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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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Litteratur

worden zu sein scheinen. Ein Abreißkalender des Bibliographischen Instituts, der
außer den täglichen Verlagsankündignngen geradezu Unglaubliches an Stoff enthält:
über sechshundert Landschafts-, Städte- und Architekturbilder, Porträts, Autographen,
Münzen, Wappen und andre kuriose Dinge, und zwar alle gut, dazu so viele
Notizen wie ein ganzes Konversationslexikon; daneben ein andrer, der die Gestalt
unsrer künftigen Heimat, Afrikas, hat, aber nicht schwarz ist, sondern in hoffnungs¬
vollen Grün Prange, und 3ö5 zur Auswanderung reizende Bilder enthält, von
Fritz Hessemer herausgegeben. Beide werden das Entzücken unsrer Schüler sein.
Und ebenso oder noch mehr werden es solche Postkarten sein, wie die von Meißner
und Buch natürlich meisterhaft gedruckten zwölf "Künstlerpvstkarten" mit "Unsrer
Kriegsflotte" vou Haus Bohrdt, oder die zierlichen Schwarzwald- und Bvdensee-
ansichten vou Herwig in Gvppingen, mit denen die Hasemcmnschen von Elchlepp
in Freiburg in einer andern Manier hergestellten mit schwnrzwnlder und reichs-
ländischen Bildern und Typen geschmückten rivalisiren. Zu den schönsten gehören
die von Max Seeger in Stuttgart gedruckten Artillerie-, Kavallerie- und Infanterie-
Postkarten, alle kleine Kunstwerke, denen die lustigen aus deu Alpen und die ganz
besonders hübschen mit Schwarzwaldtrachten desselben Verlegers würdig zur Seite
stehen. Der ganze Sport mag einem noch so wunderlich erscheinen, an diesen
Sächelchen muß man sich freuen.

Das sind natürlich nur ein paar Exempla aus der Rieseuprvduktiuu von
bunten und mit Flimmer bestreuten Postkarten, die die letzten zwölf Monate gezeitigt
haben. Jedermann kennt aus den Schaufenstern die Legion dieser sich drängenden
und überbietendem Erzeugnisse der neuesten Kleinkunst, zu der Leute wie Bormnnn
ihren Witz und die besten Künstler wie Thnmann ihre Farben und die Bühnen¬
größen ihre Gesichter steuern. Dem Aufschwung dieser immer glänzender werdenden
Produktion, für die längst keine der schon in Menge erschienenen Sammelmappen
mehr ausreicht, ist wahrscheinlich nichts in der Weltgeschichte gleichzusetzen. Es
beschleicht einen nur ein Jammer, wenn man sie betrachtet: wenn der Auf¬
wand für diese Fünf- und Zehnpfennigkarten und für die in diesem Jahre darauf
geklebten Fünfpfennigmarken alle Jahre für die Flotte gesteuert würde, so hätten
wir bald mehr Schiffe als Altengland. Aber bunte Postkarten find freilich etwas
ganz andres als uferlose Flvttenpläne! Dn stolzes Deutschland, freu dich dran!




Für die liebe Jngend hat sich auch wieder H- Brandstädter mit einem Bande
eingefunden: Friedel findet eine Heimat, "eine Erzählung für jung und alt,
zum Weinen, zum Lachen und -- zum Nachdenken" (Düsseldorf, August Bagel).
Die Art Braudstädters ist aus seineu frühern Büchern (Erichs Ferien usw.) be¬
kannt; es ist gesunde, freundliche und anregende Lektüre.







Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Will). Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Litteratur

worden zu sein scheinen. Ein Abreißkalender des Bibliographischen Instituts, der
außer den täglichen Verlagsankündignngen geradezu Unglaubliches an Stoff enthält:
über sechshundert Landschafts-, Städte- und Architekturbilder, Porträts, Autographen,
Münzen, Wappen und andre kuriose Dinge, und zwar alle gut, dazu so viele
Notizen wie ein ganzes Konversationslexikon; daneben ein andrer, der die Gestalt
unsrer künftigen Heimat, Afrikas, hat, aber nicht schwarz ist, sondern in hoffnungs¬
vollen Grün Prange, und 3ö5 zur Auswanderung reizende Bilder enthält, von
Fritz Hessemer herausgegeben. Beide werden das Entzücken unsrer Schüler sein.
Und ebenso oder noch mehr werden es solche Postkarten sein, wie die von Meißner
und Buch natürlich meisterhaft gedruckten zwölf „Künstlerpvstkarten" mit „Unsrer
Kriegsflotte" vou Haus Bohrdt, oder die zierlichen Schwarzwald- und Bvdensee-
ansichten vou Herwig in Gvppingen, mit denen die Hasemcmnschen von Elchlepp
in Freiburg in einer andern Manier hergestellten mit schwnrzwnlder und reichs-
ländischen Bildern und Typen geschmückten rivalisiren. Zu den schönsten gehören
die von Max Seeger in Stuttgart gedruckten Artillerie-, Kavallerie- und Infanterie-
Postkarten, alle kleine Kunstwerke, denen die lustigen aus deu Alpen und die ganz
besonders hübschen mit Schwarzwaldtrachten desselben Verlegers würdig zur Seite
stehen. Der ganze Sport mag einem noch so wunderlich erscheinen, an diesen
Sächelchen muß man sich freuen.

Das sind natürlich nur ein paar Exempla aus der Rieseuprvduktiuu von
bunten und mit Flimmer bestreuten Postkarten, die die letzten zwölf Monate gezeitigt
haben. Jedermann kennt aus den Schaufenstern die Legion dieser sich drängenden
und überbietendem Erzeugnisse der neuesten Kleinkunst, zu der Leute wie Bormnnn
ihren Witz und die besten Künstler wie Thnmann ihre Farben und die Bühnen¬
größen ihre Gesichter steuern. Dem Aufschwung dieser immer glänzender werdenden
Produktion, für die längst keine der schon in Menge erschienenen Sammelmappen
mehr ausreicht, ist wahrscheinlich nichts in der Weltgeschichte gleichzusetzen. Es
beschleicht einen nur ein Jammer, wenn man sie betrachtet: wenn der Auf¬
wand für diese Fünf- und Zehnpfennigkarten und für die in diesem Jahre darauf
geklebten Fünfpfennigmarken alle Jahre für die Flotte gesteuert würde, so hätten
wir bald mehr Schiffe als Altengland. Aber bunte Postkarten find freilich etwas
ganz andres als uferlose Flvttenpläne! Dn stolzes Deutschland, freu dich dran!




Für die liebe Jngend hat sich auch wieder H- Brandstädter mit einem Bande
eingefunden: Friedel findet eine Heimat, „eine Erzählung für jung und alt,
zum Weinen, zum Lachen und — zum Nachdenken" (Düsseldorf, August Bagel).
Die Art Braudstädters ist aus seineu frühern Büchern (Erichs Ferien usw.) be¬
kannt; es ist gesunde, freundliche und anregende Lektüre.







Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Will). Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0562] Litteratur worden zu sein scheinen. Ein Abreißkalender des Bibliographischen Instituts, der außer den täglichen Verlagsankündignngen geradezu Unglaubliches an Stoff enthält: über sechshundert Landschafts-, Städte- und Architekturbilder, Porträts, Autographen, Münzen, Wappen und andre kuriose Dinge, und zwar alle gut, dazu so viele Notizen wie ein ganzes Konversationslexikon; daneben ein andrer, der die Gestalt unsrer künftigen Heimat, Afrikas, hat, aber nicht schwarz ist, sondern in hoffnungs¬ vollen Grün Prange, und 3ö5 zur Auswanderung reizende Bilder enthält, von Fritz Hessemer herausgegeben. Beide werden das Entzücken unsrer Schüler sein. Und ebenso oder noch mehr werden es solche Postkarten sein, wie die von Meißner und Buch natürlich meisterhaft gedruckten zwölf „Künstlerpvstkarten" mit „Unsrer Kriegsflotte" vou Haus Bohrdt, oder die zierlichen Schwarzwald- und Bvdensee- ansichten vou Herwig in Gvppingen, mit denen die Hasemcmnschen von Elchlepp in Freiburg in einer andern Manier hergestellten mit schwnrzwnlder und reichs- ländischen Bildern und Typen geschmückten rivalisiren. Zu den schönsten gehören die von Max Seeger in Stuttgart gedruckten Artillerie-, Kavallerie- und Infanterie- Postkarten, alle kleine Kunstwerke, denen die lustigen aus deu Alpen und die ganz besonders hübschen mit Schwarzwaldtrachten desselben Verlegers würdig zur Seite stehen. Der ganze Sport mag einem noch so wunderlich erscheinen, an diesen Sächelchen muß man sich freuen. Das sind natürlich nur ein paar Exempla aus der Rieseuprvduktiuu von bunten und mit Flimmer bestreuten Postkarten, die die letzten zwölf Monate gezeitigt haben. Jedermann kennt aus den Schaufenstern die Legion dieser sich drängenden und überbietendem Erzeugnisse der neuesten Kleinkunst, zu der Leute wie Bormnnn ihren Witz und die besten Künstler wie Thnmann ihre Farben und die Bühnen¬ größen ihre Gesichter steuern. Dem Aufschwung dieser immer glänzender werdenden Produktion, für die längst keine der schon in Menge erschienenen Sammelmappen mehr ausreicht, ist wahrscheinlich nichts in der Weltgeschichte gleichzusetzen. Es beschleicht einen nur ein Jammer, wenn man sie betrachtet: wenn der Auf¬ wand für diese Fünf- und Zehnpfennigkarten und für die in diesem Jahre darauf geklebten Fünfpfennigmarken alle Jahre für die Flotte gesteuert würde, so hätten wir bald mehr Schiffe als Altengland. Aber bunte Postkarten find freilich etwas ganz andres als uferlose Flvttenpläne! Dn stolzes Deutschland, freu dich dran! Für die liebe Jngend hat sich auch wieder H- Brandstädter mit einem Bande eingefunden: Friedel findet eine Heimat, „eine Erzählung für jung und alt, zum Weinen, zum Lachen und — zum Nachdenken" (Düsseldorf, August Bagel). Die Art Braudstädters ist aus seineu frühern Büchern (Erichs Ferien usw.) be¬ kannt; es ist gesunde, freundliche und anregende Lektüre. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Will). Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/562>, abgerufen am 26.06.2024.