Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.Unsre Postdampferlinien lebhaftere Beteiligung an den Wahlen zu Gunsten regierungsfreundlicher Ab¬ Unsre Postdampferlinien lebhaftere Beteiligung an den Wahlen zu Gunsten regierungsfreundlicher Ab¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0069" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224315"/> <fw type="header" place="top"> Unsre Postdampferlinien</fw><lb/> <p xml:id="ID_190" prev="#ID_189" next="#ID_191"> lebhaftere Beteiligung an den Wahlen zu Gunsten regierungsfreundlicher Ab¬<lb/> geordneten bethätigt hatte. In der Zwischenzeit hatte das deutsche Reich auch<lb/> die ersten erfolgreichen Schritte zur Gründung von Kolonien auf afrikanischen<lb/> Boden gethan. Durch Erlaß des Reichskanzlers vom 19. April 1884 war der<lb/> Afrikareisende Dr, Nachtigal beauftragt worden, „den Küstenstrich zwischen dem<lb/> Nigerdelta und Gabun, insbesondre die Strecke gegenüber der Insel Fernando Po<lb/> in der Bai von Biafra, möglichst westlich von der Kamerunmüudung bis zum Kap<lb/> Se. John unter deutschen Schutz zu stellen." Vor Ausführung dieses Auftrags<lb/> sah sich Nachtigal durch die gefährdete Lage der deutschen Faktoreien in Lome<lb/> und Bcigeida genötigt, am 5. Juli im Togogebiet die deutsche Flagge zu bisher.<lb/> Am 14. August geschah dann die Besitzergreifung des Kamerungebietes. In<lb/> demselben Monat war auch in Lüderitzlcmd die Reichsslagge gehißt und da¬<lb/> durch das Land vom Orcinjefluß bis zum 26. Breitengrad unter deutscheu<lb/> Schutz gestellt worden; anfang September hatte das Kanonenboot „Wolf"<lb/> das Land nördlich vom 26. Grade bis zum Kap Frio, mit Ausnahme der<lb/> Walfischbai, der deutschen Oberhoheit unterworfen. Um das wirtschaftliche<lb/> Gedeihen dieser Kolonien zu fördern und ihre Zugehörigkeit zum deutschen<lb/> Reiche kräftig zu betonen, erachtete es die Neichsregierung für notwendig,<lb/> zwischen Deutschland und der westafrikanischen Küste eine regelmäßige Dampfer¬<lb/> verbindung einzurichten. Der dem Reichstag am 20. November 1884 vor¬<lb/> gelegte Gesetzentwurf unterschied sich daher von dem frühern hauptsächlich da¬<lb/> durch, daß in ihm neben der asiatischen und australischen eine Verbindung nach<lb/> Afrika beabsichtigt war. Nach deu dem Entwurf beigegebnen Erläuterungen waren<lb/> folgende Dampferlinien in Aussicht genommen: 1. Für den Verkehr mit Ost¬<lb/> asien: a) eine Hauptlinie von der deutschen Küste nach Hongkong über Rotterdam<lb/> oder Antwerpen, Suez, Colombo (auf Ceylon) und Singapore; d) eine ent¬<lb/> weder von Trieft (oder Venedig) über Brindisi, oder von Genua über Neapel<lb/> führende Zweiglinie nach Alexandrien, die zugleich als Zugangslinie für die<lb/> australische Hauptlinie dienen sollte; o) eine Zweiglinie zwischen Hongkong und<lb/> Jokohama über Shanghai, Nagasaki und einen noch zu bestimmenden Hafen in<lb/> Korea. 2. Für den Verkehr mit Australien: es eine Hauptlinie von der deutschen<lb/> Küste nach Sydney über Rotterdam oder Antwerpen, Suez, Adelaide und Mel¬<lb/> bourne; b) eine Zweiglinie von Sydney nach den Tonga- und Samoainseln<lb/> und zurück nach Sydney. 3. Für den Verkehr mit West- und Ostafrika: eine<lb/> Hauptlinie von der deutschen Küste nach Sansibar über Rotterdam (oder Ant¬<lb/> werpen), Havre (oder Cherbourg), Gors, Angra-Pequena, Kapstadt, Natal, die<lb/> Delagoabai und Mozambique. Die zu zahlende Beihilfe war auf 5400000 Mark<lb/> bemessen. Die Erläuterungen schlössen sich zwar in ihrem Gedankengange eng<lb/> an die frühere Denkschrift an, sie stellten jedoch die postalischen Interessen nicht<lb/> in den Vordergrund, sondern legten das Hauptgewicht „auf die Handels- und<lb/> kolonialpolitischen Interessen, auf die Förderung des deutschen Handels, der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0069]
Unsre Postdampferlinien
lebhaftere Beteiligung an den Wahlen zu Gunsten regierungsfreundlicher Ab¬
geordneten bethätigt hatte. In der Zwischenzeit hatte das deutsche Reich auch
die ersten erfolgreichen Schritte zur Gründung von Kolonien auf afrikanischen
Boden gethan. Durch Erlaß des Reichskanzlers vom 19. April 1884 war der
Afrikareisende Dr, Nachtigal beauftragt worden, „den Küstenstrich zwischen dem
Nigerdelta und Gabun, insbesondre die Strecke gegenüber der Insel Fernando Po
in der Bai von Biafra, möglichst westlich von der Kamerunmüudung bis zum Kap
Se. John unter deutschen Schutz zu stellen." Vor Ausführung dieses Auftrags
sah sich Nachtigal durch die gefährdete Lage der deutschen Faktoreien in Lome
und Bcigeida genötigt, am 5. Juli im Togogebiet die deutsche Flagge zu bisher.
Am 14. August geschah dann die Besitzergreifung des Kamerungebietes. In
demselben Monat war auch in Lüderitzlcmd die Reichsslagge gehißt und da¬
durch das Land vom Orcinjefluß bis zum 26. Breitengrad unter deutscheu
Schutz gestellt worden; anfang September hatte das Kanonenboot „Wolf"
das Land nördlich vom 26. Grade bis zum Kap Frio, mit Ausnahme der
Walfischbai, der deutschen Oberhoheit unterworfen. Um das wirtschaftliche
Gedeihen dieser Kolonien zu fördern und ihre Zugehörigkeit zum deutschen
Reiche kräftig zu betonen, erachtete es die Neichsregierung für notwendig,
zwischen Deutschland und der westafrikanischen Küste eine regelmäßige Dampfer¬
verbindung einzurichten. Der dem Reichstag am 20. November 1884 vor¬
gelegte Gesetzentwurf unterschied sich daher von dem frühern hauptsächlich da¬
durch, daß in ihm neben der asiatischen und australischen eine Verbindung nach
Afrika beabsichtigt war. Nach deu dem Entwurf beigegebnen Erläuterungen waren
folgende Dampferlinien in Aussicht genommen: 1. Für den Verkehr mit Ost¬
asien: a) eine Hauptlinie von der deutschen Küste nach Hongkong über Rotterdam
oder Antwerpen, Suez, Colombo (auf Ceylon) und Singapore; d) eine ent¬
weder von Trieft (oder Venedig) über Brindisi, oder von Genua über Neapel
führende Zweiglinie nach Alexandrien, die zugleich als Zugangslinie für die
australische Hauptlinie dienen sollte; o) eine Zweiglinie zwischen Hongkong und
Jokohama über Shanghai, Nagasaki und einen noch zu bestimmenden Hafen in
Korea. 2. Für den Verkehr mit Australien: es eine Hauptlinie von der deutschen
Küste nach Sydney über Rotterdam oder Antwerpen, Suez, Adelaide und Mel¬
bourne; b) eine Zweiglinie von Sydney nach den Tonga- und Samoainseln
und zurück nach Sydney. 3. Für den Verkehr mit West- und Ostafrika: eine
Hauptlinie von der deutschen Küste nach Sansibar über Rotterdam (oder Ant¬
werpen), Havre (oder Cherbourg), Gors, Angra-Pequena, Kapstadt, Natal, die
Delagoabai und Mozambique. Die zu zahlende Beihilfe war auf 5400000 Mark
bemessen. Die Erläuterungen schlössen sich zwar in ihrem Gedankengange eng
an die frühere Denkschrift an, sie stellten jedoch die postalischen Interessen nicht
in den Vordergrund, sondern legten das Hauptgewicht „auf die Handels- und
kolonialpolitischen Interessen, auf die Förderung des deutschen Handels, der
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