Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.Midaskinder V Hermann Geser on (Fortsetzung) Sechstes Kapitel Rüdesheimer trinken ist auch nicht schriftstellern alte Viktor seinen Schreibtisch angesehen, ehe er sich zur Ruhe Lieber Servaz! Da komme ich heute hierher und höre rein zufällig von einem Polizeidiener, Dein treuer Pankraz, königlicher Bangehilse mit Diäten Dieser Zettel verriet mit keinem Worte, daß er während eines Dialogs zu Midaskinder V Hermann Geser on (Fortsetzung) Sechstes Kapitel Rüdesheimer trinken ist auch nicht schriftstellern alte Viktor seinen Schreibtisch angesehen, ehe er sich zur Ruhe Lieber Servaz! Da komme ich heute hierher und höre rein zufällig von einem Polizeidiener, Dein treuer Pankraz, königlicher Bangehilse mit Diäten Dieser Zettel verriet mit keinem Worte, daß er während eines Dialogs zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0203" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/225131"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341865_224927/figures/grenzboten_341865_224927_225131_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Midaskinder<lb/> V<note type="byline"> Hermann Geser</note> on (Fortsetzung) </head><lb/> <div n="2"> <head> Sechstes Kapitel<lb/> Rüdesheimer trinken ist auch nicht schriftstellern</head><lb/> <p xml:id="ID_645"> alte Viktor seinen Schreibtisch angesehen, ehe er sich zur Ruhe<lb/> begab, so wäre er nicht mit dem Gedanken eingeschlafen: Also<lb/> morgen uach An im Winkel. Dort lag nämlich ein abgerissenes<lb/> Blatt, mit Bleistift bekritzelt, und Viktor entzifferte mühsam am<lb/> nächsten Morgen folgende Botschaft:</p><lb/> <note type="salute"> Lieber Servaz!</note><lb/> <p xml:id="ID_646"> Da komme ich heute hierher und höre rein zufällig von einem Polizeidiener,<lb/> einem Prachtexemplar dieser Sorte, der mir den Weg zu deinem Nachbar säuerlich<lb/> zeigte, daß du als die derzeitige größte Sehenswürdigkeit Haßlachs hier bist, und<lb/> das; man dich entweder bei Frau Schwendeli findet, wovon ich das Gegenteil soeben<lb/> erlebe, oder bei einem Kleinkrämer Allgauer, den der Himmel kennt, aber nicht ich.<lb/> O Servaz, benimmt man sich so? Habe die Güte, dich angesichts dieses in das<lb/> Hotel zur Himmelsleiter, Zimmer Ur. 22, zu verfügen! Ich bin nur bis Montag hier.</p><lb/> <note type="closer"> Dein treuer Pankraz,<lb/> königlicher Bangehilse mit Diäten</note><lb/> <p xml:id="ID_647"> Dieser Zettel verriet mit keinem Worte, daß er während eines Dialogs zu<lb/> stände gekommen war. Also hier wohnt wirklich Herr Viktor Narzissus Zaugkel?<lb/> hatte der Schreiber gefragt, und Frau Schweudeli hatte lächelnd beteuert, er wohne<lb/> hier. —> Hat er' immer noch alle seine Sachen in so beleidigender Ordnung? —><lb/> Frau Schweudeli schlägt die Augen bewundernd zum Himmel auf. — Und ist er<lb/> immer noch so tiefsinnig-uuspaßhaft? — Frau Schweudeli nickt, lächelt und sagt:<lb/> Ja, ein ernster junger Herr! — Und legt er immer noch zu Hause schlechtere<lb/> Kleider an, um die guten zu schonen? — Hier verstummt Frau Schwendeli aus<lb/> Unkenntnis. — Und steht er immer noch so unmenschlich früh auf? brummt der<lb/> Schreibende weiter und achtet nicht auf die Antwort der Wirtin. Und was zum<lb/> Henker hat er denn mit den Schulen zu thun, der uniformirte Schreckensmauu<lb/> redete da was von Schulen inspiziren? — Frau Schwendeli vermutet, daß es mit<lb/> seiner Schriftstellerei zusammenhänge.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0203]
[Abbildung]
Midaskinder
V Hermann Geser on (Fortsetzung)
Sechstes Kapitel
Rüdesheimer trinken ist auch nicht schriftstellern
alte Viktor seinen Schreibtisch angesehen, ehe er sich zur Ruhe
begab, so wäre er nicht mit dem Gedanken eingeschlafen: Also
morgen uach An im Winkel. Dort lag nämlich ein abgerissenes
Blatt, mit Bleistift bekritzelt, und Viktor entzifferte mühsam am
nächsten Morgen folgende Botschaft:
Lieber Servaz!
Da komme ich heute hierher und höre rein zufällig von einem Polizeidiener,
einem Prachtexemplar dieser Sorte, der mir den Weg zu deinem Nachbar säuerlich
zeigte, daß du als die derzeitige größte Sehenswürdigkeit Haßlachs hier bist, und
das; man dich entweder bei Frau Schwendeli findet, wovon ich das Gegenteil soeben
erlebe, oder bei einem Kleinkrämer Allgauer, den der Himmel kennt, aber nicht ich.
O Servaz, benimmt man sich so? Habe die Güte, dich angesichts dieses in das
Hotel zur Himmelsleiter, Zimmer Ur. 22, zu verfügen! Ich bin nur bis Montag hier.
Dein treuer Pankraz,
königlicher Bangehilse mit Diäten
Dieser Zettel verriet mit keinem Worte, daß er während eines Dialogs zu
stände gekommen war. Also hier wohnt wirklich Herr Viktor Narzissus Zaugkel?
hatte der Schreiber gefragt, und Frau Schweudeli hatte lächelnd beteuert, er wohne
hier. —> Hat er' immer noch alle seine Sachen in so beleidigender Ordnung? —>
Frau Schweudeli schlägt die Augen bewundernd zum Himmel auf. — Und ist er
immer noch so tiefsinnig-uuspaßhaft? — Frau Schweudeli nickt, lächelt und sagt:
Ja, ein ernster junger Herr! — Und legt er immer noch zu Hause schlechtere
Kleider an, um die guten zu schonen? — Hier verstummt Frau Schwendeli aus
Unkenntnis. — Und steht er immer noch so unmenschlich früh auf? brummt der
Schreibende weiter und achtet nicht auf die Antwort der Wirtin. Und was zum
Henker hat er denn mit den Schulen zu thun, der uniformirte Schreckensmauu
redete da was von Schulen inspiziren? — Frau Schwendeli vermutet, daß es mit
seiner Schriftstellerei zusammenhänge.
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