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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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Anthropologische Fragen

Gestalt der Oberfläche des Landes im Verein nicht auch andre Eigentümlich¬
keiten erzeugen, die keine Krankheiten und Mißgestalten sind? In Nordamerika
werden die Menschen größer und schlanker, als ihre aus Europa eingewanderten
Eltern waren. Die auffallende Größe der Bewohner des Avehrondepartements
wird von französischen Forschern dem Umstände zugeschrieben, daß der kalk¬
haltige Boden die Knochenbildnng begünstige.") Bon der Einwirkung der
Sonnenstrahlen aus die Farbe haben wir vvrigesmal schon gesprochen. In
der unten genannten Schrift lesen wir: Ein Ncgerkncibe aus Bagirmi, den
Gerh. Rohlfs unes Deutschland gebracht hatte, veränderte dort nach zwei¬
jährigem Aufenthalt die Farbe von tiefem Schwarz in Helles Braun. Monrad
erzählt (Gemälde der Küste von Guinea), daß die länger in Guinea lebenden
Europäer fast kupferfarbig werden."") Langsdorf fand auf den Maraucsasinseln
Europäer, die nach wenigen Jahren fo dunkelfarbig geworden waren wie die
Eingebornen. Richardson berichtet: "Als ich nach Ghadmnes kam, hatte ich
rosige Farbe, jetzt bin ich geworden wie diese gelben Menschen." Ein britischer
Edelmann, Namens Maencighten, der lange Zeit im Dschungellande Indiens
nach Art der Eingebornen lebte, nahm sogar an den bekleideten Teilen des
Körpers den braunen Teint der Brahmanen an. R. Hartmann beobachtete
bei mehreren in Europa auferzognen Schwarzen ein allmähliches Lichterwerden
der Haut. Ein gleiches war bei jenem Papnamädchen Kcmdaze zu bemerken,
das der Missionar Hasselt nach Berlin brachte. Daß dunkelgefärbte Rassen
in Enropa bleichen,""") kann man also für ebenso erwiesen halten, wie den Satz
K. E. von Bars, daß starke Sonnenhitze die Haut bräune. Die Frage Birchows,
wie es wohl kommen möge, daß es im tropische" Amerika keine schwarzen
Menschen giebt, dürfte sich dahin beantworten lassen, daß hier der Einfluß
des Unterschieds zwischen stärkerer und schwächerer Sonnenwirkung durch einen
andern, ausgleichenden gekreuzt wird, der zur Zeit noch unbekannt ist und
entweder im Boden oder in einer ganz außergewöhnlichen Beharrlichkeit des
Rassentypus gesucht werdeu muß. Einflüsse des Bodens müssen es wohl sein,
die. nach Vogt, bewirken, daß in Amerika die Haare des Engländers straff,
die des Negers weniger wollig werden.





") Diese und die folgenden Angaben entnehmen wir der Schrift: Der Mensch, die
Krone der Schöpfung. Avr A. Jakob, k. Realschulrektor. Freiburg i. B., bei Herder,
lMv, Verlag und Tendenz verbieten ja, die Ansichten des Verfassers anzuführen, aber That¬
sachen und Zitate ans den Werken von der Wissenschaft anerkannter Autoren, die die Schrift
enthalt, zu benutzen, wird wohl erlaubt sein.
Etwas ähnliches kann man in Dnvvs beobachten.
'""
) Was die dunkle Hautfarbe der Hyperboreer anlangt, so besteht sie zum Teil aus
Schmutz, Ratzel ernährt I, 635 die Unreinlichkeit dieser Völker und sügt hinzu: "Man hat
sich gewohnt, mit diesem Faktor auch in den Urteilen über die Hautfarbe zu rechnen, seitdem
uns Middenoorff mitgeteilt hat, daß er eine Samojedin nicht mehr erkannte, nachdem sie sich
Ncwnschcn hatte."
Anthropologische Fragen

Gestalt der Oberfläche des Landes im Verein nicht auch andre Eigentümlich¬
keiten erzeugen, die keine Krankheiten und Mißgestalten sind? In Nordamerika
werden die Menschen größer und schlanker, als ihre aus Europa eingewanderten
Eltern waren. Die auffallende Größe der Bewohner des Avehrondepartements
wird von französischen Forschern dem Umstände zugeschrieben, daß der kalk¬
haltige Boden die Knochenbildnng begünstige.") Bon der Einwirkung der
Sonnenstrahlen aus die Farbe haben wir vvrigesmal schon gesprochen. In
der unten genannten Schrift lesen wir: Ein Ncgerkncibe aus Bagirmi, den
Gerh. Rohlfs unes Deutschland gebracht hatte, veränderte dort nach zwei¬
jährigem Aufenthalt die Farbe von tiefem Schwarz in Helles Braun. Monrad
erzählt (Gemälde der Küste von Guinea), daß die länger in Guinea lebenden
Europäer fast kupferfarbig werden."") Langsdorf fand auf den Maraucsasinseln
Europäer, die nach wenigen Jahren fo dunkelfarbig geworden waren wie die
Eingebornen. Richardson berichtet: „Als ich nach Ghadmnes kam, hatte ich
rosige Farbe, jetzt bin ich geworden wie diese gelben Menschen." Ein britischer
Edelmann, Namens Maencighten, der lange Zeit im Dschungellande Indiens
nach Art der Eingebornen lebte, nahm sogar an den bekleideten Teilen des
Körpers den braunen Teint der Brahmanen an. R. Hartmann beobachtete
bei mehreren in Europa auferzognen Schwarzen ein allmähliches Lichterwerden
der Haut. Ein gleiches war bei jenem Papnamädchen Kcmdaze zu bemerken,
das der Missionar Hasselt nach Berlin brachte. Daß dunkelgefärbte Rassen
in Enropa bleichen,""") kann man also für ebenso erwiesen halten, wie den Satz
K. E. von Bars, daß starke Sonnenhitze die Haut bräune. Die Frage Birchows,
wie es wohl kommen möge, daß es im tropische» Amerika keine schwarzen
Menschen giebt, dürfte sich dahin beantworten lassen, daß hier der Einfluß
des Unterschieds zwischen stärkerer und schwächerer Sonnenwirkung durch einen
andern, ausgleichenden gekreuzt wird, der zur Zeit noch unbekannt ist und
entweder im Boden oder in einer ganz außergewöhnlichen Beharrlichkeit des
Rassentypus gesucht werdeu muß. Einflüsse des Bodens müssen es wohl sein,
die. nach Vogt, bewirken, daß in Amerika die Haare des Engländers straff,
die des Negers weniger wollig werden.





") Diese und die folgenden Angaben entnehmen wir der Schrift: Der Mensch, die
Krone der Schöpfung. Avr A. Jakob, k. Realschulrektor. Freiburg i. B., bei Herder,
lMv, Verlag und Tendenz verbieten ja, die Ansichten des Verfassers anzuführen, aber That¬
sachen und Zitate ans den Werken von der Wissenschaft anerkannter Autoren, die die Schrift
enthalt, zu benutzen, wird wohl erlaubt sein.
Etwas ähnliches kann man in Dnvvs beobachten.
'""
) Was die dunkle Hautfarbe der Hyperboreer anlangt, so besteht sie zum Teil aus
Schmutz, Ratzel ernährt I, 635 die Unreinlichkeit dieser Völker und sügt hinzu: „Man hat
sich gewohnt, mit diesem Faktor auch in den Urteilen über die Hautfarbe zu rechnen, seitdem
uns Middenoorff mitgeteilt hat, daß er eine Samojedin nicht mehr erkannte, nachdem sie sich
Ncwnschcn hatte."
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[0487] Anthropologische Fragen Gestalt der Oberfläche des Landes im Verein nicht auch andre Eigentümlich¬ keiten erzeugen, die keine Krankheiten und Mißgestalten sind? In Nordamerika werden die Menschen größer und schlanker, als ihre aus Europa eingewanderten Eltern waren. Die auffallende Größe der Bewohner des Avehrondepartements wird von französischen Forschern dem Umstände zugeschrieben, daß der kalk¬ haltige Boden die Knochenbildnng begünstige.") Bon der Einwirkung der Sonnenstrahlen aus die Farbe haben wir vvrigesmal schon gesprochen. In der unten genannten Schrift lesen wir: Ein Ncgerkncibe aus Bagirmi, den Gerh. Rohlfs unes Deutschland gebracht hatte, veränderte dort nach zwei¬ jährigem Aufenthalt die Farbe von tiefem Schwarz in Helles Braun. Monrad erzählt (Gemälde der Küste von Guinea), daß die länger in Guinea lebenden Europäer fast kupferfarbig werden."") Langsdorf fand auf den Maraucsasinseln Europäer, die nach wenigen Jahren fo dunkelfarbig geworden waren wie die Eingebornen. Richardson berichtet: „Als ich nach Ghadmnes kam, hatte ich rosige Farbe, jetzt bin ich geworden wie diese gelben Menschen." Ein britischer Edelmann, Namens Maencighten, der lange Zeit im Dschungellande Indiens nach Art der Eingebornen lebte, nahm sogar an den bekleideten Teilen des Körpers den braunen Teint der Brahmanen an. R. Hartmann beobachtete bei mehreren in Europa auferzognen Schwarzen ein allmähliches Lichterwerden der Haut. Ein gleiches war bei jenem Papnamädchen Kcmdaze zu bemerken, das der Missionar Hasselt nach Berlin brachte. Daß dunkelgefärbte Rassen in Enropa bleichen,""") kann man also für ebenso erwiesen halten, wie den Satz K. E. von Bars, daß starke Sonnenhitze die Haut bräune. Die Frage Birchows, wie es wohl kommen möge, daß es im tropische» Amerika keine schwarzen Menschen giebt, dürfte sich dahin beantworten lassen, daß hier der Einfluß des Unterschieds zwischen stärkerer und schwächerer Sonnenwirkung durch einen andern, ausgleichenden gekreuzt wird, der zur Zeit noch unbekannt ist und entweder im Boden oder in einer ganz außergewöhnlichen Beharrlichkeit des Rassentypus gesucht werdeu muß. Einflüsse des Bodens müssen es wohl sein, die. nach Vogt, bewirken, daß in Amerika die Haare des Engländers straff, die des Negers weniger wollig werden. ") Diese und die folgenden Angaben entnehmen wir der Schrift: Der Mensch, die Krone der Schöpfung. Avr A. Jakob, k. Realschulrektor. Freiburg i. B., bei Herder, lMv, Verlag und Tendenz verbieten ja, die Ansichten des Verfassers anzuführen, aber That¬ sachen und Zitate ans den Werken von der Wissenschaft anerkannter Autoren, die die Schrift enthalt, zu benutzen, wird wohl erlaubt sein. Etwas ähnliches kann man in Dnvvs beobachten. '"" ) Was die dunkle Hautfarbe der Hyperboreer anlangt, so besteht sie zum Teil aus Schmutz, Ratzel ernährt I, 635 die Unreinlichkeit dieser Völker und sügt hinzu: „Man hat sich gewohnt, mit diesem Faktor auch in den Urteilen über die Hautfarbe zu rechnen, seitdem uns Middenoorff mitgeteilt hat, daß er eine Samojedin nicht mehr erkannte, nachdem sie sich Ncwnschcn hatte."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/487>, abgerufen am 26.06.2024.