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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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personalreformen bei der Post

anwärtern nicht das Recht, für sich dieselbe Forderung zu stellen. Die
Bevorzugung der Militäranwürter bestand schon vor dem Jahre 1871, mußte
also in die neue Organisation mit hinübergenommen werden. Übrigens wird
von dieser Bevorzugung recht wenig Gebrauch gemacht; denn nach den amt¬
lichen Veröffentlichungen haben seit dem Jahre 1891 nur 23 Militäranwärter
die Prüfung für den Post- und 71 für den Telegraphcnsekretür bestanden.

Ebenso unzutreffend ist die Schlußfolgerung, die die Assistenten zu ihren
Gunsten machen, daß sie auf die Stellung eines Pvstsekretcirs auch deshalb
Anspruch hätten, weil sie häufig dieselben Arbeiten verrichten. Bei der gegen¬
wärtigen Organisation, der die PostVerwaltung ihre Erfolge verdankt, müssen
die Anwärter der höhern Laufbahn, Eleven, Praktikanten und Sekretäre, den
Postdienst von unten herauf erlernen, sie müssen jahrelang in harter Arbeit
bei Tag und Nacht praktisch thätig sein, ehe sie Gelegenheit finden, nach be¬
standner Prüfung in die obern Stellen auszurücken. Dieser Zustand darf nicht
geändert werden; die Eleven und Praktikanten werden daher immer an dem¬
selben Strang mit den Gehilfen ziehen müssen. Wenn dagegen auch Post-
sekretäre, die von der Berechtigung, die höhere Prüfung abzulegen, keinen Ge¬
brauch gemacht haben oder bei Ausführung dieser Absicht gescheitert sind, dann
noch jahrelang, ehe sie in eine Obersekretärstelle einrücken können, mit Gehilfen
und Assistenten zusammen arbeiten müssen, so mag dieser Umstand für die von
dem Geschick betroffenen eine recht harte Strafe sein, aber keineswegs giebt
er den Postassistcnten das Recht, um auch für sich Stellung und Gehalt eines
Sekretärs zu beanspruchen und der PostVerwaltung vorzuwerfen, sie mache die
Assistenten nur deshalb nicht zu Sekretären, weil sie mit billigern Kräften
arbeiten wolle.

Sollte die PostVerwaltung sich dazu entschließen, den hier gemachten Vor¬
schlägen entsprechend die Sekretärstellung in Zukunft mich jungen Leuten zu¬
gänglich zu machen, die das Zeugnis für den einjährig-freiwilligen Dienst
haben, so wäre es natürlich nur billig, diese Vergünstigung auch den schon
vorhandnen Assistenten, die diesen Bildungsgrad haben, zuzugestehen, also dem
ersten Teile des Schaedlerschen Antrags Folge zu geben. Dagegen würde jede
weitergehendere Nachgiebigkeit gegen die unberechtigten Forderungen der Post¬
assistenten nicht nur ein Zeichen maßloser Schwäche sein, die nicht ohne nach¬
teilige Folgen für die Handhabung der Disziplin bleiben konnte, sondern auch
eine abermalige Herabdrückung des Standes der Postsekretäre bedeuten.

Zu sonstige" durchgreifenden Reformen in den Personalverhältnissen der
Postbeamten liegt wirklich kein Anlaß vor. Wir brauchen für die Anwärter
der höhern Laufbahn weder eine sogenannte Postakademie, noch, wie Fach-
zeitnngen vorschlagen, die Titel "Postreferendar" und "Postasfcssor," die ihren
Trägern doch nur ein mitleidiges Lächeln von denen eintragen könnten, die
bisher allein gewohnt und berechtigt waren, diese Titel zu führen. Herr von


personalreformen bei der Post

anwärtern nicht das Recht, für sich dieselbe Forderung zu stellen. Die
Bevorzugung der Militäranwürter bestand schon vor dem Jahre 1871, mußte
also in die neue Organisation mit hinübergenommen werden. Übrigens wird
von dieser Bevorzugung recht wenig Gebrauch gemacht; denn nach den amt¬
lichen Veröffentlichungen haben seit dem Jahre 1891 nur 23 Militäranwärter
die Prüfung für den Post- und 71 für den Telegraphcnsekretür bestanden.

Ebenso unzutreffend ist die Schlußfolgerung, die die Assistenten zu ihren
Gunsten machen, daß sie auf die Stellung eines Pvstsekretcirs auch deshalb
Anspruch hätten, weil sie häufig dieselben Arbeiten verrichten. Bei der gegen¬
wärtigen Organisation, der die PostVerwaltung ihre Erfolge verdankt, müssen
die Anwärter der höhern Laufbahn, Eleven, Praktikanten und Sekretäre, den
Postdienst von unten herauf erlernen, sie müssen jahrelang in harter Arbeit
bei Tag und Nacht praktisch thätig sein, ehe sie Gelegenheit finden, nach be¬
standner Prüfung in die obern Stellen auszurücken. Dieser Zustand darf nicht
geändert werden; die Eleven und Praktikanten werden daher immer an dem¬
selben Strang mit den Gehilfen ziehen müssen. Wenn dagegen auch Post-
sekretäre, die von der Berechtigung, die höhere Prüfung abzulegen, keinen Ge¬
brauch gemacht haben oder bei Ausführung dieser Absicht gescheitert sind, dann
noch jahrelang, ehe sie in eine Obersekretärstelle einrücken können, mit Gehilfen
und Assistenten zusammen arbeiten müssen, so mag dieser Umstand für die von
dem Geschick betroffenen eine recht harte Strafe sein, aber keineswegs giebt
er den Postassistcnten das Recht, um auch für sich Stellung und Gehalt eines
Sekretärs zu beanspruchen und der PostVerwaltung vorzuwerfen, sie mache die
Assistenten nur deshalb nicht zu Sekretären, weil sie mit billigern Kräften
arbeiten wolle.

Sollte die PostVerwaltung sich dazu entschließen, den hier gemachten Vor¬
schlägen entsprechend die Sekretärstellung in Zukunft mich jungen Leuten zu¬
gänglich zu machen, die das Zeugnis für den einjährig-freiwilligen Dienst
haben, so wäre es natürlich nur billig, diese Vergünstigung auch den schon
vorhandnen Assistenten, die diesen Bildungsgrad haben, zuzugestehen, also dem
ersten Teile des Schaedlerschen Antrags Folge zu geben. Dagegen würde jede
weitergehendere Nachgiebigkeit gegen die unberechtigten Forderungen der Post¬
assistenten nicht nur ein Zeichen maßloser Schwäche sein, die nicht ohne nach¬
teilige Folgen für die Handhabung der Disziplin bleiben konnte, sondern auch
eine abermalige Herabdrückung des Standes der Postsekretäre bedeuten.

Zu sonstige» durchgreifenden Reformen in den Personalverhältnissen der
Postbeamten liegt wirklich kein Anlaß vor. Wir brauchen für die Anwärter
der höhern Laufbahn weder eine sogenannte Postakademie, noch, wie Fach-
zeitnngen vorschlagen, die Titel „Postreferendar" und „Postasfcssor," die ihren
Trägern doch nur ein mitleidiges Lächeln von denen eintragen könnten, die
bisher allein gewohnt und berechtigt waren, diese Titel zu führen. Herr von


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[0322] personalreformen bei der Post anwärtern nicht das Recht, für sich dieselbe Forderung zu stellen. Die Bevorzugung der Militäranwürter bestand schon vor dem Jahre 1871, mußte also in die neue Organisation mit hinübergenommen werden. Übrigens wird von dieser Bevorzugung recht wenig Gebrauch gemacht; denn nach den amt¬ lichen Veröffentlichungen haben seit dem Jahre 1891 nur 23 Militäranwärter die Prüfung für den Post- und 71 für den Telegraphcnsekretür bestanden. Ebenso unzutreffend ist die Schlußfolgerung, die die Assistenten zu ihren Gunsten machen, daß sie auf die Stellung eines Pvstsekretcirs auch deshalb Anspruch hätten, weil sie häufig dieselben Arbeiten verrichten. Bei der gegen¬ wärtigen Organisation, der die PostVerwaltung ihre Erfolge verdankt, müssen die Anwärter der höhern Laufbahn, Eleven, Praktikanten und Sekretäre, den Postdienst von unten herauf erlernen, sie müssen jahrelang in harter Arbeit bei Tag und Nacht praktisch thätig sein, ehe sie Gelegenheit finden, nach be¬ standner Prüfung in die obern Stellen auszurücken. Dieser Zustand darf nicht geändert werden; die Eleven und Praktikanten werden daher immer an dem¬ selben Strang mit den Gehilfen ziehen müssen. Wenn dagegen auch Post- sekretäre, die von der Berechtigung, die höhere Prüfung abzulegen, keinen Ge¬ brauch gemacht haben oder bei Ausführung dieser Absicht gescheitert sind, dann noch jahrelang, ehe sie in eine Obersekretärstelle einrücken können, mit Gehilfen und Assistenten zusammen arbeiten müssen, so mag dieser Umstand für die von dem Geschick betroffenen eine recht harte Strafe sein, aber keineswegs giebt er den Postassistcnten das Recht, um auch für sich Stellung und Gehalt eines Sekretärs zu beanspruchen und der PostVerwaltung vorzuwerfen, sie mache die Assistenten nur deshalb nicht zu Sekretären, weil sie mit billigern Kräften arbeiten wolle. Sollte die PostVerwaltung sich dazu entschließen, den hier gemachten Vor¬ schlägen entsprechend die Sekretärstellung in Zukunft mich jungen Leuten zu¬ gänglich zu machen, die das Zeugnis für den einjährig-freiwilligen Dienst haben, so wäre es natürlich nur billig, diese Vergünstigung auch den schon vorhandnen Assistenten, die diesen Bildungsgrad haben, zuzugestehen, also dem ersten Teile des Schaedlerschen Antrags Folge zu geben. Dagegen würde jede weitergehendere Nachgiebigkeit gegen die unberechtigten Forderungen der Post¬ assistenten nicht nur ein Zeichen maßloser Schwäche sein, die nicht ohne nach¬ teilige Folgen für die Handhabung der Disziplin bleiben konnte, sondern auch eine abermalige Herabdrückung des Standes der Postsekretäre bedeuten. Zu sonstige» durchgreifenden Reformen in den Personalverhältnissen der Postbeamten liegt wirklich kein Anlaß vor. Wir brauchen für die Anwärter der höhern Laufbahn weder eine sogenannte Postakademie, noch, wie Fach- zeitnngen vorschlagen, die Titel „Postreferendar" und „Postasfcssor," die ihren Trägern doch nur ein mitleidiges Lächeln von denen eintragen könnten, die bisher allein gewohnt und berechtigt waren, diese Titel zu führen. Herr von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/322>, abgerufen am 26.06.2024.