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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Die Gffizierspostäinter in Preußen

Sekretärprüfung, zugelassen. In dieser Prüfung sind drei schriftliche Klausur¬
arbeiten, zwei aus dem Bereiche des Postdieustes, eine aus der Telegraphen¬
technik anzufertigen, außerdem werden die Kandidaten einer eingehenden münd¬
lichen Prüfung unterworfen. Drei Jahre nach dieser Prüfung können die
Beamten zur zweiten, der höhern Verwaltungsprüfung zugelassen werden. Für
diese sind drei umfängliche schriftliche Arbeiten zu liefern, zu deren Erledigung
dem Kandidaten eine Frist von vier Monaten gegeben wird. Wenn diese
Arbeiten den Anforderungen genügen, wird der Kandidat zur mündlichen
Prüfung einberufen. Dieser mündliche Teil der Prüfung ist vor dem Prüfungs-
rat des Reichspvstamts abzulegen und umfaßt neben dem eigentlichen posr¬
und telegraphentechnischen Gebiete die wichtigsten juristischen und staatswissen¬
schaftlicher Fächer. Nach dem Bestehen dieser (von den Kandidaten mit Recht
gefürchteten) Prüfung werden die Beamten erst noch lange Zeit in verschiednen
Dienststellungen, als Oberpostdirektionssckretär, Postkassirer, Postinspektor be¬
schäftigt, ehe sie zu Postdircktoren befördert werden. Die gesamte Laufbahn
bis zum Postdirektor umfaßt jetzt mindestens den Zeitraum von fünfzehn bis
Zwanzig Jahren.

Allerdings sind nun die mit Zivilpostdirektoren besetzten Postämter erster
Klasse meist viel bedeutender als die Offizierspostämter, sie erfordern daher
auch unbedingt gründlicher durchgebildete Vorsteher als jene. Aber selbst die
Vorsteher der Postämter zweiter Klasse, die Postmeister, verfügen über eine
viel umfassendere dienstliche Vorbildung als die Militürpostdirektoren. Zu
Postmeistern werden solche Postsekretäre ernannt, die sich durch Umsicht und
dienstliche Brauchbarkeit auszeichnen. Auch sie werden nicht vor einer mindestens
fünfzehn- bis zwanzigjährigen praktischen Postdienstlaufbahn Postamtsvorsteher.
Entweder sind also die Anforderungen, die die PostVerwaltung an die aus den
Zivilanwärtern hervorgegangnen Amtsvorsteher stellt, zu hoch, oder die Aus¬
bildung der Militärpostdirektvren ist unzureichend.

Außer der ungenügenden Ausbildung hat aber das bei der Anstellung
der Offizierspostdirektvren jetzt übliche Verfahren auch noch den Nachteil, daß
nicht selten verhältnismäßig junge Leute im Alter von vierundzwanzig bis
dreißig Jahren schon die verantwortliche Stellung eines Postdirektors erreichen.
Es sind das Leutnants, die aus irgend welchem Anlaß zeitig invalide ge¬
worden sind und nun mit der Anstellung als Postdirektor einen Posten
auszufüllen haben, dem sie -- ganz abgesehen von der ungenügenden Dienst¬
kenntnis -- nicht einmal nach ihrer allgemeinen Lebenserfahrung gewachsen
sind. Das gilt besonders sür die Fälle, wo die Offiziere ihre schulwiffen-
schaftliche Ausbildung in einer Kadettenanstalt erhalten haben. Dort werden
sie von vornherein nicht für einen praktischen "der wissenschaftlichen Lebensberuf,
sondern ausschließlich für die Ofsizierslaufbahn vorbereitet. Als Offiziere
ziehen sie sich aber von den übrigen Berufsklassen zurück und entfremden sich


Grenzboten I 1898 17
Die Gffizierspostäinter in Preußen

Sekretärprüfung, zugelassen. In dieser Prüfung sind drei schriftliche Klausur¬
arbeiten, zwei aus dem Bereiche des Postdieustes, eine aus der Telegraphen¬
technik anzufertigen, außerdem werden die Kandidaten einer eingehenden münd¬
lichen Prüfung unterworfen. Drei Jahre nach dieser Prüfung können die
Beamten zur zweiten, der höhern Verwaltungsprüfung zugelassen werden. Für
diese sind drei umfängliche schriftliche Arbeiten zu liefern, zu deren Erledigung
dem Kandidaten eine Frist von vier Monaten gegeben wird. Wenn diese
Arbeiten den Anforderungen genügen, wird der Kandidat zur mündlichen
Prüfung einberufen. Dieser mündliche Teil der Prüfung ist vor dem Prüfungs-
rat des Reichspvstamts abzulegen und umfaßt neben dem eigentlichen posr¬
und telegraphentechnischen Gebiete die wichtigsten juristischen und staatswissen¬
schaftlicher Fächer. Nach dem Bestehen dieser (von den Kandidaten mit Recht
gefürchteten) Prüfung werden die Beamten erst noch lange Zeit in verschiednen
Dienststellungen, als Oberpostdirektionssckretär, Postkassirer, Postinspektor be¬
schäftigt, ehe sie zu Postdircktoren befördert werden. Die gesamte Laufbahn
bis zum Postdirektor umfaßt jetzt mindestens den Zeitraum von fünfzehn bis
Zwanzig Jahren.

Allerdings sind nun die mit Zivilpostdirektoren besetzten Postämter erster
Klasse meist viel bedeutender als die Offizierspostämter, sie erfordern daher
auch unbedingt gründlicher durchgebildete Vorsteher als jene. Aber selbst die
Vorsteher der Postämter zweiter Klasse, die Postmeister, verfügen über eine
viel umfassendere dienstliche Vorbildung als die Militürpostdirektoren. Zu
Postmeistern werden solche Postsekretäre ernannt, die sich durch Umsicht und
dienstliche Brauchbarkeit auszeichnen. Auch sie werden nicht vor einer mindestens
fünfzehn- bis zwanzigjährigen praktischen Postdienstlaufbahn Postamtsvorsteher.
Entweder sind also die Anforderungen, die die PostVerwaltung an die aus den
Zivilanwärtern hervorgegangnen Amtsvorsteher stellt, zu hoch, oder die Aus¬
bildung der Militärpostdirektvren ist unzureichend.

Außer der ungenügenden Ausbildung hat aber das bei der Anstellung
der Offizierspostdirektvren jetzt übliche Verfahren auch noch den Nachteil, daß
nicht selten verhältnismäßig junge Leute im Alter von vierundzwanzig bis
dreißig Jahren schon die verantwortliche Stellung eines Postdirektors erreichen.
Es sind das Leutnants, die aus irgend welchem Anlaß zeitig invalide ge¬
worden sind und nun mit der Anstellung als Postdirektor einen Posten
auszufüllen haben, dem sie — ganz abgesehen von der ungenügenden Dienst¬
kenntnis — nicht einmal nach ihrer allgemeinen Lebenserfahrung gewachsen
sind. Das gilt besonders sür die Fälle, wo die Offiziere ihre schulwiffen-
schaftliche Ausbildung in einer Kadettenanstalt erhalten haben. Dort werden
sie von vornherein nicht für einen praktischen »der wissenschaftlichen Lebensberuf,
sondern ausschließlich für die Ofsizierslaufbahn vorbereitet. Als Offiziere
ziehen sie sich aber von den übrigen Berufsklassen zurück und entfremden sich


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[0133] Die Gffizierspostäinter in Preußen Sekretärprüfung, zugelassen. In dieser Prüfung sind drei schriftliche Klausur¬ arbeiten, zwei aus dem Bereiche des Postdieustes, eine aus der Telegraphen¬ technik anzufertigen, außerdem werden die Kandidaten einer eingehenden münd¬ lichen Prüfung unterworfen. Drei Jahre nach dieser Prüfung können die Beamten zur zweiten, der höhern Verwaltungsprüfung zugelassen werden. Für diese sind drei umfängliche schriftliche Arbeiten zu liefern, zu deren Erledigung dem Kandidaten eine Frist von vier Monaten gegeben wird. Wenn diese Arbeiten den Anforderungen genügen, wird der Kandidat zur mündlichen Prüfung einberufen. Dieser mündliche Teil der Prüfung ist vor dem Prüfungs- rat des Reichspvstamts abzulegen und umfaßt neben dem eigentlichen posr¬ und telegraphentechnischen Gebiete die wichtigsten juristischen und staatswissen¬ schaftlicher Fächer. Nach dem Bestehen dieser (von den Kandidaten mit Recht gefürchteten) Prüfung werden die Beamten erst noch lange Zeit in verschiednen Dienststellungen, als Oberpostdirektionssckretär, Postkassirer, Postinspektor be¬ schäftigt, ehe sie zu Postdircktoren befördert werden. Die gesamte Laufbahn bis zum Postdirektor umfaßt jetzt mindestens den Zeitraum von fünfzehn bis Zwanzig Jahren. Allerdings sind nun die mit Zivilpostdirektoren besetzten Postämter erster Klasse meist viel bedeutender als die Offizierspostämter, sie erfordern daher auch unbedingt gründlicher durchgebildete Vorsteher als jene. Aber selbst die Vorsteher der Postämter zweiter Klasse, die Postmeister, verfügen über eine viel umfassendere dienstliche Vorbildung als die Militürpostdirektoren. Zu Postmeistern werden solche Postsekretäre ernannt, die sich durch Umsicht und dienstliche Brauchbarkeit auszeichnen. Auch sie werden nicht vor einer mindestens fünfzehn- bis zwanzigjährigen praktischen Postdienstlaufbahn Postamtsvorsteher. Entweder sind also die Anforderungen, die die PostVerwaltung an die aus den Zivilanwärtern hervorgegangnen Amtsvorsteher stellt, zu hoch, oder die Aus¬ bildung der Militärpostdirektvren ist unzureichend. Außer der ungenügenden Ausbildung hat aber das bei der Anstellung der Offizierspostdirektvren jetzt übliche Verfahren auch noch den Nachteil, daß nicht selten verhältnismäßig junge Leute im Alter von vierundzwanzig bis dreißig Jahren schon die verantwortliche Stellung eines Postdirektors erreichen. Es sind das Leutnants, die aus irgend welchem Anlaß zeitig invalide ge¬ worden sind und nun mit der Anstellung als Postdirektor einen Posten auszufüllen haben, dem sie — ganz abgesehen von der ungenügenden Dienst¬ kenntnis — nicht einmal nach ihrer allgemeinen Lebenserfahrung gewachsen sind. Das gilt besonders sür die Fälle, wo die Offiziere ihre schulwiffen- schaftliche Ausbildung in einer Kadettenanstalt erhalten haben. Dort werden sie von vornherein nicht für einen praktischen »der wissenschaftlichen Lebensberuf, sondern ausschließlich für die Ofsizierslaufbahn vorbereitet. Als Offiziere ziehen sie sich aber von den übrigen Berufsklassen zurück und entfremden sich Grenzboten I 1898 17

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/133>, abgerufen am 08.01.2025.