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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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Anthropologische Fragen

aller germanischen Rassenmerkmale am häufigsten ist. "Somit bleibt nur die
Schlußfolgerung übrig, daß die vorteilhaften Geistesanlagen für diejenigen
Formen des Wettbewerbs, wie sie unter den gewöhnlichen Wehrpflichtigen")
in deu Städten vorkommen, entweder mit Langköpfigkeit oder mit Heller Kom¬
plexion verbunden sein können, oder auch mit beiden, und daß letztere Kom¬
bination einen höhern Grad von vorteilhaften Geistesanlagen vermuten läßt....
Die Kombination der (kurz allsgedrückt) Gehirndeterminanten mit den beiden
andern Gruppen bietet eine gewisse Gewähr für möglichste germanische Nassen-
reinheit, die natürlich in Anbetracht der durch Jahrhunderte wiederholten Ver¬
mischung nur eine verhältnismäßige sein kann. Wir werden so zu dem Schlüsse
geführt, daß die Geistesanlagen der Germanen heute noch diejenigen sind,
welche ein Individuum am leichtesten den Kampf um die Existenz, wie er in
den Städten geführt wird, bestehen lassen" (S. 112).

Als Grundcharakterzüge der Germanen hebt Ammon die allgemein be¬
kannten hervor, insbesondre daß sie streng monogam und die gebornen Be¬
herrscher andrer Völker waren, und eignet sich dann die Charakteristik der
beiden Hauptrassen, die er annimmt, von G. de Lcipouge an. Dieser bemerkt
zunächst, fast alle großen Männer hätten der blonden langköpfigen Rasse an¬
gehört, selbst wenn sie Teile eines gänzlich verschiednen Volks zu sein schienen.
Die hervorragende Stellung der Langköpfe sei jedenfalls sicher in der griechisch¬
römischen Zivilisation. (Hierzu wollen wir doch gleich bemerken, daß dem
phantasievollen Franzosen nicht ohne weiteres zu glauben ist. Ein Fachmann,
an den wir uns gewandt haben, hat uns die Auskunft erteilt: es giebt keinen
Griechenschädel, wie es keinen deutschen Schädel giebt. Nach A. Weisbach
Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien 1881) waren von
95 gemessenen Griechenschädeln 14 dolichozephal sJndex 68 bis 75), 15 snb-
dolichozcphal I?6 und 77), 16 mesvzcphal ^78 bis 80), 22 subbrachyzephal
M bis 83), 28 brachyzephal si4 bis 93). Die Klassen werden hier etwas
anders bezeichnet als von Ammon, der natürlich die neuere, erst nach 1881
vereinbarte Klassifikation annimmt. Ob die dolichozcphalen Griechenschädel
hervorragenden Männern und die brachyzephalen dem gemeinen Volke angehört
haben, das ist bisher nicht untersucht worden. Die griechischen und römischen
Porträtbüsten scheinen noch nicht auf die Schädellänge untersucht worden zu
sein; unbedingt zuverlässig würde deren Messung freilich nicht sein, da man
nicht wissen kann, ob die Künstler die Kopfform, auf die der gewöhnliche Be¬
schauer kaum achtet, mit derselben Gewissenhaftigkeit wiedergegeben haben wie
die Gesichtszüge.) Ammon zieht das, was Lapouge sagt, S. 185 in die Sätze
zusammen: "^Darnach) erscheinen die Langköpfe germanischer Abkunft als die
Träger des höhern Geisteslebens, als die von der Natur berufnen Inhaber



Die Untersuchung hat sich nicht auf die Einjährigen erstreckt.
Anthropologische Fragen

aller germanischen Rassenmerkmale am häufigsten ist. „Somit bleibt nur die
Schlußfolgerung übrig, daß die vorteilhaften Geistesanlagen für diejenigen
Formen des Wettbewerbs, wie sie unter den gewöhnlichen Wehrpflichtigen")
in deu Städten vorkommen, entweder mit Langköpfigkeit oder mit Heller Kom¬
plexion verbunden sein können, oder auch mit beiden, und daß letztere Kom¬
bination einen höhern Grad von vorteilhaften Geistesanlagen vermuten läßt....
Die Kombination der (kurz allsgedrückt) Gehirndeterminanten mit den beiden
andern Gruppen bietet eine gewisse Gewähr für möglichste germanische Nassen-
reinheit, die natürlich in Anbetracht der durch Jahrhunderte wiederholten Ver¬
mischung nur eine verhältnismäßige sein kann. Wir werden so zu dem Schlüsse
geführt, daß die Geistesanlagen der Germanen heute noch diejenigen sind,
welche ein Individuum am leichtesten den Kampf um die Existenz, wie er in
den Städten geführt wird, bestehen lassen" (S. 112).

Als Grundcharakterzüge der Germanen hebt Ammon die allgemein be¬
kannten hervor, insbesondre daß sie streng monogam und die gebornen Be¬
herrscher andrer Völker waren, und eignet sich dann die Charakteristik der
beiden Hauptrassen, die er annimmt, von G. de Lcipouge an. Dieser bemerkt
zunächst, fast alle großen Männer hätten der blonden langköpfigen Rasse an¬
gehört, selbst wenn sie Teile eines gänzlich verschiednen Volks zu sein schienen.
Die hervorragende Stellung der Langköpfe sei jedenfalls sicher in der griechisch¬
römischen Zivilisation. (Hierzu wollen wir doch gleich bemerken, daß dem
phantasievollen Franzosen nicht ohne weiteres zu glauben ist. Ein Fachmann,
an den wir uns gewandt haben, hat uns die Auskunft erteilt: es giebt keinen
Griechenschädel, wie es keinen deutschen Schädel giebt. Nach A. Weisbach
Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien 1881) waren von
95 gemessenen Griechenschädeln 14 dolichozephal sJndex 68 bis 75), 15 snb-
dolichozcphal I?6 und 77), 16 mesvzcphal ^78 bis 80), 22 subbrachyzephal
M bis 83), 28 brachyzephal si4 bis 93). Die Klassen werden hier etwas
anders bezeichnet als von Ammon, der natürlich die neuere, erst nach 1881
vereinbarte Klassifikation annimmt. Ob die dolichozcphalen Griechenschädel
hervorragenden Männern und die brachyzephalen dem gemeinen Volke angehört
haben, das ist bisher nicht untersucht worden. Die griechischen und römischen
Porträtbüsten scheinen noch nicht auf die Schädellänge untersucht worden zu
sein; unbedingt zuverlässig würde deren Messung freilich nicht sein, da man
nicht wissen kann, ob die Künstler die Kopfform, auf die der gewöhnliche Be¬
schauer kaum achtet, mit derselben Gewissenhaftigkeit wiedergegeben haben wie
die Gesichtszüge.) Ammon zieht das, was Lapouge sagt, S. 185 in die Sätze
zusammen: „^Darnach) erscheinen die Langköpfe germanischer Abkunft als die
Träger des höhern Geisteslebens, als die von der Natur berufnen Inhaber



Die Untersuchung hat sich nicht auf die Einjährigen erstreckt.
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[0424] Anthropologische Fragen aller germanischen Rassenmerkmale am häufigsten ist. „Somit bleibt nur die Schlußfolgerung übrig, daß die vorteilhaften Geistesanlagen für diejenigen Formen des Wettbewerbs, wie sie unter den gewöhnlichen Wehrpflichtigen") in deu Städten vorkommen, entweder mit Langköpfigkeit oder mit Heller Kom¬ plexion verbunden sein können, oder auch mit beiden, und daß letztere Kom¬ bination einen höhern Grad von vorteilhaften Geistesanlagen vermuten läßt.... Die Kombination der (kurz allsgedrückt) Gehirndeterminanten mit den beiden andern Gruppen bietet eine gewisse Gewähr für möglichste germanische Nassen- reinheit, die natürlich in Anbetracht der durch Jahrhunderte wiederholten Ver¬ mischung nur eine verhältnismäßige sein kann. Wir werden so zu dem Schlüsse geführt, daß die Geistesanlagen der Germanen heute noch diejenigen sind, welche ein Individuum am leichtesten den Kampf um die Existenz, wie er in den Städten geführt wird, bestehen lassen" (S. 112). Als Grundcharakterzüge der Germanen hebt Ammon die allgemein be¬ kannten hervor, insbesondre daß sie streng monogam und die gebornen Be¬ herrscher andrer Völker waren, und eignet sich dann die Charakteristik der beiden Hauptrassen, die er annimmt, von G. de Lcipouge an. Dieser bemerkt zunächst, fast alle großen Männer hätten der blonden langköpfigen Rasse an¬ gehört, selbst wenn sie Teile eines gänzlich verschiednen Volks zu sein schienen. Die hervorragende Stellung der Langköpfe sei jedenfalls sicher in der griechisch¬ römischen Zivilisation. (Hierzu wollen wir doch gleich bemerken, daß dem phantasievollen Franzosen nicht ohne weiteres zu glauben ist. Ein Fachmann, an den wir uns gewandt haben, hat uns die Auskunft erteilt: es giebt keinen Griechenschädel, wie es keinen deutschen Schädel giebt. Nach A. Weisbach Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien 1881) waren von 95 gemessenen Griechenschädeln 14 dolichozephal sJndex 68 bis 75), 15 snb- dolichozcphal I?6 und 77), 16 mesvzcphal ^78 bis 80), 22 subbrachyzephal M bis 83), 28 brachyzephal si4 bis 93). Die Klassen werden hier etwas anders bezeichnet als von Ammon, der natürlich die neuere, erst nach 1881 vereinbarte Klassifikation annimmt. Ob die dolichozcphalen Griechenschädel hervorragenden Männern und die brachyzephalen dem gemeinen Volke angehört haben, das ist bisher nicht untersucht worden. Die griechischen und römischen Porträtbüsten scheinen noch nicht auf die Schädellänge untersucht worden zu sein; unbedingt zuverlässig würde deren Messung freilich nicht sein, da man nicht wissen kann, ob die Künstler die Kopfform, auf die der gewöhnliche Be¬ schauer kaum achtet, mit derselben Gewissenhaftigkeit wiedergegeben haben wie die Gesichtszüge.) Ammon zieht das, was Lapouge sagt, S. 185 in die Sätze zusammen: „^Darnach) erscheinen die Langköpfe germanischer Abkunft als die Träger des höhern Geisteslebens, als die von der Natur berufnen Inhaber Die Untersuchung hat sich nicht auf die Einjährigen erstreckt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/424>, abgerufen am 29.06.2024.