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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Rarl V. und die Fugger

Subsidien, Lösegelder und Vorschüsse die Hülle und Fülle. Hier hatte also
nicht das Geld Soldaten gemacht, sondern umgekehrt -- nach dem Ausspruche
Macchiavells -- Soldaten das Geld.

Im Jahre 1524 pachteten die Fugger zum erstenmale auf drei Jahre die
Einkünfte der spanischen Krone aus den drei großen geistlichen Ritterorden von
Se. Jago, Calatrava und Alccmtara. Diesen Pacht der "Mästrazgos" haben
sie mit einigen Unterbrechungen hundert Jahre in Händen gehabt. Der Pacht¬
zins betrug anfangs 135000 Dukaten oder 50 Millionen Maravedis, 1538
bis 1542 57 Millionen, 1563 bis 1572 93 Millionen und seit 1595
100^/z Millionen. Die Pächter mußten immer den Zins im voraus bezahlen,
was vermutlich auch im Jahre 1524 geschah.

Was die Fugger in ihrer Glanzzeit 1511 bis 1527 verdienten, ist aus
den Bilanzen dieser zwei Jahre zu ersehen. 1511 besaßen sie an liegenden
Gründen, Waren und sonstigen Aktiven 245463 Gulden, im Jahre 1527
2032652 Gulden. Hiervon sind abzuziehen 11450 Gulden für Stiftungen
und 196791 Anlagekapital von 1511. So bleiben 1824411 Gulden. Das
bedeutet für den ganzen Zeitraum einen Gewinn von 927 Prozent, für das
Jahr einen Gewinn von durchschnittlich 54^/z Prozent.

Dem im Jahre 1528 gestorbnen Jakob Fugger folgte sein Neffe Anton
Fugger. Dieser beobachtete in den nächsten Jahren in den Geschäften mit dem
Kaiser einige Zurückhaltung, da ausreichende Sicherheiten schon im Jahre 1526
nicht mehr zu beschaffen waren. Er ließ es geschehen, daß die Genueser und
der Antwerpner Markt dem Kaiser die geforderten Mittel vorstreckten. Neue
Anforderungen an den Kredit brachten die Türkenkriege und die Wahl Ferdinands
zum römischen Könige. Nach langen Bemühungen erhielt Karl vom Papste
die Cruzada bewilligt, eine Kreuzzugsbulle, auf Grund deren sich jedermann,
der zum Kriege gegen die Türken beisteuerte, Ablaß kaufen konnte. Diese
Cruzada wurde ganz in der Weise, wie es der Erzbischof von Mainz und Jakob
Fugger gemacht hatten, zu Gelde gemacht. Zur Wahl Ferdinands gaben die
Fugger 275000 Gulden her. Nach einer Aufstellung vom Jahre 1530 wär
Ferdinand den Fuggern bereits eine Million Gulden schuldig, und zwar
112000 Gulden von der Wahl Kaiser Karls, 249000 auf das Einkommen in
Neapel und 258000 Gulden alte -- schon 1527 als uneinbringlich abge-
schriebne -- ungarische Schuld.

Ich übergehe die Zeit bis zum Schmalkaldischen Krieg, aus der die
Quellen spärlicher fließen. Auch jetzt hielten die Fugger treu zum Kaiser. Die
Unterstützung, die er bei den großen katholischen Handelshäusern fand, er¬
regte beim Schmalkaldischen Bunde große Erbitterung. Man forderte vom
Magistrat zu Augsburg, daß er die Fugger bestimmen solle, auch dem
Bunde Gelde zu geben; Augsburg würde sonst als Feind behandelt werden.
Die Augsburger erklärte" sich jedoch für solidarisch mit deu Fuggern, wofür


Rarl V. und die Fugger

Subsidien, Lösegelder und Vorschüsse die Hülle und Fülle. Hier hatte also
nicht das Geld Soldaten gemacht, sondern umgekehrt — nach dem Ausspruche
Macchiavells — Soldaten das Geld.

Im Jahre 1524 pachteten die Fugger zum erstenmale auf drei Jahre die
Einkünfte der spanischen Krone aus den drei großen geistlichen Ritterorden von
Se. Jago, Calatrava und Alccmtara. Diesen Pacht der „Mästrazgos" haben
sie mit einigen Unterbrechungen hundert Jahre in Händen gehabt. Der Pacht¬
zins betrug anfangs 135000 Dukaten oder 50 Millionen Maravedis, 1538
bis 1542 57 Millionen, 1563 bis 1572 93 Millionen und seit 1595
100^/z Millionen. Die Pächter mußten immer den Zins im voraus bezahlen,
was vermutlich auch im Jahre 1524 geschah.

Was die Fugger in ihrer Glanzzeit 1511 bis 1527 verdienten, ist aus
den Bilanzen dieser zwei Jahre zu ersehen. 1511 besaßen sie an liegenden
Gründen, Waren und sonstigen Aktiven 245463 Gulden, im Jahre 1527
2032652 Gulden. Hiervon sind abzuziehen 11450 Gulden für Stiftungen
und 196791 Anlagekapital von 1511. So bleiben 1824411 Gulden. Das
bedeutet für den ganzen Zeitraum einen Gewinn von 927 Prozent, für das
Jahr einen Gewinn von durchschnittlich 54^/z Prozent.

Dem im Jahre 1528 gestorbnen Jakob Fugger folgte sein Neffe Anton
Fugger. Dieser beobachtete in den nächsten Jahren in den Geschäften mit dem
Kaiser einige Zurückhaltung, da ausreichende Sicherheiten schon im Jahre 1526
nicht mehr zu beschaffen waren. Er ließ es geschehen, daß die Genueser und
der Antwerpner Markt dem Kaiser die geforderten Mittel vorstreckten. Neue
Anforderungen an den Kredit brachten die Türkenkriege und die Wahl Ferdinands
zum römischen Könige. Nach langen Bemühungen erhielt Karl vom Papste
die Cruzada bewilligt, eine Kreuzzugsbulle, auf Grund deren sich jedermann,
der zum Kriege gegen die Türken beisteuerte, Ablaß kaufen konnte. Diese
Cruzada wurde ganz in der Weise, wie es der Erzbischof von Mainz und Jakob
Fugger gemacht hatten, zu Gelde gemacht. Zur Wahl Ferdinands gaben die
Fugger 275000 Gulden her. Nach einer Aufstellung vom Jahre 1530 wär
Ferdinand den Fuggern bereits eine Million Gulden schuldig, und zwar
112000 Gulden von der Wahl Kaiser Karls, 249000 auf das Einkommen in
Neapel und 258000 Gulden alte — schon 1527 als uneinbringlich abge-
schriebne — ungarische Schuld.

Ich übergehe die Zeit bis zum Schmalkaldischen Krieg, aus der die
Quellen spärlicher fließen. Auch jetzt hielten die Fugger treu zum Kaiser. Die
Unterstützung, die er bei den großen katholischen Handelshäusern fand, er¬
regte beim Schmalkaldischen Bunde große Erbitterung. Man forderte vom
Magistrat zu Augsburg, daß er die Fugger bestimmen solle, auch dem
Bunde Gelde zu geben; Augsburg würde sonst als Feind behandelt werden.
Die Augsburger erklärte» sich jedoch für solidarisch mit deu Fuggern, wofür


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[0532] Rarl V. und die Fugger Subsidien, Lösegelder und Vorschüsse die Hülle und Fülle. Hier hatte also nicht das Geld Soldaten gemacht, sondern umgekehrt — nach dem Ausspruche Macchiavells — Soldaten das Geld. Im Jahre 1524 pachteten die Fugger zum erstenmale auf drei Jahre die Einkünfte der spanischen Krone aus den drei großen geistlichen Ritterorden von Se. Jago, Calatrava und Alccmtara. Diesen Pacht der „Mästrazgos" haben sie mit einigen Unterbrechungen hundert Jahre in Händen gehabt. Der Pacht¬ zins betrug anfangs 135000 Dukaten oder 50 Millionen Maravedis, 1538 bis 1542 57 Millionen, 1563 bis 1572 93 Millionen und seit 1595 100^/z Millionen. Die Pächter mußten immer den Zins im voraus bezahlen, was vermutlich auch im Jahre 1524 geschah. Was die Fugger in ihrer Glanzzeit 1511 bis 1527 verdienten, ist aus den Bilanzen dieser zwei Jahre zu ersehen. 1511 besaßen sie an liegenden Gründen, Waren und sonstigen Aktiven 245463 Gulden, im Jahre 1527 2032652 Gulden. Hiervon sind abzuziehen 11450 Gulden für Stiftungen und 196791 Anlagekapital von 1511. So bleiben 1824411 Gulden. Das bedeutet für den ganzen Zeitraum einen Gewinn von 927 Prozent, für das Jahr einen Gewinn von durchschnittlich 54^/z Prozent. Dem im Jahre 1528 gestorbnen Jakob Fugger folgte sein Neffe Anton Fugger. Dieser beobachtete in den nächsten Jahren in den Geschäften mit dem Kaiser einige Zurückhaltung, da ausreichende Sicherheiten schon im Jahre 1526 nicht mehr zu beschaffen waren. Er ließ es geschehen, daß die Genueser und der Antwerpner Markt dem Kaiser die geforderten Mittel vorstreckten. Neue Anforderungen an den Kredit brachten die Türkenkriege und die Wahl Ferdinands zum römischen Könige. Nach langen Bemühungen erhielt Karl vom Papste die Cruzada bewilligt, eine Kreuzzugsbulle, auf Grund deren sich jedermann, der zum Kriege gegen die Türken beisteuerte, Ablaß kaufen konnte. Diese Cruzada wurde ganz in der Weise, wie es der Erzbischof von Mainz und Jakob Fugger gemacht hatten, zu Gelde gemacht. Zur Wahl Ferdinands gaben die Fugger 275000 Gulden her. Nach einer Aufstellung vom Jahre 1530 wär Ferdinand den Fuggern bereits eine Million Gulden schuldig, und zwar 112000 Gulden von der Wahl Kaiser Karls, 249000 auf das Einkommen in Neapel und 258000 Gulden alte — schon 1527 als uneinbringlich abge- schriebne — ungarische Schuld. Ich übergehe die Zeit bis zum Schmalkaldischen Krieg, aus der die Quellen spärlicher fließen. Auch jetzt hielten die Fugger treu zum Kaiser. Die Unterstützung, die er bei den großen katholischen Handelshäusern fand, er¬ regte beim Schmalkaldischen Bunde große Erbitterung. Man forderte vom Magistrat zu Augsburg, daß er die Fugger bestimmen solle, auch dem Bunde Gelde zu geben; Augsburg würde sonst als Feind behandelt werden. Die Augsburger erklärte» sich jedoch für solidarisch mit deu Fuggern, wofür

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/532>, abgerufen am 29.06.2024.