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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Die Gffizierspostämter in Preußen

scitze, die die PostVerwaltung damals mit dem preußischen Kriegsministerium
vereinbarte, haben in der Hauptsache noch heute Geltung. Der Gang der Aus¬
bildung eines Offiziers zum Postdirektor gestaltet sich darnach in folgender
Weise.

Der mit Aussicht auf Anstellung im Zivildienste verabschiedete Offizier
reicht seine Bewerbung um Übertragung eines Postamts unmittelbar beim
Neichspostamte ein. Er wird dann, wenn er hinsichtlich seiner Gesundheit
den Anforderungen der Verwaltung entspricht, einem von ihm selbst gewählten
Postamt erster Klasse zur Ausbildung überwiesen. Dort hat er sich mit allen
Dienstzweigen und namentlich mit den Geschäften und Pflichten eines Amts¬
vorstehers vertraut zu machen. Zunächst hat er sich die notwendigen tele¬
graphendienstlichen Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen. Hierzu gehört die
Fertigkeit, Telegramme auf dem Morseapparat abzugeben und anzunehmen,
sowie die allgemeine Kenntnis der Telegraphentechnik. Die Vorprüfung über
diese Gegenstände legt der Offizier meist in den ersten Monaten seiner Be¬
schäftigung im Post- und Telegraphendienste ab. Die eigentliche Prüfung, in
der die Befähigung zur selbständigen Verwaltung eines Postamts nachzuweisen
ist, findet gewöhnlich am Ende des Ausbildungsjahres statt. Diese Prüfung
ist am Sitze der zuständigen Oberpostdirektion abzulegen und besteht in der
Beantwortung von fünfzig beim Neichspostamte formulirten Fragen aus allen
Gebieten des Postdienstes. Diese Fragen hat der Prüfung schriftlich unter
Klausur zu beantworten, ohne jedoch dabei an eine bestimmte Erledigungsfrist
gebunden zu sein. Die Entscheidung über den Ausfall der Prüfung hat das
Neichspostamt. Nach bestandner Prüfung wird der Bewerber, sobald ein
Offizierspostamt seiner Militärcharge*) frei wird, und wenn nicht ältere Be¬
werber vorhanden sind, probeweise zur Verwaltung eines Postamts einberufen.
Als Postdirektor wird er dann meist nach einem Jahre bestätigt.

Wenn nun auch eine solche abgekürzte Ausbildung vielleicht vor vierzig
Jahren einen verabschiedeten Offizier zum Vorsteher eines müßig großen Post¬
amts einigermaßen befähigte, so muß sie doch bei den verwickelten Verhältnissen
und den vielseitigen Pflichten, denen heute ein Postdirektor gerecht werden
muß, schlechterdings für ungenügend gelten. Es geht das deutlich aus den
Anforderungen hervor, die die PostVerwaltung an die Ausbildung der Zivil¬
postdirektoren stellt.

Diese Beamten treten mit dem Reifezeugnis eines Gymnasiums oder
Realgymnasiums als Posteleven ein und werden erst nach drei Dienstjahren,
in denen sie sür alle Zweige des Post- und Telegraphendienstes theoretisch
und praktisch gründlich ausgebildet worden sind, zur ersten Prüfung, der



") Von den IM Offizierspostämtern sind l> für frühere Stabsoffiziere, 43 für Hauptleute
und Rittmeister erster Klasse, S0 für Hauptleute und Rittmeister zweiter Klasse und 34 für
Leutnants bestimmt.
Die Gffizierspostämter in Preußen

scitze, die die PostVerwaltung damals mit dem preußischen Kriegsministerium
vereinbarte, haben in der Hauptsache noch heute Geltung. Der Gang der Aus¬
bildung eines Offiziers zum Postdirektor gestaltet sich darnach in folgender
Weise.

Der mit Aussicht auf Anstellung im Zivildienste verabschiedete Offizier
reicht seine Bewerbung um Übertragung eines Postamts unmittelbar beim
Neichspostamte ein. Er wird dann, wenn er hinsichtlich seiner Gesundheit
den Anforderungen der Verwaltung entspricht, einem von ihm selbst gewählten
Postamt erster Klasse zur Ausbildung überwiesen. Dort hat er sich mit allen
Dienstzweigen und namentlich mit den Geschäften und Pflichten eines Amts¬
vorstehers vertraut zu machen. Zunächst hat er sich die notwendigen tele¬
graphendienstlichen Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen. Hierzu gehört die
Fertigkeit, Telegramme auf dem Morseapparat abzugeben und anzunehmen,
sowie die allgemeine Kenntnis der Telegraphentechnik. Die Vorprüfung über
diese Gegenstände legt der Offizier meist in den ersten Monaten seiner Be¬
schäftigung im Post- und Telegraphendienste ab. Die eigentliche Prüfung, in
der die Befähigung zur selbständigen Verwaltung eines Postamts nachzuweisen
ist, findet gewöhnlich am Ende des Ausbildungsjahres statt. Diese Prüfung
ist am Sitze der zuständigen Oberpostdirektion abzulegen und besteht in der
Beantwortung von fünfzig beim Neichspostamte formulirten Fragen aus allen
Gebieten des Postdienstes. Diese Fragen hat der Prüfung schriftlich unter
Klausur zu beantworten, ohne jedoch dabei an eine bestimmte Erledigungsfrist
gebunden zu sein. Die Entscheidung über den Ausfall der Prüfung hat das
Neichspostamt. Nach bestandner Prüfung wird der Bewerber, sobald ein
Offizierspostamt seiner Militärcharge*) frei wird, und wenn nicht ältere Be¬
werber vorhanden sind, probeweise zur Verwaltung eines Postamts einberufen.
Als Postdirektor wird er dann meist nach einem Jahre bestätigt.

Wenn nun auch eine solche abgekürzte Ausbildung vielleicht vor vierzig
Jahren einen verabschiedeten Offizier zum Vorsteher eines müßig großen Post¬
amts einigermaßen befähigte, so muß sie doch bei den verwickelten Verhältnissen
und den vielseitigen Pflichten, denen heute ein Postdirektor gerecht werden
muß, schlechterdings für ungenügend gelten. Es geht das deutlich aus den
Anforderungen hervor, die die PostVerwaltung an die Ausbildung der Zivil¬
postdirektoren stellt.

Diese Beamten treten mit dem Reifezeugnis eines Gymnasiums oder
Realgymnasiums als Posteleven ein und werden erst nach drei Dienstjahren,
in denen sie sür alle Zweige des Post- und Telegraphendienstes theoretisch
und praktisch gründlich ausgebildet worden sind, zur ersten Prüfung, der



") Von den IM Offizierspostämtern sind l> für frühere Stabsoffiziere, 43 für Hauptleute
und Rittmeister erster Klasse, S0 für Hauptleute und Rittmeister zweiter Klasse und 34 für
Leutnants bestimmt.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/132>, abgerufen am 07.01.2025.