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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Karl V. und die Fugger

seien nicht 94000 Gulden, sondern 450000 Gulden nötig. Es wurden aber
schließlich mehr als 850000 Gulden, wovon die Fugger 543000 hergaben,
die Welser 143000, die Genueser und Florentiner 165000. Es giebt eine
fein säuberlich aufgestellte Rechnung darüber: "Was Kaiser Karolus V. die
Römische Königswahl kostete," worin in kaufmännischer Weise vorgetragen
wird, womit die Kurfürsten, ihre Räte und Diener bedacht worden sind, was
vielen andern Grafen, Freiherrn und Rittern, dem Schwäbischen Bunde und
den spanischen Kommissären gezahlt wurde. Die entscheidende Stellung, die
die Fugger einnahmen, liegt nicht allein in der Höhe der Summe, die sie
zeichneten, sondern auch in ihrer politischen und geschäftlichen Zuverlässigkeit.
Die Kurfürsten erklärten wiederholt, daß sie nur ster Barzahlung oder für
Wechsel auf das Haus Fugger zu haben seien. Und Franz I. von Frankreich,
der Konkurrent Karls, versuchte es alles Ernstes, Fugger und andre deutsche
Geldmünuer zu sich herüberzuziehen. Während er sich bei den andern nicht ohne
Erfolg bemühte, erklärte Fugger, indem er glänzende ihm angebotene Geld¬
geschäfte ablehnte, ein guter und getreuer Unterthan des Königs seines Herrn
bleiben zu wolle". Man sieht, wie die entscheidenden politischen Mittel im
Geldgeschäfte lagen, und wie die ganze Kaiserwahl nichts andres als ein Geld¬
geschäft war. Was sonst an politischen Gründen und schönen Reden vor¬
gebracht wurde, war Komödie fürs Volk.

Bald zeigte sich, daß Karl mit der Erwerbung der Kaiserkrone kein
gutes Geschäft gemacht hatte. Er wurde in eine Reihe von Kriegen, besonders
mit seinem unversöhnlichen Konkurrenten verwickelt, und diese kosteten Un¬
summen von Geld und zerrütteten die Finanzen des Reichs in heilloser
Weise.

Schon bald nach der Wahl standen die Finanzen des Kaisers so schlecht,
daß sich Fugger am liebsten mit Verlust vom Geschäft zurückgezogen Hütte.
Er schrieb damals dem Kaiser einen Bries, worin er ihm mit kühnen Worten
vorhielt, daß der Kaiser die Krone ohne seine Hilfe nicht hätte erlangen
können; wenn er vom Hause Österreich hätte abstehen und Frankreich fördern
wollen, so hätte er viel Geld verdienen können, wie solches ihm auch ange¬
boten worden sei. Darum möge der Kaiser seinen Verpflichtungen nachkommen.
Der Kaiser scheint diesen Brief nicht übel genommen zu haben, und Fugger
borgte weiter.

Der Krieg gegen Franz begann mit günstigem Erfolg und günstiger Geld¬
lage, doch reichten die Mittel nicht aus. Da die von England erhellten
Subsidien zu spät eintrafen, so stand das ausgezeichnete Heer, das Karl in
Oberitalien hatte, auf dem Punkte, aus einander zu laufen. Der französische
Heerführer, der von der bedrängten Lage der Kaiserlichen Kunde hatte, suchte
die Entscheidung zu verzögern. Da griff mau aus Hunger das französische
Heer bei Pavia an, besiegte es und nahm Franz gefangen. Jetzt gab es Geld,


Karl V. und die Fugger

seien nicht 94000 Gulden, sondern 450000 Gulden nötig. Es wurden aber
schließlich mehr als 850000 Gulden, wovon die Fugger 543000 hergaben,
die Welser 143000, die Genueser und Florentiner 165000. Es giebt eine
fein säuberlich aufgestellte Rechnung darüber: „Was Kaiser Karolus V. die
Römische Königswahl kostete," worin in kaufmännischer Weise vorgetragen
wird, womit die Kurfürsten, ihre Räte und Diener bedacht worden sind, was
vielen andern Grafen, Freiherrn und Rittern, dem Schwäbischen Bunde und
den spanischen Kommissären gezahlt wurde. Die entscheidende Stellung, die
die Fugger einnahmen, liegt nicht allein in der Höhe der Summe, die sie
zeichneten, sondern auch in ihrer politischen und geschäftlichen Zuverlässigkeit.
Die Kurfürsten erklärten wiederholt, daß sie nur ster Barzahlung oder für
Wechsel auf das Haus Fugger zu haben seien. Und Franz I. von Frankreich,
der Konkurrent Karls, versuchte es alles Ernstes, Fugger und andre deutsche
Geldmünuer zu sich herüberzuziehen. Während er sich bei den andern nicht ohne
Erfolg bemühte, erklärte Fugger, indem er glänzende ihm angebotene Geld¬
geschäfte ablehnte, ein guter und getreuer Unterthan des Königs seines Herrn
bleiben zu wolle«. Man sieht, wie die entscheidenden politischen Mittel im
Geldgeschäfte lagen, und wie die ganze Kaiserwahl nichts andres als ein Geld¬
geschäft war. Was sonst an politischen Gründen und schönen Reden vor¬
gebracht wurde, war Komödie fürs Volk.

Bald zeigte sich, daß Karl mit der Erwerbung der Kaiserkrone kein
gutes Geschäft gemacht hatte. Er wurde in eine Reihe von Kriegen, besonders
mit seinem unversöhnlichen Konkurrenten verwickelt, und diese kosteten Un¬
summen von Geld und zerrütteten die Finanzen des Reichs in heilloser
Weise.

Schon bald nach der Wahl standen die Finanzen des Kaisers so schlecht,
daß sich Fugger am liebsten mit Verlust vom Geschäft zurückgezogen Hütte.
Er schrieb damals dem Kaiser einen Bries, worin er ihm mit kühnen Worten
vorhielt, daß der Kaiser die Krone ohne seine Hilfe nicht hätte erlangen
können; wenn er vom Hause Österreich hätte abstehen und Frankreich fördern
wollen, so hätte er viel Geld verdienen können, wie solches ihm auch ange¬
boten worden sei. Darum möge der Kaiser seinen Verpflichtungen nachkommen.
Der Kaiser scheint diesen Brief nicht übel genommen zu haben, und Fugger
borgte weiter.

Der Krieg gegen Franz begann mit günstigem Erfolg und günstiger Geld¬
lage, doch reichten die Mittel nicht aus. Da die von England erhellten
Subsidien zu spät eintrafen, so stand das ausgezeichnete Heer, das Karl in
Oberitalien hatte, auf dem Punkte, aus einander zu laufen. Der französische
Heerführer, der von der bedrängten Lage der Kaiserlichen Kunde hatte, suchte
die Entscheidung zu verzögern. Da griff mau aus Hunger das französische
Heer bei Pavia an, besiegte es und nahm Franz gefangen. Jetzt gab es Geld,


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[0531] Karl V. und die Fugger seien nicht 94000 Gulden, sondern 450000 Gulden nötig. Es wurden aber schließlich mehr als 850000 Gulden, wovon die Fugger 543000 hergaben, die Welser 143000, die Genueser und Florentiner 165000. Es giebt eine fein säuberlich aufgestellte Rechnung darüber: „Was Kaiser Karolus V. die Römische Königswahl kostete," worin in kaufmännischer Weise vorgetragen wird, womit die Kurfürsten, ihre Räte und Diener bedacht worden sind, was vielen andern Grafen, Freiherrn und Rittern, dem Schwäbischen Bunde und den spanischen Kommissären gezahlt wurde. Die entscheidende Stellung, die die Fugger einnahmen, liegt nicht allein in der Höhe der Summe, die sie zeichneten, sondern auch in ihrer politischen und geschäftlichen Zuverlässigkeit. Die Kurfürsten erklärten wiederholt, daß sie nur ster Barzahlung oder für Wechsel auf das Haus Fugger zu haben seien. Und Franz I. von Frankreich, der Konkurrent Karls, versuchte es alles Ernstes, Fugger und andre deutsche Geldmünuer zu sich herüberzuziehen. Während er sich bei den andern nicht ohne Erfolg bemühte, erklärte Fugger, indem er glänzende ihm angebotene Geld¬ geschäfte ablehnte, ein guter und getreuer Unterthan des Königs seines Herrn bleiben zu wolle«. Man sieht, wie die entscheidenden politischen Mittel im Geldgeschäfte lagen, und wie die ganze Kaiserwahl nichts andres als ein Geld¬ geschäft war. Was sonst an politischen Gründen und schönen Reden vor¬ gebracht wurde, war Komödie fürs Volk. Bald zeigte sich, daß Karl mit der Erwerbung der Kaiserkrone kein gutes Geschäft gemacht hatte. Er wurde in eine Reihe von Kriegen, besonders mit seinem unversöhnlichen Konkurrenten verwickelt, und diese kosteten Un¬ summen von Geld und zerrütteten die Finanzen des Reichs in heilloser Weise. Schon bald nach der Wahl standen die Finanzen des Kaisers so schlecht, daß sich Fugger am liebsten mit Verlust vom Geschäft zurückgezogen Hütte. Er schrieb damals dem Kaiser einen Bries, worin er ihm mit kühnen Worten vorhielt, daß der Kaiser die Krone ohne seine Hilfe nicht hätte erlangen können; wenn er vom Hause Österreich hätte abstehen und Frankreich fördern wollen, so hätte er viel Geld verdienen können, wie solches ihm auch ange¬ boten worden sei. Darum möge der Kaiser seinen Verpflichtungen nachkommen. Der Kaiser scheint diesen Brief nicht übel genommen zu haben, und Fugger borgte weiter. Der Krieg gegen Franz begann mit günstigem Erfolg und günstiger Geld¬ lage, doch reichten die Mittel nicht aus. Da die von England erhellten Subsidien zu spät eintrafen, so stand das ausgezeichnete Heer, das Karl in Oberitalien hatte, auf dem Punkte, aus einander zu laufen. Der französische Heerführer, der von der bedrängten Lage der Kaiserlichen Kunde hatte, suchte die Entscheidung zu verzögern. Da griff mau aus Hunger das französische Heer bei Pavia an, besiegte es und nahm Franz gefangen. Jetzt gab es Geld,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/531>, abgerufen am 29.06.2024.