Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Englische Zustände an die Befriedigung der edleren Leidenschaften j. Englands große Grundbesitzer Etwas ähnliches ist das Bergregal einiger schlesischen Magnaten, dem Für fünfzehn britische Grundeigentümer belaufen sich diese jährlich auf sjes zweieinviertel
Million Mark, und für weitere fünfzig auf einachtel bis zweieinviertel Millionen Mark im Jahre. Anm> von Steffens. -- Freilich giebt es auch kleinere Besitzer, die durch den Rückgang der Pachtzinsen zur Einschränkung ihrer Lebensstellung genötigt werden. Englische Zustände an die Befriedigung der edleren Leidenschaften j. Englands große Grundbesitzer Etwas ähnliches ist das Bergregal einiger schlesischen Magnaten, dem Für fünfzehn britische Grundeigentümer belaufen sich diese jährlich auf sjes zweieinviertel
Million Mark, und für weitere fünfzig auf einachtel bis zweieinviertel Millionen Mark im Jahre. Anm> von Steffens. — Freilich giebt es auch kleinere Besitzer, die durch den Rückgang der Pachtzinsen zur Einschränkung ihrer Lebensstellung genötigt werden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0563" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224147"/> <fw type="header" place="top"> Englische Zustände</fw><lb/> <p xml:id="ID_1681" prev="#ID_1680"> an die Befriedigung der edleren Leidenschaften j. Englands große Grundbesitzer<lb/> ältern, neuern und neuesten Datums sind so reich und haben so große Kapi¬<lb/> talien in industriellen und kommerziellen Unternehmungen angelegt, daß die<lb/> Rentabilität ihres Grundbesitzes selten die einzige wichtige Frage für sie bildet.<lb/> Sogar Landfürsten vom Hochadel, wie der Herzog von Westminster, der Herzog<lb/> von Devonshire, der Graf von Derby, deren jährliche Pachteinnahmen enorm<lb/> sind,*) gehören im Lande zu den stärksten Besitzern industrieller und finan¬<lb/> zieller Wertpapiere, sodaß sie noch ungeheuer reich blieben, selbst wenn ihr<lb/> Grundbesitz einmal konfiszirt würde. Außerdem ist zu beachten, daß zu dem<lb/> Einkommen englischer Grundbesitzer aus landwirtschaftlichen Pacht noch hinzu¬<lb/> treten die Rente vom Grund und Boden Londons, der Industriestädte und<lb/> der industriellen Anlagen und die Grubenrente. Wie »gedrückt« der Gruben¬<lb/> betrieb auch zeitweise sein mag, wie bitter die Fehden sein mögen, die zwischen<lb/> Grubenkapitalisten mit verminderter Dividende und Grubenarbeitern mit herab¬<lb/> gesetzten Löhnen ausgefochten werden, so kommt doch dabei die Abgabe auf<lb/> jede Tonne geschürftes Erz oder ausgeschmolzenes Metall, die der Landeigen¬<lb/> tümer verlangt, niemals in Frage. Besonders wunderlich erscheint diese Steuer,<lb/> wenn man sie mit der Arbeitslöhnen vergleicht. Die drei adlichen Besitzer eines ge¬<lb/> wissen Hämatitlagerbezirks erhalten zusammen jährlich gegen zweieinhalb Millionen<lb/> Mark von der großen Bergwerkgesellschaft, die dem Bezirk industrielles Leben<lb/> brachte, indem sie ihn mit vierzig Millionen Mark befruchtete. Die zahlreichen<lb/> Arbeiter der Gesellschaft, die ihre beste Zeit unten in der Stollenfinsternis ver¬<lb/> bringen oder das ganze Jahr hindurch vor Schmelzöfen geschmort werden,<lb/> müssen sich dagegen mit 1275000 begnügen, d. h. mit der Hälfte des Ein¬<lb/> kommens der drei ganz unthätigen Edelleute."</p><lb/> <p xml:id="ID_1682" next="#ID_1683"> Etwas ähnliches ist das Bergregal einiger schlesischen Magnaten, dem<lb/> übrigens jetzt von einem rechts- und geschichtskundigen Manne, dem Archivar<lb/> I>r. Konrad Wuttke, scharf zu Leibe gegangen wird. Die Frage, wie das englische<lb/> Pächterwesen auf den Betrieb wirke, ist für uns nebensächlich; wir haben die<lb/> Stelle aus Steffen nur abgeschrieben, um noch einmal klar zu machen, daß<lb/> und warum die englischen Landlords in der Lage sind, ihren Pächtern bei<lb/> sinkender Rentabilität durch entsprechende Pachtnachlässe zu helfen. Und in<lb/> diesem Punkte behält ohne Zweifel Koenig gegen Steffen recht: trotz aller<lb/> Gebundenheit befindet sich in unsrer kapitalistischen Gesellschaftsordnung der<lb/> Pächter vielfach wohler als der freie Besitzer, weil er — einen vernünftigen<lb/> Landlord vorausgesetzt — in Krisen weniger gefährdet ist. Zugleich aber liegt<lb/> hier der Schlüssel zur Lösung der ganzen modernen Agrarfrage. Ein Pacht-</p><lb/> <note xml:id="FID_76" place="foot"> Für fünfzehn britische Grundeigentümer belaufen sich diese jährlich auf sjes zweieinviertel<lb/> Million Mark, und für weitere fünfzig auf einachtel bis zweieinviertel Millionen Mark im Jahre.<lb/> Anm> von Steffens. — Freilich giebt es auch kleinere Besitzer, die durch den Rückgang der<lb/> Pachtzinsen zur Einschränkung ihrer Lebensstellung genötigt werden.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0563]
Englische Zustände
an die Befriedigung der edleren Leidenschaften j. Englands große Grundbesitzer
ältern, neuern und neuesten Datums sind so reich und haben so große Kapi¬
talien in industriellen und kommerziellen Unternehmungen angelegt, daß die
Rentabilität ihres Grundbesitzes selten die einzige wichtige Frage für sie bildet.
Sogar Landfürsten vom Hochadel, wie der Herzog von Westminster, der Herzog
von Devonshire, der Graf von Derby, deren jährliche Pachteinnahmen enorm
sind,*) gehören im Lande zu den stärksten Besitzern industrieller und finan¬
zieller Wertpapiere, sodaß sie noch ungeheuer reich blieben, selbst wenn ihr
Grundbesitz einmal konfiszirt würde. Außerdem ist zu beachten, daß zu dem
Einkommen englischer Grundbesitzer aus landwirtschaftlichen Pacht noch hinzu¬
treten die Rente vom Grund und Boden Londons, der Industriestädte und
der industriellen Anlagen und die Grubenrente. Wie »gedrückt« der Gruben¬
betrieb auch zeitweise sein mag, wie bitter die Fehden sein mögen, die zwischen
Grubenkapitalisten mit verminderter Dividende und Grubenarbeitern mit herab¬
gesetzten Löhnen ausgefochten werden, so kommt doch dabei die Abgabe auf
jede Tonne geschürftes Erz oder ausgeschmolzenes Metall, die der Landeigen¬
tümer verlangt, niemals in Frage. Besonders wunderlich erscheint diese Steuer,
wenn man sie mit der Arbeitslöhnen vergleicht. Die drei adlichen Besitzer eines ge¬
wissen Hämatitlagerbezirks erhalten zusammen jährlich gegen zweieinhalb Millionen
Mark von der großen Bergwerkgesellschaft, die dem Bezirk industrielles Leben
brachte, indem sie ihn mit vierzig Millionen Mark befruchtete. Die zahlreichen
Arbeiter der Gesellschaft, die ihre beste Zeit unten in der Stollenfinsternis ver¬
bringen oder das ganze Jahr hindurch vor Schmelzöfen geschmort werden,
müssen sich dagegen mit 1275000 begnügen, d. h. mit der Hälfte des Ein¬
kommens der drei ganz unthätigen Edelleute."
Etwas ähnliches ist das Bergregal einiger schlesischen Magnaten, dem
übrigens jetzt von einem rechts- und geschichtskundigen Manne, dem Archivar
I>r. Konrad Wuttke, scharf zu Leibe gegangen wird. Die Frage, wie das englische
Pächterwesen auf den Betrieb wirke, ist für uns nebensächlich; wir haben die
Stelle aus Steffen nur abgeschrieben, um noch einmal klar zu machen, daß
und warum die englischen Landlords in der Lage sind, ihren Pächtern bei
sinkender Rentabilität durch entsprechende Pachtnachlässe zu helfen. Und in
diesem Punkte behält ohne Zweifel Koenig gegen Steffen recht: trotz aller
Gebundenheit befindet sich in unsrer kapitalistischen Gesellschaftsordnung der
Pächter vielfach wohler als der freie Besitzer, weil er — einen vernünftigen
Landlord vorausgesetzt — in Krisen weniger gefährdet ist. Zugleich aber liegt
hier der Schlüssel zur Lösung der ganzen modernen Agrarfrage. Ein Pacht-
Für fünfzehn britische Grundeigentümer belaufen sich diese jährlich auf sjes zweieinviertel
Million Mark, und für weitere fünfzig auf einachtel bis zweieinviertel Millionen Mark im Jahre.
Anm> von Steffens. — Freilich giebt es auch kleinere Besitzer, die durch den Rückgang der
Pachtzinsen zur Einschränkung ihrer Lebensstellung genötigt werden.
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