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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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Endlich den Beruf gefunden

und da der Herr von Korn jeden Portonickel gewissenhaft ersetzte, man daher
auch die Einsendung kurzer Notizen von wenigen Zeilen nicht zu scheuen
brauchte, so läpperte es sich zusammen und brachte mir durchschnittlich 400 Mark
im Jahr.*) Andre Beiträge hat die Schlesische Zeitung, die fünfzehn Jahre
vorher meine ersten Versuche veröffentlicht hatte, nicht mehr angenommen.
Im Wonnemond meiner Bismarckliebe hat mich einmal ein Herr, der mir
wohlwollte, mit der Bemerkung, ich schriebe doch gar nicht übel, Herrn Blanken-
burg empfohlen; der aber, vorsichtiger als später Grunow, erwiderte: Das
schon, aber er schlägt aus. Ferner gereichte es zu meinem Glück, daß ein sehr
tüchtiger Artillerieoffizier, mit dem ich oberflächlich bekannt geworden war, aus
Gründen, die ihm nicht zur Unehre gereichen, in Ruhestand zu treten genötigt
wurde. Er mußte eine Redaktionsstelle beim Berliner Tageblatt annehmen,
bis er in glänzenden Aufträgen eines Großindustriellen eine seiner gesellschaft¬
lichen Stellung und seinen Fachkenntuissen angemessene Verwendung fand.
An ihn wandte ich mich, und er war fo gütig, Herrn Arthur Levysohn für
mich zu interessiren. So konnte ich eine Anzahl Leitartikel liefern und einige
mit meinem Namen unterzeichnete Artikel für die MontagSbeilagc "Zeitgeist."
Dadurch hat mich Herr Theophil Zolling, Paul Lindaus Nachfolger, kennen
gelernt, und auf meine Anfrage antwortete er, daß ihm Beiträge für die
"Gegenwart" willkommen seien. Einen historischen Artikel, dessen Gegenstand
so weit in der Vergangenheit zurücklag, daß er für die "Gegenwart" nicht
recht paßte, empfahl mir Zolling an den Professor Zwiedincck-Südenhorst zu
schicken, und dieser nahm ihn in seine Zeitschrift für Geschichte und Politik gern
auf. Ich lieferte dieser Zeitschrift außerdem noch zwei größere und zwei kleine
Beiträge. Ein dritter größerer Beitrag über den Römerzug des Luxemburger
Heinrichs kam mit der Trauerbotschaft zurück, daß nach des Baron von Cotta
Tode die Nachfolger beschlossen hätten, die Zeitschrift mit dem 1. Januar 1889
eingehen zu lassen. Vorher hatte mir die Verbindung mit Cotta einen Auf¬
trag der Firma Kröner eingebracht: die Übersetzung eines englischen Reise¬
handbuchs. Sie mußte in drei Wochen fertig gemacht werden, und so verdiente
ich in drei Wochen 270 Mark, was mir noch niemals im Leben widerfahren
war; freilich hatte ich täglich von morgens vier Uhr bis abends neun Uhr zu
arbeiten, was ich kein zweites mal wagen möchte. Die Reißer Presse machte
ich in diesen drei Wochen mit der Schere, wie ich meinem Publikum vorher
pflichtmüßig angekündigt hatte. So fand sich eins nach dem andern. Auch noch
mit mehreren andern Zeitungen und Zeitschriften gelang es mir, teils vorüber¬
gehende, teils dauernde Verbindungen anzuknüpfen. Schließlich wurde Herr



Wenn ich die Berichterstattung nicht ein paar Jahr später aufgegeben Hütte, mürbe sie
aufgehört haben lohnend zu sein, da die Reißer Zeitung jetzt täglich erscheint und dieser das
Erforderliche entnommen werden kann. Derselbe Umstand hat überall die Berichterstattung aus
der Provinz zu einem schlechten Geschäft gemacht.
Endlich den Beruf gefunden

und da der Herr von Korn jeden Portonickel gewissenhaft ersetzte, man daher
auch die Einsendung kurzer Notizen von wenigen Zeilen nicht zu scheuen
brauchte, so läpperte es sich zusammen und brachte mir durchschnittlich 400 Mark
im Jahr.*) Andre Beiträge hat die Schlesische Zeitung, die fünfzehn Jahre
vorher meine ersten Versuche veröffentlicht hatte, nicht mehr angenommen.
Im Wonnemond meiner Bismarckliebe hat mich einmal ein Herr, der mir
wohlwollte, mit der Bemerkung, ich schriebe doch gar nicht übel, Herrn Blanken-
burg empfohlen; der aber, vorsichtiger als später Grunow, erwiderte: Das
schon, aber er schlägt aus. Ferner gereichte es zu meinem Glück, daß ein sehr
tüchtiger Artillerieoffizier, mit dem ich oberflächlich bekannt geworden war, aus
Gründen, die ihm nicht zur Unehre gereichen, in Ruhestand zu treten genötigt
wurde. Er mußte eine Redaktionsstelle beim Berliner Tageblatt annehmen,
bis er in glänzenden Aufträgen eines Großindustriellen eine seiner gesellschaft¬
lichen Stellung und seinen Fachkenntuissen angemessene Verwendung fand.
An ihn wandte ich mich, und er war fo gütig, Herrn Arthur Levysohn für
mich zu interessiren. So konnte ich eine Anzahl Leitartikel liefern und einige
mit meinem Namen unterzeichnete Artikel für die MontagSbeilagc „Zeitgeist."
Dadurch hat mich Herr Theophil Zolling, Paul Lindaus Nachfolger, kennen
gelernt, und auf meine Anfrage antwortete er, daß ihm Beiträge für die
„Gegenwart" willkommen seien. Einen historischen Artikel, dessen Gegenstand
so weit in der Vergangenheit zurücklag, daß er für die „Gegenwart" nicht
recht paßte, empfahl mir Zolling an den Professor Zwiedincck-Südenhorst zu
schicken, und dieser nahm ihn in seine Zeitschrift für Geschichte und Politik gern
auf. Ich lieferte dieser Zeitschrift außerdem noch zwei größere und zwei kleine
Beiträge. Ein dritter größerer Beitrag über den Römerzug des Luxemburger
Heinrichs kam mit der Trauerbotschaft zurück, daß nach des Baron von Cotta
Tode die Nachfolger beschlossen hätten, die Zeitschrift mit dem 1. Januar 1889
eingehen zu lassen. Vorher hatte mir die Verbindung mit Cotta einen Auf¬
trag der Firma Kröner eingebracht: die Übersetzung eines englischen Reise¬
handbuchs. Sie mußte in drei Wochen fertig gemacht werden, und so verdiente
ich in drei Wochen 270 Mark, was mir noch niemals im Leben widerfahren
war; freilich hatte ich täglich von morgens vier Uhr bis abends neun Uhr zu
arbeiten, was ich kein zweites mal wagen möchte. Die Reißer Presse machte
ich in diesen drei Wochen mit der Schere, wie ich meinem Publikum vorher
pflichtmüßig angekündigt hatte. So fand sich eins nach dem andern. Auch noch
mit mehreren andern Zeitungen und Zeitschriften gelang es mir, teils vorüber¬
gehende, teils dauernde Verbindungen anzuknüpfen. Schließlich wurde Herr



Wenn ich die Berichterstattung nicht ein paar Jahr später aufgegeben Hütte, mürbe sie
aufgehört haben lohnend zu sein, da die Reißer Zeitung jetzt täglich erscheint und dieser das
Erforderliche entnommen werden kann. Derselbe Umstand hat überall die Berichterstattung aus
der Provinz zu einem schlechten Geschäft gemacht.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/574>, abgerufen am 26.06.2024.