Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.Bnchenbergers Agrarpolitik Skala" will Buchenberger nichts wissen. Nach den seinerzeit in Frankreich mit Im weitern geht Buchenberger auf den "heftigen Vorwurf" ein, der von Bnchenbergers Agrarpolitik Skala" will Buchenberger nichts wissen. Nach den seinerzeit in Frankreich mit Im weitern geht Buchenberger auf den „heftigen Vorwurf" ein, der von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0568" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226798"/> <fw type="header" place="top"> Bnchenbergers Agrarpolitik</fw><lb/> <p xml:id="ID_1383" prev="#ID_1382"> Skala" will Buchenberger nichts wissen. Nach den seinerzeit in Frankreich mit<lb/> ihr gemachten Erfahrungen habe sie sich als ganz ungeeignet erwiesen, eiuen<lb/> mittlern Preisstand des Getreides herbeizuführen; die Jmportspekulation, zu<lb/> der sie geführt habe, habe im Gegenteil zu besonders starken Preis¬<lb/> schwankungen Veranlassung gegeben. Auch wer eine sehr viel kräftigere Zurück¬<lb/> weisung der agrarischen „Übergriffe" von der Regierung verlangt als bisher,<lb/> würde es durchaus begreiflich und zulässig finden können, wenn die Negierung<lb/> sich bei der gegenwärtigen wirtschaftspolitischen Gesamtlage und der Lage des<lb/> landwirtschaftlichen Grundbesitzes im besondern auf diesen von Buchenberger<lb/> formulirten Standpunkt zur Getreide- und Mehlzollfrage stellen wollte, und<lb/> weder die bekannten ältern Erklärungen des Grafen von Posadowsky darüber<lb/> noch die ganz kürzlich von ihm im Reichstag abgegebnen deuten vorläufig<lb/> darauf hin, daß die Negierung diesen Standpunkt nicht teile. Umso mehr hat es<lb/> Interesse, daß die konservative Presse, nicht etwa nur die extrem agrarische, die<lb/> Buchenbergerschen Ausführungen stark angefochten hat. Was man im extrem<lb/> agrarischen Lager, und das ist die Mehrheit des konservativen, will, geht eben<lb/> weit über das von Buchenberger als zulässig bezeichnete Maß hinaus und<lb/> wird sich von prohibitiven Getreidezvllen unterscheiden wie ein El vom andern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1384" next="#ID_1385"> Im weitern geht Buchenberger auf den „heftigen Vorwurf" ein, der von<lb/> den Landwirten der Negierung daraus gemacht wird: „1. daß in den anfang<lb/> der neunziger Jahre abgeschlossenen Handelsverträgen die Getreidezölle eine<lb/> Ermäßung erfahren haben (z. B. bei Weizen und Roggen von 5 auf 3,50 Mark);<lb/> 2. daß infolge dieser Handclsvertragspolitik die Getreidezölle für lange Zeit,<lb/> d. h. bis 1903 festgelegt worden sind, in der Zwischenzeit also ihre Erhöhung<lb/> ausgeschlossen erscheint." Dieser Vorwurf wird mit folgender Begründung<lb/> zurückgewiesen: Erstens sei allerdings bald uach Abschluß der Handelsverträge<lb/> der Preis zurückgegangen, aber um 90 Mark für die Tonne Weizen und<lb/> Roggen, während die Zollermäßiguug nur 15 Mark betragen habe, sodaß<lb/> man für den Preisrückgang an sich doch die Handelsverträge nicht verant¬<lb/> wortlich machen könne; zweitens habe die im Jahre 1887 erfolgte Erhöhung<lb/> des Zolls von 3 auf 5 Mark ihre Entstehung „nicht sowohl einem damals<lb/> in erhöhtem Maße zu Tage getretner Schutzbedürfnis verdankt, als vielmehr<lb/> dem handelspolitischen Bedürfnis, sich beim Abschluß neuer Handelsverträge<lb/> im Besitz eines ausreichenden Kompensationsobjekts zur Herbeiführung handels¬<lb/> politischer Zugeständnisse fremder Staaten zu befinden." Wenn daher in dem<lb/> ersten, mit Österreich-Ungarn abgeschlossenen Zoll- und Handelsvertrage deutscher¬<lb/> seits das Zugeständnis der Herabsetzung des Zolls von 5 auf 3,50 Mark<lb/> gemacht worden sei, so könne man nicht behaupten, daß die deutsche Land¬<lb/> wirtschaft die Kosten dieses Vertrags bezahlt habe. Der jetzige Zoll sei immer<lb/> noch um 50 Pfennige höher als der 1885 beschlossene, und Zweifel darüber,<lb/> ob sich ein Zoll von 5 Mark in Deutschland längere Zeit aufrecht erhalten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0568]
Bnchenbergers Agrarpolitik
Skala" will Buchenberger nichts wissen. Nach den seinerzeit in Frankreich mit
ihr gemachten Erfahrungen habe sie sich als ganz ungeeignet erwiesen, eiuen
mittlern Preisstand des Getreides herbeizuführen; die Jmportspekulation, zu
der sie geführt habe, habe im Gegenteil zu besonders starken Preis¬
schwankungen Veranlassung gegeben. Auch wer eine sehr viel kräftigere Zurück¬
weisung der agrarischen „Übergriffe" von der Regierung verlangt als bisher,
würde es durchaus begreiflich und zulässig finden können, wenn die Negierung
sich bei der gegenwärtigen wirtschaftspolitischen Gesamtlage und der Lage des
landwirtschaftlichen Grundbesitzes im besondern auf diesen von Buchenberger
formulirten Standpunkt zur Getreide- und Mehlzollfrage stellen wollte, und
weder die bekannten ältern Erklärungen des Grafen von Posadowsky darüber
noch die ganz kürzlich von ihm im Reichstag abgegebnen deuten vorläufig
darauf hin, daß die Negierung diesen Standpunkt nicht teile. Umso mehr hat es
Interesse, daß die konservative Presse, nicht etwa nur die extrem agrarische, die
Buchenbergerschen Ausführungen stark angefochten hat. Was man im extrem
agrarischen Lager, und das ist die Mehrheit des konservativen, will, geht eben
weit über das von Buchenberger als zulässig bezeichnete Maß hinaus und
wird sich von prohibitiven Getreidezvllen unterscheiden wie ein El vom andern.
Im weitern geht Buchenberger auf den „heftigen Vorwurf" ein, der von
den Landwirten der Negierung daraus gemacht wird: „1. daß in den anfang
der neunziger Jahre abgeschlossenen Handelsverträgen die Getreidezölle eine
Ermäßung erfahren haben (z. B. bei Weizen und Roggen von 5 auf 3,50 Mark);
2. daß infolge dieser Handclsvertragspolitik die Getreidezölle für lange Zeit,
d. h. bis 1903 festgelegt worden sind, in der Zwischenzeit also ihre Erhöhung
ausgeschlossen erscheint." Dieser Vorwurf wird mit folgender Begründung
zurückgewiesen: Erstens sei allerdings bald uach Abschluß der Handelsverträge
der Preis zurückgegangen, aber um 90 Mark für die Tonne Weizen und
Roggen, während die Zollermäßiguug nur 15 Mark betragen habe, sodaß
man für den Preisrückgang an sich doch die Handelsverträge nicht verant¬
wortlich machen könne; zweitens habe die im Jahre 1887 erfolgte Erhöhung
des Zolls von 3 auf 5 Mark ihre Entstehung „nicht sowohl einem damals
in erhöhtem Maße zu Tage getretner Schutzbedürfnis verdankt, als vielmehr
dem handelspolitischen Bedürfnis, sich beim Abschluß neuer Handelsverträge
im Besitz eines ausreichenden Kompensationsobjekts zur Herbeiführung handels¬
politischer Zugeständnisse fremder Staaten zu befinden." Wenn daher in dem
ersten, mit Österreich-Ungarn abgeschlossenen Zoll- und Handelsvertrage deutscher¬
seits das Zugeständnis der Herabsetzung des Zolls von 5 auf 3,50 Mark
gemacht worden sei, so könne man nicht behaupten, daß die deutsche Land¬
wirtschaft die Kosten dieses Vertrags bezahlt habe. Der jetzige Zoll sei immer
noch um 50 Pfennige höher als der 1885 beschlossene, und Zweifel darüber,
ob sich ein Zoll von 5 Mark in Deutschland längere Zeit aufrecht erhalten
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