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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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D. N.
Buchenbergers Agrarpolitik

meer den Schwierigkeiten, die der Negierung bei der Verfolgung
der weitausschauenden, gewissenhaften und energischen Politik des
Kaisers auf Schritt und Tritt hemmend entgegentreten und sie
alle möglichen Rücksichten zu nehmen zwingen, spielt heute un¬
zweifelhaft die agrarische Bewegung eine große Rolle. Wenn die
mehr oder weniger radikal von ihr beherrschten weiten und einflußreichen
konservativen Kreise im Reiche vom Staate Unmögliches für die Landwirte
fordern und von der Erfüllung des Unmöglichen immer wieder die Unterstützung
der kaiserlichen Politik abhängig machen, so führt das notwendig zur Stärkung
der Einflüsse und Strömungen im Volke, die grundsätzlich mit einer gedeih¬
lichen Reichspolitik im Widerspruch stehen und leider in erschreckendem Maße
ihres Anhangs sicher sind. Die auf dem Lande im allgemeinen noch weit
verbreitete politische Harmlosigkeit und Kurzsichtigkeit macht es, daß die Masse
der deutschen Landwirte dabei ganz verkennt, was sie damit anrichtet. Sie
macht sie zur blinden Gefolgschaft einiger dem wirtschaftlichen Druck der Zeit
entnommnen Programmsätze, zeitigt übertriebne Vorstellungen von der Macht
des Staats, ihnen zu helfen, und erbittert sie über den angeblich bösen Willen
der Negierung, die ihnen trotz dieser Macht nicht hilft. Es ist angesichts
dieser betrübenden Erscheinung ein gar nicht genug anzuerkennendes Verdienst
des bekannten Agrarpolitikers I)r. A. Buchenberger, des Präsidenten des
Großherzoglich badischen Finanzministeriums, daß er sich in einem vor einiger
Zeit bei Pares in Berlin erschienenen Buche: "Grundzüge der deutschen
Agrarpolitik unter besondrer Würdigung der kleinen und großen Mittel"
der Mühe unterzogen hat, das Unverständige dieses Verhaltens nach¬
zuweisen. Aus jeder Zeile springt das lebhafte Wohlwollen des Verfassers
für den Stand und das Gewerbe der Landwirte in die Augen, zum Teil bis


Grenzbotei, IV 1897 ?g



D. N.
Buchenbergers Agrarpolitik

meer den Schwierigkeiten, die der Negierung bei der Verfolgung
der weitausschauenden, gewissenhaften und energischen Politik des
Kaisers auf Schritt und Tritt hemmend entgegentreten und sie
alle möglichen Rücksichten zu nehmen zwingen, spielt heute un¬
zweifelhaft die agrarische Bewegung eine große Rolle. Wenn die
mehr oder weniger radikal von ihr beherrschten weiten und einflußreichen
konservativen Kreise im Reiche vom Staate Unmögliches für die Landwirte
fordern und von der Erfüllung des Unmöglichen immer wieder die Unterstützung
der kaiserlichen Politik abhängig machen, so führt das notwendig zur Stärkung
der Einflüsse und Strömungen im Volke, die grundsätzlich mit einer gedeih¬
lichen Reichspolitik im Widerspruch stehen und leider in erschreckendem Maße
ihres Anhangs sicher sind. Die auf dem Lande im allgemeinen noch weit
verbreitete politische Harmlosigkeit und Kurzsichtigkeit macht es, daß die Masse
der deutschen Landwirte dabei ganz verkennt, was sie damit anrichtet. Sie
macht sie zur blinden Gefolgschaft einiger dem wirtschaftlichen Druck der Zeit
entnommnen Programmsätze, zeitigt übertriebne Vorstellungen von der Macht
des Staats, ihnen zu helfen, und erbittert sie über den angeblich bösen Willen
der Negierung, die ihnen trotz dieser Macht nicht hilft. Es ist angesichts
dieser betrübenden Erscheinung ein gar nicht genug anzuerkennendes Verdienst
des bekannten Agrarpolitikers I)r. A. Buchenberger, des Präsidenten des
Großherzoglich badischen Finanzministeriums, daß er sich in einem vor einiger
Zeit bei Pares in Berlin erschienenen Buche: „Grundzüge der deutschen
Agrarpolitik unter besondrer Würdigung der kleinen und großen Mittel"
der Mühe unterzogen hat, das Unverständige dieses Verhaltens nach¬
zuweisen. Aus jeder Zeile springt das lebhafte Wohlwollen des Verfassers
für den Stand und das Gewerbe der Landwirte in die Augen, zum Teil bis


Grenzbotei, IV 1897 ?g
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[0563] [Abbildung] D. N. Buchenbergers Agrarpolitik meer den Schwierigkeiten, die der Negierung bei der Verfolgung der weitausschauenden, gewissenhaften und energischen Politik des Kaisers auf Schritt und Tritt hemmend entgegentreten und sie alle möglichen Rücksichten zu nehmen zwingen, spielt heute un¬ zweifelhaft die agrarische Bewegung eine große Rolle. Wenn die mehr oder weniger radikal von ihr beherrschten weiten und einflußreichen konservativen Kreise im Reiche vom Staate Unmögliches für die Landwirte fordern und von der Erfüllung des Unmöglichen immer wieder die Unterstützung der kaiserlichen Politik abhängig machen, so führt das notwendig zur Stärkung der Einflüsse und Strömungen im Volke, die grundsätzlich mit einer gedeih¬ lichen Reichspolitik im Widerspruch stehen und leider in erschreckendem Maße ihres Anhangs sicher sind. Die auf dem Lande im allgemeinen noch weit verbreitete politische Harmlosigkeit und Kurzsichtigkeit macht es, daß die Masse der deutschen Landwirte dabei ganz verkennt, was sie damit anrichtet. Sie macht sie zur blinden Gefolgschaft einiger dem wirtschaftlichen Druck der Zeit entnommnen Programmsätze, zeitigt übertriebne Vorstellungen von der Macht des Staats, ihnen zu helfen, und erbittert sie über den angeblich bösen Willen der Negierung, die ihnen trotz dieser Macht nicht hilft. Es ist angesichts dieser betrübenden Erscheinung ein gar nicht genug anzuerkennendes Verdienst des bekannten Agrarpolitikers I)r. A. Buchenberger, des Präsidenten des Großherzoglich badischen Finanzministeriums, daß er sich in einem vor einiger Zeit bei Pares in Berlin erschienenen Buche: „Grundzüge der deutschen Agrarpolitik unter besondrer Würdigung der kleinen und großen Mittel" der Mühe unterzogen hat, das Unverständige dieses Verhaltens nach¬ zuweisen. Aus jeder Zeile springt das lebhafte Wohlwollen des Verfassers für den Stand und das Gewerbe der Landwirte in die Augen, zum Teil bis Grenzbotei, IV 1897 ?g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/563>, abgerufen am 26.06.2024.