Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.Aus der napoleonischen Zeit Spanier, an deren ungebändigter Urkraft er doch das erste und verhängnisvolle Grenzboten IV 1897 4!)
Aus der napoleonischen Zeit Spanier, an deren ungebändigter Urkraft er doch das erste und verhängnisvolle Grenzboten IV 1897 4!)
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Aus der napoleonischen Zeit
Spanier, an deren ungebändigter Urkraft er doch das erste und verhängnisvolle
mal scheitern sollte. Merkwürdigerweise aber hat der ungeheure Druck gerade
den Rückschlag erzeugt und das nationale Empfinden wachgerufen. Die deutsche
Nation kam in der Gefahr, sich selbst zu verlieren, erst zu dem Bewußtsein,
daß sie noch dawar, dawar inmitten der trostlosen Zerfahrenheit aller poli¬
tischen Verhältnisse, inmitten des völligen Zerfalls ihrer Verfassung, und die
unsterblichen Reden Fichtes an die deutsche Nation, eines der „Besitztümer für
immer," von denen Thukydides spricht, legen für alle Zeit Zeugnis von der
Stimmung ab, aus der heraus sich unsre Wiedergeburt vollzog. Nicht minder
hat die italienische Nation in den Tagen Napoleons den Anfang ihrer Auf¬
erstehung zu suchen, und diesmal ist es nicht sowohl der Kampf gegen ihn,
der die nationalen Empfindungen erweckt; sondern er selbst hat dadurch, daß
er ein Drittel von Italien unter seinem Szepter vereinigte, daß er ihm einen
Vizekönig gab und ein Heer von 80000 Mann schuf, das durch eiserne Zucht
dem französischen an Tüchtigkeit ebenbürtig, an Nüchternheit und Geduld ihm
sogar überlegen war, es dahin gebracht, daß die Namen Italien und Italiener
nach langer Zeit wieder mit Stolz genannt wurden und der Gedanke der vor
vielen Jahrhunderten Verlornen italienischen Selbständigkeit ins Leben zurück¬
kehrte. Merkwürdigerweise haben sich aber auch andre Völker in dieser Zeit
ihrer Eigenart wieder erinnert. Die Polen dankten dem. Kaiser dieselben
Fortschritte wie die Italiener, wenn sie auch weniger glücklich sein sollten, da
die Bestrebungen nach Rückeroberung ihrer Selbständigkeit schließlich fehl¬
schlugen. Die Ungarn wurden durch den Angriff Josephs II. auf ihre alten
Rechte dahin gebracht, daß sie schon die Absetzung des Hauses Lothringen in
Erwägung zogen; Leopold II. gestand ihnen deshalb alle ihre autonomistischen
Wünsche zu. Vor allem versprach er, daß er magyarische Angelegenheiten nur
durch magyarische Räte erledigen und die Gesetze der gewöhnlichen „Kronlünder"
nicht auf Ungarn anwenden werde. Im Jahre 1792 erließ der Reichstag zu Pest
zum erstenmale ein Gesetz über den Unterricht in der magyarischen Sprache,
und die Maguatengeschlechter der Festeties, Eszterhazy und Szechenyi grün¬
deten ein Nationalmuseum und ein magyarisches Theater. Die Tschechen
waren seit der Schlacht am weißen Berge, die zugleich einen Sieg des Deutsch¬
tums bedeutete, wie sie den Triumph des Katholizismus darstellt, national
tief herabgekommen; fast nur das gemeine Volk sprach noch die nationale
Sprache, die infolge davon zur bloßen Vauernmundart herabsank; die Litteratur
bestand nur aus äußerst dürftigen Erbauungsschriften. Joseph II., der die
Nationalitäten so sehr mißachtete wie Napoleon, wirkte auch hier als ErWecker;
aus Widerspruch gegen ihn radebrechte der Adel auf dem Landtag von 1791
zum erstenmal wieder das Tschechische, ohne daß aber der Antrag auf „Schutz der
Landessprache" eine Mehrheit gefunden hätte. Dennoch wurde 1792 ein Lehr¬
stuhl für diese Sprache an der Prager Universität errichtet, und Franz II. ließ
Grenzboten IV 1897 4!)
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