Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Flottengesctz

Schlachtflotte nur sechs große und sechzehn kleine Kreuzer gerechnet sind, also
knapp 1'/-> Kreuzer auf jedes Linienschiff, während die Engländer und Fran¬
zosen jedem Linienschiff mindestens zwei Kreuzer beigeben. Zur Wahrnehmung
unsrer überseeischen Interessen sind nur die längst erwünschten Kreuzer für
Süd- und Mittelamerika neu ans die Liste gesetzt, sonst bleibt alles wie früher;
also auch hier ist Maß gehalten, mehr, als manchem Vertreter deutscher
Interessen im Auslande lieb sein wird.

Die §8 ^ bis 6 des Gesetzentwurfs behandeln noch die Judieusthaltungen
und den Personalbestand der Flotte. Sie sind lediglich logische Folgerungen
aus dem ersten Teile des Gesetzes, der vom Schiffsbestand handelt; denn um
die Kriegsbereitschaft der heimischen Schlachtflotte zu sichern, muß ein be¬
stimmter Teil von Linienschiffen ununterbrochen in Dienst sein. Was gefordert
wird, ist ebenfalls fehr bescheiden und weicht wenig von den jetzigen Jndienst-
lialtungen ab; denn der kluge Sinn und die kräftige Hand, die im ganzen
Gesetz zu erkennen sind, zeigen auch hier, daß man mit Geschick manches ein¬
facher gestalten kann, was bisher aus alten Anfängen entstanden und deshalb
wohl beibehalten war. Neu ist nämlich der Gedanke, die Aufgaben mehrerer
früheren Schulschiffe künftig solchen Kreuzern zu übergebe", die gleichzeitig den
Aufklüruugsgruppeu der Schlachtflotte angehören. Damit werden zwei Fliegen
mit einer Klappe geschlagen, es wird also viel Geld gespart; denn es handelt
sich um acht Schiffe, die dann überflüssig oder nicht besonders in Dienst
gestellt werden. Außerdem würde das Flottenflaggschiff später die Aufgaben
des Torpedvschulschiffs übernehmen, wodurch auch noch eine Judienst-
haltung gespart würde. Die Vermehrung der Kosten für die ganzen Jndienst-
haltungeu würde natürlich allmählich, von Jahr zu Jahr, vor sich gehen. Und
was die Persvnalsrage betrifft, so geht aus deu Zusammenstellungen und auch
aus dem großen Andrang Freiwilliger aller Art sür alle Zweige des Marine¬
personals zur Genüge hervor, daß diese Frage gar keine Schwierigkeiten be¬
reiten wird. Die Ansbildung des Personals wird aber erleichtert und ge¬
bessert, wenn man mehr Schiffe im Dienst hält.

Die Kosten für die Vermehrung des Marinehaushalts sind geradezu über¬
raschend klein; der höchste Jahresanschlag (für 1903/4) geht nicht weiter als
33,1 Millionen Mark über die diesjährigen Bewilligungen von 117,5 Millionen
hinaus. Was sind denn 33 Millionen Mark? 66 Pfennige auf den Kopf
der Bevölkerung! Es wäre ebenso kläglich wie lächerlich, wollte man über
einen so geringen Betrag feilschen und stöhnen von schweren Steuerkasten.
Jeder tüchtige Arbeiter verzehrt ja täglich mehr zum Frühstück, als auf
seinen Teil von den "Lasten" kommt. Wenns 100 Millionen wären, und
jedermann sähe die Gefahr der schwachen Flotte so deutlich, wie die Fachleute,
sie würden sofort bewilligt und ohne jeden Druck getragen werden.

Das Gesetz schafft klare Znstünde, deshalb ist es eine gute Grundlage


Das Flottengesctz

Schlachtflotte nur sechs große und sechzehn kleine Kreuzer gerechnet sind, also
knapp 1'/-> Kreuzer auf jedes Linienschiff, während die Engländer und Fran¬
zosen jedem Linienschiff mindestens zwei Kreuzer beigeben. Zur Wahrnehmung
unsrer überseeischen Interessen sind nur die längst erwünschten Kreuzer für
Süd- und Mittelamerika neu ans die Liste gesetzt, sonst bleibt alles wie früher;
also auch hier ist Maß gehalten, mehr, als manchem Vertreter deutscher
Interessen im Auslande lieb sein wird.

Die §8 ^ bis 6 des Gesetzentwurfs behandeln noch die Judieusthaltungen
und den Personalbestand der Flotte. Sie sind lediglich logische Folgerungen
aus dem ersten Teile des Gesetzes, der vom Schiffsbestand handelt; denn um
die Kriegsbereitschaft der heimischen Schlachtflotte zu sichern, muß ein be¬
stimmter Teil von Linienschiffen ununterbrochen in Dienst sein. Was gefordert
wird, ist ebenfalls fehr bescheiden und weicht wenig von den jetzigen Jndienst-
lialtungen ab; denn der kluge Sinn und die kräftige Hand, die im ganzen
Gesetz zu erkennen sind, zeigen auch hier, daß man mit Geschick manches ein¬
facher gestalten kann, was bisher aus alten Anfängen entstanden und deshalb
wohl beibehalten war. Neu ist nämlich der Gedanke, die Aufgaben mehrerer
früheren Schulschiffe künftig solchen Kreuzern zu übergebe», die gleichzeitig den
Aufklüruugsgruppeu der Schlachtflotte angehören. Damit werden zwei Fliegen
mit einer Klappe geschlagen, es wird also viel Geld gespart; denn es handelt
sich um acht Schiffe, die dann überflüssig oder nicht besonders in Dienst
gestellt werden. Außerdem würde das Flottenflaggschiff später die Aufgaben
des Torpedvschulschiffs übernehmen, wodurch auch noch eine Judienst-
haltung gespart würde. Die Vermehrung der Kosten für die ganzen Jndienst-
haltungeu würde natürlich allmählich, von Jahr zu Jahr, vor sich gehen. Und
was die Persvnalsrage betrifft, so geht aus deu Zusammenstellungen und auch
aus dem großen Andrang Freiwilliger aller Art sür alle Zweige des Marine¬
personals zur Genüge hervor, daß diese Frage gar keine Schwierigkeiten be¬
reiten wird. Die Ansbildung des Personals wird aber erleichtert und ge¬
bessert, wenn man mehr Schiffe im Dienst hält.

Die Kosten für die Vermehrung des Marinehaushalts sind geradezu über¬
raschend klein; der höchste Jahresanschlag (für 1903/4) geht nicht weiter als
33,1 Millionen Mark über die diesjährigen Bewilligungen von 117,5 Millionen
hinaus. Was sind denn 33 Millionen Mark? 66 Pfennige auf den Kopf
der Bevölkerung! Es wäre ebenso kläglich wie lächerlich, wollte man über
einen so geringen Betrag feilschen und stöhnen von schweren Steuerkasten.
Jeder tüchtige Arbeiter verzehrt ja täglich mehr zum Frühstück, als auf
seinen Teil von den „Lasten" kommt. Wenns 100 Millionen wären, und
jedermann sähe die Gefahr der schwachen Flotte so deutlich, wie die Fachleute,
sie würden sofort bewilligt und ohne jeden Druck getragen werden.

Das Gesetz schafft klare Znstünde, deshalb ist es eine gute Grundlage


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0463" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226693"/>
          <fw type="header" place="top"> Das Flottengesctz</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1144" prev="#ID_1143"> Schlachtflotte nur sechs große und sechzehn kleine Kreuzer gerechnet sind, also<lb/>
knapp 1'/-&gt; Kreuzer auf jedes Linienschiff, während die Engländer und Fran¬<lb/>
zosen jedem Linienschiff mindestens zwei Kreuzer beigeben. Zur Wahrnehmung<lb/>
unsrer überseeischen Interessen sind nur die längst erwünschten Kreuzer für<lb/>
Süd- und Mittelamerika neu ans die Liste gesetzt, sonst bleibt alles wie früher;<lb/>
also auch hier ist Maß gehalten, mehr, als manchem Vertreter deutscher<lb/>
Interessen im Auslande lieb sein wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1145"> Die §8 ^ bis 6 des Gesetzentwurfs behandeln noch die Judieusthaltungen<lb/>
und den Personalbestand der Flotte. Sie sind lediglich logische Folgerungen<lb/>
aus dem ersten Teile des Gesetzes, der vom Schiffsbestand handelt; denn um<lb/>
die Kriegsbereitschaft der heimischen Schlachtflotte zu sichern, muß ein be¬<lb/>
stimmter Teil von Linienschiffen ununterbrochen in Dienst sein. Was gefordert<lb/>
wird, ist ebenfalls fehr bescheiden und weicht wenig von den jetzigen Jndienst-<lb/>
lialtungen ab; denn der kluge Sinn und die kräftige Hand, die im ganzen<lb/>
Gesetz zu erkennen sind, zeigen auch hier, daß man mit Geschick manches ein¬<lb/>
facher gestalten kann, was bisher aus alten Anfängen entstanden und deshalb<lb/>
wohl beibehalten war. Neu ist nämlich der Gedanke, die Aufgaben mehrerer<lb/>
früheren Schulschiffe künftig solchen Kreuzern zu übergebe», die gleichzeitig den<lb/>
Aufklüruugsgruppeu der Schlachtflotte angehören. Damit werden zwei Fliegen<lb/>
mit einer Klappe geschlagen, es wird also viel Geld gespart; denn es handelt<lb/>
sich um acht Schiffe, die dann überflüssig oder nicht besonders in Dienst<lb/>
gestellt werden. Außerdem würde das Flottenflaggschiff später die Aufgaben<lb/>
des Torpedvschulschiffs übernehmen, wodurch auch noch eine Judienst-<lb/>
haltung gespart würde. Die Vermehrung der Kosten für die ganzen Jndienst-<lb/>
haltungeu würde natürlich allmählich, von Jahr zu Jahr, vor sich gehen. Und<lb/>
was die Persvnalsrage betrifft, so geht aus deu Zusammenstellungen und auch<lb/>
aus dem großen Andrang Freiwilliger aller Art sür alle Zweige des Marine¬<lb/>
personals zur Genüge hervor, daß diese Frage gar keine Schwierigkeiten be¬<lb/>
reiten wird. Die Ansbildung des Personals wird aber erleichtert und ge¬<lb/>
bessert, wenn man mehr Schiffe im Dienst hält.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1146"> Die Kosten für die Vermehrung des Marinehaushalts sind geradezu über¬<lb/>
raschend klein; der höchste Jahresanschlag (für 1903/4) geht nicht weiter als<lb/>
33,1 Millionen Mark über die diesjährigen Bewilligungen von 117,5 Millionen<lb/>
hinaus. Was sind denn 33 Millionen Mark? 66 Pfennige auf den Kopf<lb/>
der Bevölkerung! Es wäre ebenso kläglich wie lächerlich, wollte man über<lb/>
einen so geringen Betrag feilschen und stöhnen von schweren Steuerkasten.<lb/>
Jeder tüchtige Arbeiter verzehrt ja täglich mehr zum Frühstück, als auf<lb/>
seinen Teil von den &#x201E;Lasten" kommt. Wenns 100 Millionen wären, und<lb/>
jedermann sähe die Gefahr der schwachen Flotte so deutlich, wie die Fachleute,<lb/>
sie würden sofort bewilligt und ohne jeden Druck getragen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1147" next="#ID_1148"> Das Gesetz schafft klare Znstünde, deshalb ist es eine gute Grundlage</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0463] Das Flottengesctz Schlachtflotte nur sechs große und sechzehn kleine Kreuzer gerechnet sind, also knapp 1'/-> Kreuzer auf jedes Linienschiff, während die Engländer und Fran¬ zosen jedem Linienschiff mindestens zwei Kreuzer beigeben. Zur Wahrnehmung unsrer überseeischen Interessen sind nur die längst erwünschten Kreuzer für Süd- und Mittelamerika neu ans die Liste gesetzt, sonst bleibt alles wie früher; also auch hier ist Maß gehalten, mehr, als manchem Vertreter deutscher Interessen im Auslande lieb sein wird. Die §8 ^ bis 6 des Gesetzentwurfs behandeln noch die Judieusthaltungen und den Personalbestand der Flotte. Sie sind lediglich logische Folgerungen aus dem ersten Teile des Gesetzes, der vom Schiffsbestand handelt; denn um die Kriegsbereitschaft der heimischen Schlachtflotte zu sichern, muß ein be¬ stimmter Teil von Linienschiffen ununterbrochen in Dienst sein. Was gefordert wird, ist ebenfalls fehr bescheiden und weicht wenig von den jetzigen Jndienst- lialtungen ab; denn der kluge Sinn und die kräftige Hand, die im ganzen Gesetz zu erkennen sind, zeigen auch hier, daß man mit Geschick manches ein¬ facher gestalten kann, was bisher aus alten Anfängen entstanden und deshalb wohl beibehalten war. Neu ist nämlich der Gedanke, die Aufgaben mehrerer früheren Schulschiffe künftig solchen Kreuzern zu übergebe», die gleichzeitig den Aufklüruugsgruppeu der Schlachtflotte angehören. Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, es wird also viel Geld gespart; denn es handelt sich um acht Schiffe, die dann überflüssig oder nicht besonders in Dienst gestellt werden. Außerdem würde das Flottenflaggschiff später die Aufgaben des Torpedvschulschiffs übernehmen, wodurch auch noch eine Judienst- haltung gespart würde. Die Vermehrung der Kosten für die ganzen Jndienst- haltungeu würde natürlich allmählich, von Jahr zu Jahr, vor sich gehen. Und was die Persvnalsrage betrifft, so geht aus deu Zusammenstellungen und auch aus dem großen Andrang Freiwilliger aller Art sür alle Zweige des Marine¬ personals zur Genüge hervor, daß diese Frage gar keine Schwierigkeiten be¬ reiten wird. Die Ansbildung des Personals wird aber erleichtert und ge¬ bessert, wenn man mehr Schiffe im Dienst hält. Die Kosten für die Vermehrung des Marinehaushalts sind geradezu über¬ raschend klein; der höchste Jahresanschlag (für 1903/4) geht nicht weiter als 33,1 Millionen Mark über die diesjährigen Bewilligungen von 117,5 Millionen hinaus. Was sind denn 33 Millionen Mark? 66 Pfennige auf den Kopf der Bevölkerung! Es wäre ebenso kläglich wie lächerlich, wollte man über einen so geringen Betrag feilschen und stöhnen von schweren Steuerkasten. Jeder tüchtige Arbeiter verzehrt ja täglich mehr zum Frühstück, als auf seinen Teil von den „Lasten" kommt. Wenns 100 Millionen wären, und jedermann sähe die Gefahr der schwachen Flotte so deutlich, wie die Fachleute, sie würden sofort bewilligt und ohne jeden Druck getragen werden. Das Gesetz schafft klare Znstünde, deshalb ist es eine gute Grundlage

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/463
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/463>, abgerufen am 26.06.2024.