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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.

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Vererbung

und sämtliche Idanten des Vaters der Mutter zurückbleiben. Unter den zurück¬
bleibenden Iden mit ihren Determinanten entspinnt sich nun, wie bereits bemerkt
wurde, ein Kampf, in dem die Mehrheit der homodynamen Determinanten
siegt. Weismann unterscheidet homologe und homodynamc Determinanten.
Homolog sind die für dieselbe Körperstelle bestimmten; darunter giebt es
homodyname, d. h. solche, die dieser Körperstelle denselben Charakter auszu¬
prägen vermögen. Überwiegen z. B. unter den Färbungsdeterminanten der
Iris in den väterlichen Iden die braunen.während es in den mütterlichen
braune, blaue, grane und grüne in gleicher Anzahl giebt, so werden die
braunen Determinanten im Kinde die Mehrheit haben, werden die verschieden¬
farbigen Minderheiten nicht zur Wirksamkeit kommen lassen und den Sprö߬
ling braunäugig machen. Da nun im Laufe der Geschlechtsfolgen die Ite
immer verschiedner werden, so wird eine immer geringere Anzahl homologer
Determinanten die Mehrheit bilden können gegenüber einem Heer von einzelnen
Kämpfern, von denen keiner Bundesgenossen hat, und so ist zu erklären, daß
manchmal eine zufällige, aus väterlichen und mütterlichen Determinanten zu¬
sammengesetzte kleine Mehrheit deu Typus eines Onkels, einer Tante oder
eines weit entfernten Urahnen ergiebt. Selbstverständlich nimmt die Wahr¬
scheinlichkeit eines solchen Rückschlags mit der Entfernung vom Ahnen stetig ab.

Ob der Jdant immer aus denselben Iden besteht, oder ob nach jeder Auf¬
lösung des Idanten die Ite bei der Wiedervereinigung ihre Plätze in den
Idanten wechseln und anders zusammengesetzte Idanten bilden, das ist weder
durchs Mikroskop noch auf andre Weise zu ermitteln (Weismann hält das
zweite für unwahrscheinlich V 733). Die Gelehrten der Weismannfchen Schule
sind noch nicht einmal einig darüber, ob wirklich die Kügelchen der Chromatin-
stübchen oder nicht vielmehr diese selbst als Ite anzusehen sind, sodaß also
die Kategorie "Jdant" ganz ausfallen würde lA 391). Im ersten Falle,
wenn sich die Ite jedesmal zu andern Idanten umgruppirten, würden die
Ergebnisse der Teilungen und Ausscheidungen noch mannichfaltiger ausfallen
können. Aber auch die Ite bleiben nicht unverändert. Auf ihrer Veränderlich¬
keit beruht die Möglichkeit der Entstehung neuer Gattungen. Die Mehrzahl
der Ite enthält nach Weismann sämtliche Artdeterminanten, sodaß jedes solche
Id für sich allein sämtliche Charaktereigenschaften der Art hervorzubringen
imstande ist. Von den übrigen Iden aber wird das eine "etwa nur unver¬
änderte Determinanten der Stammart enthalten, während ein andres schon
eine größere Übereinstimmung mit den reinen Iden der heutigen Art zeigen
mag, aber doch noch einige alte Determinanten beibehalten hat und so fort.
Eine derartige allmähliche Umwandlung der Ite in Bezug auf eine größere



*) Die Determinanten selbst sind natürlich weder braun noch blau; Weismann drückt sichnur der Kürze wegen so aus.
Grenzboten III 1897 ^
Vererbung

und sämtliche Idanten des Vaters der Mutter zurückbleiben. Unter den zurück¬
bleibenden Iden mit ihren Determinanten entspinnt sich nun, wie bereits bemerkt
wurde, ein Kampf, in dem die Mehrheit der homodynamen Determinanten
siegt. Weismann unterscheidet homologe und homodynamc Determinanten.
Homolog sind die für dieselbe Körperstelle bestimmten; darunter giebt es
homodyname, d. h. solche, die dieser Körperstelle denselben Charakter auszu¬
prägen vermögen. Überwiegen z. B. unter den Färbungsdeterminanten der
Iris in den väterlichen Iden die braunen.während es in den mütterlichen
braune, blaue, grane und grüne in gleicher Anzahl giebt, so werden die
braunen Determinanten im Kinde die Mehrheit haben, werden die verschieden¬
farbigen Minderheiten nicht zur Wirksamkeit kommen lassen und den Sprö߬
ling braunäugig machen. Da nun im Laufe der Geschlechtsfolgen die Ite
immer verschiedner werden, so wird eine immer geringere Anzahl homologer
Determinanten die Mehrheit bilden können gegenüber einem Heer von einzelnen
Kämpfern, von denen keiner Bundesgenossen hat, und so ist zu erklären, daß
manchmal eine zufällige, aus väterlichen und mütterlichen Determinanten zu¬
sammengesetzte kleine Mehrheit deu Typus eines Onkels, einer Tante oder
eines weit entfernten Urahnen ergiebt. Selbstverständlich nimmt die Wahr¬
scheinlichkeit eines solchen Rückschlags mit der Entfernung vom Ahnen stetig ab.

Ob der Jdant immer aus denselben Iden besteht, oder ob nach jeder Auf¬
lösung des Idanten die Ite bei der Wiedervereinigung ihre Plätze in den
Idanten wechseln und anders zusammengesetzte Idanten bilden, das ist weder
durchs Mikroskop noch auf andre Weise zu ermitteln (Weismann hält das
zweite für unwahrscheinlich V 733). Die Gelehrten der Weismannfchen Schule
sind noch nicht einmal einig darüber, ob wirklich die Kügelchen der Chromatin-
stübchen oder nicht vielmehr diese selbst als Ite anzusehen sind, sodaß also
die Kategorie „Jdant" ganz ausfallen würde lA 391). Im ersten Falle,
wenn sich die Ite jedesmal zu andern Idanten umgruppirten, würden die
Ergebnisse der Teilungen und Ausscheidungen noch mannichfaltiger ausfallen
können. Aber auch die Ite bleiben nicht unverändert. Auf ihrer Veränderlich¬
keit beruht die Möglichkeit der Entstehung neuer Gattungen. Die Mehrzahl
der Ite enthält nach Weismann sämtliche Artdeterminanten, sodaß jedes solche
Id für sich allein sämtliche Charaktereigenschaften der Art hervorzubringen
imstande ist. Von den übrigen Iden aber wird das eine „etwa nur unver¬
änderte Determinanten der Stammart enthalten, während ein andres schon
eine größere Übereinstimmung mit den reinen Iden der heutigen Art zeigen
mag, aber doch noch einige alte Determinanten beibehalten hat und so fort.
Eine derartige allmähliche Umwandlung der Ite in Bezug auf eine größere



*) Die Determinanten selbst sind natürlich weder braun noch blau; Weismann drückt sichnur der Kürze wegen so aus.
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[0033] Vererbung und sämtliche Idanten des Vaters der Mutter zurückbleiben. Unter den zurück¬ bleibenden Iden mit ihren Determinanten entspinnt sich nun, wie bereits bemerkt wurde, ein Kampf, in dem die Mehrheit der homodynamen Determinanten siegt. Weismann unterscheidet homologe und homodynamc Determinanten. Homolog sind die für dieselbe Körperstelle bestimmten; darunter giebt es homodyname, d. h. solche, die dieser Körperstelle denselben Charakter auszu¬ prägen vermögen. Überwiegen z. B. unter den Färbungsdeterminanten der Iris in den väterlichen Iden die braunen.während es in den mütterlichen braune, blaue, grane und grüne in gleicher Anzahl giebt, so werden die braunen Determinanten im Kinde die Mehrheit haben, werden die verschieden¬ farbigen Minderheiten nicht zur Wirksamkeit kommen lassen und den Sprö߬ ling braunäugig machen. Da nun im Laufe der Geschlechtsfolgen die Ite immer verschiedner werden, so wird eine immer geringere Anzahl homologer Determinanten die Mehrheit bilden können gegenüber einem Heer von einzelnen Kämpfern, von denen keiner Bundesgenossen hat, und so ist zu erklären, daß manchmal eine zufällige, aus väterlichen und mütterlichen Determinanten zu¬ sammengesetzte kleine Mehrheit deu Typus eines Onkels, einer Tante oder eines weit entfernten Urahnen ergiebt. Selbstverständlich nimmt die Wahr¬ scheinlichkeit eines solchen Rückschlags mit der Entfernung vom Ahnen stetig ab. Ob der Jdant immer aus denselben Iden besteht, oder ob nach jeder Auf¬ lösung des Idanten die Ite bei der Wiedervereinigung ihre Plätze in den Idanten wechseln und anders zusammengesetzte Idanten bilden, das ist weder durchs Mikroskop noch auf andre Weise zu ermitteln (Weismann hält das zweite für unwahrscheinlich V 733). Die Gelehrten der Weismannfchen Schule sind noch nicht einmal einig darüber, ob wirklich die Kügelchen der Chromatin- stübchen oder nicht vielmehr diese selbst als Ite anzusehen sind, sodaß also die Kategorie „Jdant" ganz ausfallen würde lA 391). Im ersten Falle, wenn sich die Ite jedesmal zu andern Idanten umgruppirten, würden die Ergebnisse der Teilungen und Ausscheidungen noch mannichfaltiger ausfallen können. Aber auch die Ite bleiben nicht unverändert. Auf ihrer Veränderlich¬ keit beruht die Möglichkeit der Entstehung neuer Gattungen. Die Mehrzahl der Ite enthält nach Weismann sämtliche Artdeterminanten, sodaß jedes solche Id für sich allein sämtliche Charaktereigenschaften der Art hervorzubringen imstande ist. Von den übrigen Iden aber wird das eine „etwa nur unver¬ änderte Determinanten der Stammart enthalten, während ein andres schon eine größere Übereinstimmung mit den reinen Iden der heutigen Art zeigen mag, aber doch noch einige alte Determinanten beibehalten hat und so fort. Eine derartige allmähliche Umwandlung der Ite in Bezug auf eine größere *) Die Determinanten selbst sind natürlich weder braun noch blau; Weismann drückt sichnur der Kürze wegen so aus. Grenzboten III 1897 ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_225585/33>, abgerufen am 28.12.2024.