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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

beigebracht, sondern es wird bei ihm bloß durch Drill jede Regung des Freihcits-
triebes unterdrückt und jener Grad von Selbstbeherrschung erzwungen, der dazu
gehört, täglich sechzehn bis achtzehn Stunden an nichts als an seinen Dienst zu
denken. Als Vorbereitung auf die selbständige Leitung eines größern Geschäfts
hätte er ja fo manches zu lernen, aber davon erfährt er in seiner "Lehrzeit"
nichts. Wohlhabende Gastwirte, die ihre Söhne zur Nachfolge im Geschäft be¬
stimmen, schicken sie auf eine Handelsschule. Die gänzliche Aussperrung von alle"
Bildungsmitteln (nicht einmal ein vernünftiges Tischgespräch haben sie, das doch
mancher Handwerkerlehrling genießt, und nicht einmal mit Kameraden eiuen kleinen
Ausflug machen und sich über die Umgebung ihres Wohnorts orientiren können
sie) macht es für sich allein schon erklärlich, daß die Kellner einen verhältnismäßig
großen Beitrag zur Klasse der Vagabunden und Zuhälter stellen. Der Kellner¬
lehrling hat niemals freie Zeit gehabt und daher auch die Freiheit nicht gebrauchen
lernen. Er ist jedes Genusses beraubt gewesen, und wenn er ein par Tage frei
hat, so macht sich der Genußtrieb stürmisch geltend. Edlere Genüsse hat er aber
nicht kennen gelernt, und in den unedler" Maß zu halten und sich klug zu benehmen,
dazu fehlen ihm Kenntnisse, Erfahrung und die Übung in freiwilliger Selbst¬
beherrschung. Wird er stellenlos, so fehlt ihm jede Fähigkeit, in einen andern
Beruf einzuspringen. Der stellenlose Schlosser oder Tischler richtet sich schnell in
einem andern Handwerk ein, das Metall oder Holz bearbeitet, findet in zehnerlei
Fabriken, auf der Eisenbahn, auf dem Dampfschiff Arbeit, der Kellner kann nichts,
als was jedermann kann; er taugt nicht einmal für Schreiberdienste, denn er hat
seine Volksschulkenutuisse und Fertigkeiten vergessen und verlernt.

In dieser Bäcker- und Kellncrangclcgenheit hat der Staat Gelegenheit zu
zeigen, ob er ein wirklicher Kulturstand ist, ob er Humanität zu üben auch in
solchen Fällen für seine Aufgabe hält, wo seine unmittelbaren Interessen nicht auf
dem Spiele stehen. Denn das ist hier allerdings nicht der Fall. Die Bäcker und
Kellner sind zusammengenommen nicht zahlreich genug, die Militärtüchtigkeit des
Volkes zu gefährden, und sie sind zu abhängig und in ihrem Elend zu stumpf¬
sinnig, revolutionär zu werden und die Sozialdemokrntie zu verstärken. Sehr er¬
klärlich wäre namentlich bei den Kellnern die revolutionäre Gesinnung, weil ihr
freudloses Dasei" dem Zwecke gewidmet ist, Genießende und sich Vergnügende zu
bedienen und sie so beständig Zeugen des Genusses sein müssen, aber es giebt nur
eine sehr schwächliche sozialdemokratische Kelluerorgauisation. Der nicht sozialdemo¬
kratische Kellnerbuud, der im März des nächsten Jahres im Verein mit andern



*) Die Wichttqkeit des Arbeiterschutzes im allgemeinen für die KriegMchtigkeit des Volkes
ist erst dieser Tage wieder einmal von zuständiger Seite anerkannt worden. Die Militär¬
behörden sind in Preußen die ersten gewesen, die auf die Verschlechterung der Rekruten durch
die Industrie aufmerksam gemacht haben. Unter anderm hat vor etwa fünfzig Jahren der
Generalleutnant von Horn berichtet daß "die Fabrikgegenden ihr Kontingent zum Ersatz der
Armee nicht vollständig stellen können und daher von den Kreisen, die Ackerbau treiben, über¬
troffen werden." Ob die Statistik, mit der jetzt Brentano beweisen will, daß die industrielle
Bevölkerung, in Bniern wenigstens, sogar kriegstüchtigcr sei als die bäuerliche, der Prüfung
Stand halten wird, wissen wir noch nicht, aber besser ist es unbedingt geworden, und das ist
ohne Zweifel zu einem großen Teil dem Arbciterschutz und namentlich dem Schutz der Kinder
und der jungen Arbeiter zu danken. Vorvorige Woche hat nun Brentano über diesen Gegen¬
stand in der'Volksivirtschastlichen Gesellschaft zu München gesprochen, und da hat dann in der
Diskussion der General von Sauer u. n. geäußert: Ausbau der Arbeiterschntzgesetzgebuxg und
erhöhte Pflege der körperlichen Erziehung für die Städter, tiefere Bildung sür die Bauern --
und wir werden aus beiden Berufsschichten völlig brauchbare Leute erhalte".
Maßgebliches und Unmaßgebliches

beigebracht, sondern es wird bei ihm bloß durch Drill jede Regung des Freihcits-
triebes unterdrückt und jener Grad von Selbstbeherrschung erzwungen, der dazu
gehört, täglich sechzehn bis achtzehn Stunden an nichts als an seinen Dienst zu
denken. Als Vorbereitung auf die selbständige Leitung eines größern Geschäfts
hätte er ja fo manches zu lernen, aber davon erfährt er in seiner „Lehrzeit"
nichts. Wohlhabende Gastwirte, die ihre Söhne zur Nachfolge im Geschäft be¬
stimmen, schicken sie auf eine Handelsschule. Die gänzliche Aussperrung von alle»
Bildungsmitteln (nicht einmal ein vernünftiges Tischgespräch haben sie, das doch
mancher Handwerkerlehrling genießt, und nicht einmal mit Kameraden eiuen kleinen
Ausflug machen und sich über die Umgebung ihres Wohnorts orientiren können
sie) macht es für sich allein schon erklärlich, daß die Kellner einen verhältnismäßig
großen Beitrag zur Klasse der Vagabunden und Zuhälter stellen. Der Kellner¬
lehrling hat niemals freie Zeit gehabt und daher auch die Freiheit nicht gebrauchen
lernen. Er ist jedes Genusses beraubt gewesen, und wenn er ein par Tage frei
hat, so macht sich der Genußtrieb stürmisch geltend. Edlere Genüsse hat er aber
nicht kennen gelernt, und in den unedler» Maß zu halten und sich klug zu benehmen,
dazu fehlen ihm Kenntnisse, Erfahrung und die Übung in freiwilliger Selbst¬
beherrschung. Wird er stellenlos, so fehlt ihm jede Fähigkeit, in einen andern
Beruf einzuspringen. Der stellenlose Schlosser oder Tischler richtet sich schnell in
einem andern Handwerk ein, das Metall oder Holz bearbeitet, findet in zehnerlei
Fabriken, auf der Eisenbahn, auf dem Dampfschiff Arbeit, der Kellner kann nichts,
als was jedermann kann; er taugt nicht einmal für Schreiberdienste, denn er hat
seine Volksschulkenutuisse und Fertigkeiten vergessen und verlernt.

In dieser Bäcker- und Kellncrangclcgenheit hat der Staat Gelegenheit zu
zeigen, ob er ein wirklicher Kulturstand ist, ob er Humanität zu üben auch in
solchen Fällen für seine Aufgabe hält, wo seine unmittelbaren Interessen nicht auf
dem Spiele stehen. Denn das ist hier allerdings nicht der Fall. Die Bäcker und
Kellner sind zusammengenommen nicht zahlreich genug, die Militärtüchtigkeit des
Volkes zu gefährden, und sie sind zu abhängig und in ihrem Elend zu stumpf¬
sinnig, revolutionär zu werden und die Sozialdemokrntie zu verstärken. Sehr er¬
klärlich wäre namentlich bei den Kellnern die revolutionäre Gesinnung, weil ihr
freudloses Dasei» dem Zwecke gewidmet ist, Genießende und sich Vergnügende zu
bedienen und sie so beständig Zeugen des Genusses sein müssen, aber es giebt nur
eine sehr schwächliche sozialdemokratische Kelluerorgauisation. Der nicht sozialdemo¬
kratische Kellnerbuud, der im März des nächsten Jahres im Verein mit andern



*) Die Wichttqkeit des Arbeiterschutzes im allgemeinen für die KriegMchtigkeit des Volkes
ist erst dieser Tage wieder einmal von zuständiger Seite anerkannt worden. Die Militär¬
behörden sind in Preußen die ersten gewesen, die auf die Verschlechterung der Rekruten durch
die Industrie aufmerksam gemacht haben. Unter anderm hat vor etwa fünfzig Jahren der
Generalleutnant von Horn berichtet daß „die Fabrikgegenden ihr Kontingent zum Ersatz der
Armee nicht vollständig stellen können und daher von den Kreisen, die Ackerbau treiben, über¬
troffen werden." Ob die Statistik, mit der jetzt Brentano beweisen will, daß die industrielle
Bevölkerung, in Bniern wenigstens, sogar kriegstüchtigcr sei als die bäuerliche, der Prüfung
Stand halten wird, wissen wir noch nicht, aber besser ist es unbedingt geworden, und das ist
ohne Zweifel zu einem großen Teil dem Arbciterschutz und namentlich dem Schutz der Kinder
und der jungen Arbeiter zu danken. Vorvorige Woche hat nun Brentano über diesen Gegen¬
stand in der'Volksivirtschastlichen Gesellschaft zu München gesprochen, und da hat dann in der
Diskussion der General von Sauer u. n. geäußert: Ausbau der Arbeiterschntzgesetzgebuxg und
erhöhte Pflege der körperlichen Erziehung für die Städter, tiefere Bildung sür die Bauern —
und wir werden aus beiden Berufsschichten völlig brauchbare Leute erhalte».
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[0348] Maßgebliches und Unmaßgebliches beigebracht, sondern es wird bei ihm bloß durch Drill jede Regung des Freihcits- triebes unterdrückt und jener Grad von Selbstbeherrschung erzwungen, der dazu gehört, täglich sechzehn bis achtzehn Stunden an nichts als an seinen Dienst zu denken. Als Vorbereitung auf die selbständige Leitung eines größern Geschäfts hätte er ja fo manches zu lernen, aber davon erfährt er in seiner „Lehrzeit" nichts. Wohlhabende Gastwirte, die ihre Söhne zur Nachfolge im Geschäft be¬ stimmen, schicken sie auf eine Handelsschule. Die gänzliche Aussperrung von alle» Bildungsmitteln (nicht einmal ein vernünftiges Tischgespräch haben sie, das doch mancher Handwerkerlehrling genießt, und nicht einmal mit Kameraden eiuen kleinen Ausflug machen und sich über die Umgebung ihres Wohnorts orientiren können sie) macht es für sich allein schon erklärlich, daß die Kellner einen verhältnismäßig großen Beitrag zur Klasse der Vagabunden und Zuhälter stellen. Der Kellner¬ lehrling hat niemals freie Zeit gehabt und daher auch die Freiheit nicht gebrauchen lernen. Er ist jedes Genusses beraubt gewesen, und wenn er ein par Tage frei hat, so macht sich der Genußtrieb stürmisch geltend. Edlere Genüsse hat er aber nicht kennen gelernt, und in den unedler» Maß zu halten und sich klug zu benehmen, dazu fehlen ihm Kenntnisse, Erfahrung und die Übung in freiwilliger Selbst¬ beherrschung. Wird er stellenlos, so fehlt ihm jede Fähigkeit, in einen andern Beruf einzuspringen. Der stellenlose Schlosser oder Tischler richtet sich schnell in einem andern Handwerk ein, das Metall oder Holz bearbeitet, findet in zehnerlei Fabriken, auf der Eisenbahn, auf dem Dampfschiff Arbeit, der Kellner kann nichts, als was jedermann kann; er taugt nicht einmal für Schreiberdienste, denn er hat seine Volksschulkenutuisse und Fertigkeiten vergessen und verlernt. In dieser Bäcker- und Kellncrangclcgenheit hat der Staat Gelegenheit zu zeigen, ob er ein wirklicher Kulturstand ist, ob er Humanität zu üben auch in solchen Fällen für seine Aufgabe hält, wo seine unmittelbaren Interessen nicht auf dem Spiele stehen. Denn das ist hier allerdings nicht der Fall. Die Bäcker und Kellner sind zusammengenommen nicht zahlreich genug, die Militärtüchtigkeit des Volkes zu gefährden, und sie sind zu abhängig und in ihrem Elend zu stumpf¬ sinnig, revolutionär zu werden und die Sozialdemokrntie zu verstärken. Sehr er¬ klärlich wäre namentlich bei den Kellnern die revolutionäre Gesinnung, weil ihr freudloses Dasei» dem Zwecke gewidmet ist, Genießende und sich Vergnügende zu bedienen und sie so beständig Zeugen des Genusses sein müssen, aber es giebt nur eine sehr schwächliche sozialdemokratische Kelluerorgauisation. Der nicht sozialdemo¬ kratische Kellnerbuud, der im März des nächsten Jahres im Verein mit andern *) Die Wichttqkeit des Arbeiterschutzes im allgemeinen für die KriegMchtigkeit des Volkes ist erst dieser Tage wieder einmal von zuständiger Seite anerkannt worden. Die Militär¬ behörden sind in Preußen die ersten gewesen, die auf die Verschlechterung der Rekruten durch die Industrie aufmerksam gemacht haben. Unter anderm hat vor etwa fünfzig Jahren der Generalleutnant von Horn berichtet daß „die Fabrikgegenden ihr Kontingent zum Ersatz der Armee nicht vollständig stellen können und daher von den Kreisen, die Ackerbau treiben, über¬ troffen werden." Ob die Statistik, mit der jetzt Brentano beweisen will, daß die industrielle Bevölkerung, in Bniern wenigstens, sogar kriegstüchtigcr sei als die bäuerliche, der Prüfung Stand halten wird, wissen wir noch nicht, aber besser ist es unbedingt geworden, und das ist ohne Zweifel zu einem großen Teil dem Arbciterschutz und namentlich dem Schutz der Kinder und der jungen Arbeiter zu danken. Vorvorige Woche hat nun Brentano über diesen Gegen¬ stand in der'Volksivirtschastlichen Gesellschaft zu München gesprochen, und da hat dann in der Diskussion der General von Sauer u. n. geäußert: Ausbau der Arbeiterschntzgesetzgebuxg und erhöhte Pflege der körperlichen Erziehung für die Städter, tiefere Bildung sür die Bauern — und wir werden aus beiden Berufsschichten völlig brauchbare Leute erhalte».

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/348>, abgerufen am 26.06.2024.