Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.La Marmora wie Biene bezieht sich offenbar auf das Anerbieten Öster¬ Das Ergebnis ist bekannt; das italienische Ministerium verlangte in seiner La Marmora wie Biene bezieht sich offenbar auf das Anerbieten Öster¬ Das Ergebnis ist bekannt; das italienische Ministerium verlangte in seiner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0187" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227089"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_580"> La Marmora wie Biene bezieht sich offenbar auf das Anerbieten Öster¬<lb/> reichs, erst Venetien nach Eroberung Schlesiens, dann Venetien sogleich und<lb/> nur gegen das Versprechen der Neutralität in dem preußisch-österreichischen<lb/> Kriege an Italien abzutreten. Sybel meint, La Marmora habe der allgemeinen<lb/> Volksstimmung in Italien wegen den schimpflichen Vorschlag, das vor kaum<lb/> einem Monat mit Preußen abgeschlossene Bündnis zu brechen, unbedingt ab¬<lb/> lehnen müssen, aber man wird, wenn man die äußerst mißliche Finanzlage des<lb/> Landes erwägt, billigerweise diese Notwendigkeit bezweifeln können und nach<lb/> einem andern Grunde suchen, der La Marmora zu seiner vielgerühmten, an¬<lb/> geblichen Loyalität veranlaßt hat, einem Grunde, den er mit dem Könige teilte,<lb/> den er aber weder Napoleon noch Bernhardt mitteilen konnte. Dieser Grund<lb/> dürfte das Streben gewesen sein, durch einen Krieg mit Österreich vor allem<lb/> das italienische Tirol zu erwerben. Unter dieser Voraussetzung erklärt sich seine<lb/> ganze Handlungsweise. Daß die Flotte gegen Trieft operirte und Garibaldi in<lb/> Dalmatien landete, erschien ihm wie dein Könige überflüssig, da es beiden nur<lb/> darauf ankam, im Trentino Fuß zu fassen. Den von preußischer Seite in<lb/> Vorschlag gebrachten Plan, das Festungsviercck zu umgehen und ins Herz der<lb/> Monarchie vorzudringen, um Preußen an der Donan die Hand zu reichen,<lb/> verwarf er, da er die italienische Armee von Südtirol entfernt hätte. Er<lb/> wollte offenbar, nachdem Garibaldi vorausgeschickt war, ans dem Festuugs-<lb/> viereck mit der ganzen Armee nach Norden ziehen und sich in Tirol festsetzen,<lb/> um es beim Friedensschlüsse zu behalten. Offenbar war er auch nicht be¬<lb/> schränkt genug, die Vortrefflichkeit des von Moltke und Bernhardt für Italien<lb/> entworfnen Feldzugsplans zu verkennen: seine Beschränktheit verhinderte ihn<lb/> nur einzusehen, daß lediglich ein durch die Vereinigung der italienischen mit<lb/> der preußischen Armee an der Donau bis zur Vernichtung besiegtes Österreich<lb/> jemals auf Südtirol verzichten konnte. Den Plan, Südtirol zu erwerben und<lb/> darnach den ganzen Feldzugsplan zu entwerfen, mußten La Marmora und der<lb/> König vor Preußen ebenso geheim halten wie vor Napoleon, vor Napoleon,<lb/> weil diese Gebietserwerbung weit über sein sür Italien entworfnes Programm<lb/> hinausging, vor Preußen, weil ein so geführter Feldzug das Bündnis mit<lb/> Italien strategisch wertlos machte.</p><lb/> <p xml:id="ID_581" next="#ID_582"> Das Ergebnis ist bekannt; das italienische Ministerium verlangte in seiner<lb/> Sitzung in der Nacht vom 7. auf den 8. Juli als Friedensbedingungen neben<lb/> der Abtretung Venetiens und dem Fernhalten andrer (also der römischen)<lb/> Fragen wirklich das italienische Tirol (S. 140). und später berichtet Bernhardt<lb/> (S. 215), daß ihm Visconti Benosta eine Depesche des italienischen Gesandten<lb/> Grafen Barral aus Nikolsburg vom 23. Juli gezeigt habe, wonach Vis-<lb/> 'narck den Grafen ziemlich schnöde angelassen zu haben schien und verlangte,<lb/> Italien solle auch den von Preußen abgeschlossenen Waffenstillstand unter¬<lb/> schreiben. Bismarck verlangte das, da Italien alles erhalte, was es irgend</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0187]
La Marmora wie Biene bezieht sich offenbar auf das Anerbieten Öster¬
reichs, erst Venetien nach Eroberung Schlesiens, dann Venetien sogleich und
nur gegen das Versprechen der Neutralität in dem preußisch-österreichischen
Kriege an Italien abzutreten. Sybel meint, La Marmora habe der allgemeinen
Volksstimmung in Italien wegen den schimpflichen Vorschlag, das vor kaum
einem Monat mit Preußen abgeschlossene Bündnis zu brechen, unbedingt ab¬
lehnen müssen, aber man wird, wenn man die äußerst mißliche Finanzlage des
Landes erwägt, billigerweise diese Notwendigkeit bezweifeln können und nach
einem andern Grunde suchen, der La Marmora zu seiner vielgerühmten, an¬
geblichen Loyalität veranlaßt hat, einem Grunde, den er mit dem Könige teilte,
den er aber weder Napoleon noch Bernhardt mitteilen konnte. Dieser Grund
dürfte das Streben gewesen sein, durch einen Krieg mit Österreich vor allem
das italienische Tirol zu erwerben. Unter dieser Voraussetzung erklärt sich seine
ganze Handlungsweise. Daß die Flotte gegen Trieft operirte und Garibaldi in
Dalmatien landete, erschien ihm wie dein Könige überflüssig, da es beiden nur
darauf ankam, im Trentino Fuß zu fassen. Den von preußischer Seite in
Vorschlag gebrachten Plan, das Festungsviercck zu umgehen und ins Herz der
Monarchie vorzudringen, um Preußen an der Donan die Hand zu reichen,
verwarf er, da er die italienische Armee von Südtirol entfernt hätte. Er
wollte offenbar, nachdem Garibaldi vorausgeschickt war, ans dem Festuugs-
viereck mit der ganzen Armee nach Norden ziehen und sich in Tirol festsetzen,
um es beim Friedensschlüsse zu behalten. Offenbar war er auch nicht be¬
schränkt genug, die Vortrefflichkeit des von Moltke und Bernhardt für Italien
entworfnen Feldzugsplans zu verkennen: seine Beschränktheit verhinderte ihn
nur einzusehen, daß lediglich ein durch die Vereinigung der italienischen mit
der preußischen Armee an der Donau bis zur Vernichtung besiegtes Österreich
jemals auf Südtirol verzichten konnte. Den Plan, Südtirol zu erwerben und
darnach den ganzen Feldzugsplan zu entwerfen, mußten La Marmora und der
König vor Preußen ebenso geheim halten wie vor Napoleon, vor Napoleon,
weil diese Gebietserwerbung weit über sein sür Italien entworfnes Programm
hinausging, vor Preußen, weil ein so geführter Feldzug das Bündnis mit
Italien strategisch wertlos machte.
Das Ergebnis ist bekannt; das italienische Ministerium verlangte in seiner
Sitzung in der Nacht vom 7. auf den 8. Juli als Friedensbedingungen neben
der Abtretung Venetiens und dem Fernhalten andrer (also der römischen)
Fragen wirklich das italienische Tirol (S. 140). und später berichtet Bernhardt
(S. 215), daß ihm Visconti Benosta eine Depesche des italienischen Gesandten
Grafen Barral aus Nikolsburg vom 23. Juli gezeigt habe, wonach Vis-
'narck den Grafen ziemlich schnöde angelassen zu haben schien und verlangte,
Italien solle auch den von Preußen abgeschlossenen Waffenstillstand unter¬
schreiben. Bismarck verlangte das, da Italien alles erhalte, was es irgend
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