, eine Kette von Taktlosigkeiten. Das schlimmste,
was er sich zu Schulden kommen ließ, hallen wir schon erwähnt. Sobald
dann die italienische Negierung das italienische Tirol verlangte, machte er in
ungeschicktester Weise diese Forderung zu seiner eignen in einem an Bismarck
am 10. Juli gerichteten Telegramm; ja er behauptet in einem andern Tele¬
gramm vom 23. Juli an Bismarck, wenn Italien gegen Frankreichs Druck
Stand halten solle, müsse er unter anderm ermächtigt sein, zu erklären, Preußen
werde die Forderung Südtirols unterstützen. Welchen Eindruck diese unsinnige
Stellungnahme auf Bismarck machen mußte, der für Preußen keinen Fußbreit
österreichischen Landes verlangte, ist bei Bernhardi nicht gesagt, aber leicht zu
erraten.
Geradezu entsetzlich ist ein Schreiben an den König vom 13. Juli, das
Bernhard! um 17. Juli erhielt und dem Könige übergeben mußte (S. 172
bis 174); es enthält die bittersten Vorwürfe über die Unthätigkeit der italie¬
nischen Armee nach der Schlacht bei Custozza. Bernhardi sagt darüber, milde
genug, nur folgendes: „Usedom hat nicht immer den glücklichsten Takt! . . .
Der Brief paßt gar nicht mehr zur thatsächlichen Lage der Dinge, jetzt, wo
La Mcirmoras hemmender Einfluß gebrochen, und die italienische Armee in
voller Bewegung ist, bemüht, den Feind in Gewaltmärschen einzuholen, da ist
dieser Brief zu nichts gut, vollkommen unnütz. Er kann nur verletzen, böses
Blut machen und möglicherweise viel verderben. ... Es zeigt sich wieder,
wie wenig Usedom in militärischen Dingen Bescheid weiß. Er glaubt, der
Erzherzog Albrecht führe seinen Rückzug auf dem Umwege durch Tirol aus,
während von italienischer Seite gar nichts geschehen ist, ihn, als es dazu Zeit
gewesen wäre, in diese Richtung zu drängen; während man ihm alle Zeit und
Freiheit gelassen hat, auf dem bequemen Wege durch die venetianische Ebene
zurückzugehen und wenigstens von Treviso aus die Eisenbahn zu benutzen."
Daß ein solcher Mann über Bismarcks Politik aufs leichtfertigste aburteilt,
kaun man sich denken. Bismarck hatte ihm am 20. Juli aus Nikolsburg
folgendes telegraphirt: „Kaiser Napoleon hat hier und in Wien vorgeschlagen,
erstens: Österreich erkennt Auflösung des alten Bundes und Rekonstruktion
eines neuen ohne Österreich an; zweitens: Norddeutscher Bund, dessen Militär
unter Preußen steht; drittens: Süddeutscher Bund mit völkerrechtlicher Selb¬
ständigkeit; viertens: Natioualverbindung zwischen Nord- und Süddeutschland
demnächst frei zu reguliren; fünftens: Elbherzogtümer an Preußen; nördlichstes
Schleswig, wenn es wünscht, an Dänemark; Sechstens: Österreich und Ver¬
bündete zahlen an Preußen einen Teil der Kriegskosten; Siebentens: Integrität
der österreichischen Monarchie. Der Kaiser erklärt, Venetien, im Falle der
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