Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

Schumann noch darauf aufmerksam, daß er die Redaktion der Zeitschrift nicht
auf seine Kosten, sondern auf Kosten des Verlegers Friese führe. Wenn sie
aber auch nach Ablauf der Kontraktfrist an ihn selbst falle, so habe er davon
nur Vorteil zu erwarten, "da bei einer Anzahl von 443 Abonnenten ein Netto¬
ertrag von 1550 Thalern erwächst"; daß die Zeitschrift "doch uicht so unbe¬
deutend j unbeliebt^ und ungelesen" sein könne, wie sie Wieck zu schildern sich
abmühe, gehe daraus hervor, daß sie schon den siebenten Jahrgang ange¬
treten habe.

Auf das, was Wieck "in den gehässigsten Farben" über Schumanns
Persönlichkeit und Lebensweise vorgebracht hatte, erwidert Schumann kurz
folgendes. ,,Deu Kreis, in dessen Gesellschaft Kläger manch schönen Abend
in erlaubter Heiterkeit zubrachte, und zu welchem die von Beklagten auf¬
geführten Künstler und Gelehrten gehörten, besuchte Herr Wieck selbst täglich,
^war sogar meist der Letzte, der ihn verließe und dies beweist wohl hinläng¬
lich, daß er ihn nicht für so unwürdig und schädlich, wie er ihn jetzt dar¬
zustellen sich bemüht, halten mußte." Früher habe Wieck eine ganz andre
Meinung über Schumann ausgesprochen als jetzt; in seinen Briefen sage er,
"daß er die höchste Achtung vor seiner Person und seinem Talente und auf¬
richtige Teilnahme für seine künftige glückliche Stellung hege." Diese Ge¬
sinnung habe er auch dadurch bestätigt, daß er Schumann gebeten habe, Paten¬
stelle bei einem seiner Kinder zu vertreten/') Zum Beweise legte Schumann
eine Anzahl Briefe Wiecks bei, u. a. auch den Brief, den Wieck noch am 7. Mai
1839 an Clara nach Paris geschrieben und worin er die Bedingung gestellt
hatte, daß die Hochzeit zu Michaeli stattfinden sollte, denn -- wie es wörtlich
in diesem Briefe hieß --: "ihr beide habt nichts mehr zu erwarten, habt das
Alter dazu, habt Talente und Kräfte, um euch zu ernähren." Für "ganz
unwahr kund unwürdig^" erklärt Schumann die Behauptung, er habe Wieck
aufgefordert, mit seiner Tochter auch noch nach ihrer Verheiratung Kunstreisen zu
unternehmen und den Gewinn dann mit ihm zu teilen. Die frühere Neigung zu
einem andern Mädchen endlich, die Schumann gehabt haben sollte, sei "rein
freundschaftlicher Art" gewesen. "Nie hat Kläger um das Jawort zu einer
Verbindung mit Fräulein von Fr., ^seit November 1838 verheirateten Gräfin
von Z.^, den Vater derselben angegangen." Übrigens habe Wieck selbst dem
Vater des Mädchens Schumann mit den glänzendsten Farben geschildert und
gerühmt, wie aus Briefen bewiesen werden könne."*)




^) Schumann nun' am 28. Juli 1834 zusammen mit Ernestine von Fricker Pate ge¬
wesen bei einem Töchterchen Wiecks, Cäcilie (geb. den 17, Juli 1834).
-) Einer dieser Briefe (von, 1. August 1834) ist bei Kohut S, !>v abgedruckt. Darin
secht es: "Wie viel müszte ich schreiben, um diesen.etwas launigen (so), störrischen, aber noblen,
herrlichen, schwärmerischen, hochbegabten, bis ins Tiefste geistig ausgebildeten genialen Tonsetzer
und Schriftsteller sah. naher zu beschreiben!" -- Höchst merkwürdige Briefe Ernestinens um Clara

Schumann noch darauf aufmerksam, daß er die Redaktion der Zeitschrift nicht
auf seine Kosten, sondern auf Kosten des Verlegers Friese führe. Wenn sie
aber auch nach Ablauf der Kontraktfrist an ihn selbst falle, so habe er davon
nur Vorteil zu erwarten, „da bei einer Anzahl von 443 Abonnenten ein Netto¬
ertrag von 1550 Thalern erwächst"; daß die Zeitschrift „doch uicht so unbe¬
deutend j unbeliebt^ und ungelesen" sein könne, wie sie Wieck zu schildern sich
abmühe, gehe daraus hervor, daß sie schon den siebenten Jahrgang ange¬
treten habe.

Auf das, was Wieck „in den gehässigsten Farben" über Schumanns
Persönlichkeit und Lebensweise vorgebracht hatte, erwidert Schumann kurz
folgendes. ,,Deu Kreis, in dessen Gesellschaft Kläger manch schönen Abend
in erlaubter Heiterkeit zubrachte, und zu welchem die von Beklagten auf¬
geführten Künstler und Gelehrten gehörten, besuchte Herr Wieck selbst täglich,
^war sogar meist der Letzte, der ihn verließe und dies beweist wohl hinläng¬
lich, daß er ihn nicht für so unwürdig und schädlich, wie er ihn jetzt dar¬
zustellen sich bemüht, halten mußte." Früher habe Wieck eine ganz andre
Meinung über Schumann ausgesprochen als jetzt; in seinen Briefen sage er,
„daß er die höchste Achtung vor seiner Person und seinem Talente und auf¬
richtige Teilnahme für seine künftige glückliche Stellung hege." Diese Ge¬
sinnung habe er auch dadurch bestätigt, daß er Schumann gebeten habe, Paten¬
stelle bei einem seiner Kinder zu vertreten/') Zum Beweise legte Schumann
eine Anzahl Briefe Wiecks bei, u. a. auch den Brief, den Wieck noch am 7. Mai
1839 an Clara nach Paris geschrieben und worin er die Bedingung gestellt
hatte, daß die Hochzeit zu Michaeli stattfinden sollte, denn — wie es wörtlich
in diesem Briefe hieß —: „ihr beide habt nichts mehr zu erwarten, habt das
Alter dazu, habt Talente und Kräfte, um euch zu ernähren." Für „ganz
unwahr kund unwürdig^" erklärt Schumann die Behauptung, er habe Wieck
aufgefordert, mit seiner Tochter auch noch nach ihrer Verheiratung Kunstreisen zu
unternehmen und den Gewinn dann mit ihm zu teilen. Die frühere Neigung zu
einem andern Mädchen endlich, die Schumann gehabt haben sollte, sei „rein
freundschaftlicher Art" gewesen. „Nie hat Kläger um das Jawort zu einer
Verbindung mit Fräulein von Fr., ^seit November 1838 verheirateten Gräfin
von Z.^, den Vater derselben angegangen." Übrigens habe Wieck selbst dem
Vater des Mädchens Schumann mit den glänzendsten Farben geschildert und
gerühmt, wie aus Briefen bewiesen werden könne."*)




^) Schumann nun' am 28. Juli 1834 zusammen mit Ernestine von Fricker Pate ge¬
wesen bei einem Töchterchen Wiecks, Cäcilie (geb. den 17, Juli 1834).
-) Einer dieser Briefe (von, 1. August 1834) ist bei Kohut S, !>v abgedruckt. Darin
secht es: „Wie viel müszte ich schreiben, um diesen.etwas launigen (so), störrischen, aber noblen,
herrlichen, schwärmerischen, hochbegabten, bis ins Tiefste geistig ausgebildeten genialen Tonsetzer
und Schriftsteller sah. naher zu beschreiben!" — Höchst merkwürdige Briefe Ernestinens um Clara
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224110"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1575" prev="#ID_1574"> Schumann noch darauf aufmerksam, daß er die Redaktion der Zeitschrift nicht<lb/>
auf seine Kosten, sondern auf Kosten des Verlegers Friese führe. Wenn sie<lb/>
aber auch nach Ablauf der Kontraktfrist an ihn selbst falle, so habe er davon<lb/>
nur Vorteil zu erwarten, &#x201E;da bei einer Anzahl von 443 Abonnenten ein Netto¬<lb/>
ertrag von 1550 Thalern erwächst"; daß die Zeitschrift &#x201E;doch uicht so unbe¬<lb/>
deutend j unbeliebt^ und ungelesen" sein könne, wie sie Wieck zu schildern sich<lb/>
abmühe, gehe daraus hervor, daß sie schon den siebenten Jahrgang ange¬<lb/>
treten habe.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1576"> Auf das, was Wieck &#x201E;in den gehässigsten Farben" über Schumanns<lb/>
Persönlichkeit und Lebensweise vorgebracht hatte, erwidert Schumann kurz<lb/>
folgendes. ,,Deu Kreis, in dessen Gesellschaft Kläger manch schönen Abend<lb/>
in erlaubter Heiterkeit zubrachte, und zu welchem die von Beklagten auf¬<lb/>
geführten Künstler und Gelehrten gehörten, besuchte Herr Wieck selbst täglich,<lb/>
^war sogar meist der Letzte, der ihn verließe und dies beweist wohl hinläng¬<lb/>
lich, daß er ihn nicht für so unwürdig und schädlich, wie er ihn jetzt dar¬<lb/>
zustellen sich bemüht, halten mußte." Früher habe Wieck eine ganz andre<lb/>
Meinung über Schumann ausgesprochen als jetzt; in seinen Briefen sage er,<lb/>
&#x201E;daß er die höchste Achtung vor seiner Person und seinem Talente und auf¬<lb/>
richtige Teilnahme für seine künftige glückliche Stellung hege." Diese Ge¬<lb/>
sinnung habe er auch dadurch bestätigt, daß er Schumann gebeten habe, Paten¬<lb/>
stelle bei einem seiner Kinder zu vertreten/') Zum Beweise legte Schumann<lb/>
eine Anzahl Briefe Wiecks bei, u. a. auch den Brief, den Wieck noch am 7. Mai<lb/>
1839 an Clara nach Paris geschrieben und worin er die Bedingung gestellt<lb/>
hatte, daß die Hochzeit zu Michaeli stattfinden sollte, denn &#x2014; wie es wörtlich<lb/>
in diesem Briefe hieß &#x2014;: &#x201E;ihr beide habt nichts mehr zu erwarten, habt das<lb/>
Alter dazu, habt Talente und Kräfte, um euch zu ernähren." Für &#x201E;ganz<lb/>
unwahr kund unwürdig^" erklärt Schumann die Behauptung, er habe Wieck<lb/>
aufgefordert, mit seiner Tochter auch noch nach ihrer Verheiratung Kunstreisen zu<lb/>
unternehmen und den Gewinn dann mit ihm zu teilen. Die frühere Neigung zu<lb/>
einem andern Mädchen endlich, die Schumann gehabt haben sollte, sei &#x201E;rein<lb/>
freundschaftlicher Art" gewesen. &#x201E;Nie hat Kläger um das Jawort zu einer<lb/>
Verbindung mit Fräulein von Fr., ^seit November 1838 verheirateten Gräfin<lb/>
von Z.^, den Vater derselben angegangen." Übrigens habe Wieck selbst dem<lb/>
Vater des Mädchens Schumann mit den glänzendsten Farben geschildert und<lb/>
gerühmt, wie aus Briefen bewiesen werden könne."*)</p><lb/>
          <note xml:id="FID_61" place="foot"> ^) Schumann nun' am 28. Juli 1834 zusammen mit Ernestine von Fricker Pate ge¬<lb/>
wesen bei einem Töchterchen Wiecks, Cäcilie (geb. den 17, Juli 1834).</note><lb/>
          <note xml:id="FID_62" place="foot" next="#FID_63"> -) Einer dieser Briefe (von, 1. August 1834) ist bei Kohut S, !&gt;v abgedruckt. Darin<lb/>
secht es: &#x201E;Wie viel müszte ich schreiben, um diesen.etwas launigen (so), störrischen, aber noblen,<lb/>
herrlichen, schwärmerischen, hochbegabten, bis ins Tiefste geistig ausgebildeten genialen Tonsetzer<lb/>
und Schriftsteller sah. naher zu beschreiben!" &#x2014; Höchst merkwürdige Briefe Ernestinens um Clara</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0526] Schumann noch darauf aufmerksam, daß er die Redaktion der Zeitschrift nicht auf seine Kosten, sondern auf Kosten des Verlegers Friese führe. Wenn sie aber auch nach Ablauf der Kontraktfrist an ihn selbst falle, so habe er davon nur Vorteil zu erwarten, „da bei einer Anzahl von 443 Abonnenten ein Netto¬ ertrag von 1550 Thalern erwächst"; daß die Zeitschrift „doch uicht so unbe¬ deutend j unbeliebt^ und ungelesen" sein könne, wie sie Wieck zu schildern sich abmühe, gehe daraus hervor, daß sie schon den siebenten Jahrgang ange¬ treten habe. Auf das, was Wieck „in den gehässigsten Farben" über Schumanns Persönlichkeit und Lebensweise vorgebracht hatte, erwidert Schumann kurz folgendes. ,,Deu Kreis, in dessen Gesellschaft Kläger manch schönen Abend in erlaubter Heiterkeit zubrachte, und zu welchem die von Beklagten auf¬ geführten Künstler und Gelehrten gehörten, besuchte Herr Wieck selbst täglich, ^war sogar meist der Letzte, der ihn verließe und dies beweist wohl hinläng¬ lich, daß er ihn nicht für so unwürdig und schädlich, wie er ihn jetzt dar¬ zustellen sich bemüht, halten mußte." Früher habe Wieck eine ganz andre Meinung über Schumann ausgesprochen als jetzt; in seinen Briefen sage er, „daß er die höchste Achtung vor seiner Person und seinem Talente und auf¬ richtige Teilnahme für seine künftige glückliche Stellung hege." Diese Ge¬ sinnung habe er auch dadurch bestätigt, daß er Schumann gebeten habe, Paten¬ stelle bei einem seiner Kinder zu vertreten/') Zum Beweise legte Schumann eine Anzahl Briefe Wiecks bei, u. a. auch den Brief, den Wieck noch am 7. Mai 1839 an Clara nach Paris geschrieben und worin er die Bedingung gestellt hatte, daß die Hochzeit zu Michaeli stattfinden sollte, denn — wie es wörtlich in diesem Briefe hieß —: „ihr beide habt nichts mehr zu erwarten, habt das Alter dazu, habt Talente und Kräfte, um euch zu ernähren." Für „ganz unwahr kund unwürdig^" erklärt Schumann die Behauptung, er habe Wieck aufgefordert, mit seiner Tochter auch noch nach ihrer Verheiratung Kunstreisen zu unternehmen und den Gewinn dann mit ihm zu teilen. Die frühere Neigung zu einem andern Mädchen endlich, die Schumann gehabt haben sollte, sei „rein freundschaftlicher Art" gewesen. „Nie hat Kläger um das Jawort zu einer Verbindung mit Fräulein von Fr., ^seit November 1838 verheirateten Gräfin von Z.^, den Vater derselben angegangen." Übrigens habe Wieck selbst dem Vater des Mädchens Schumann mit den glänzendsten Farben geschildert und gerühmt, wie aus Briefen bewiesen werden könne."*) ^) Schumann nun' am 28. Juli 1834 zusammen mit Ernestine von Fricker Pate ge¬ wesen bei einem Töchterchen Wiecks, Cäcilie (geb. den 17, Juli 1834). -) Einer dieser Briefe (von, 1. August 1834) ist bei Kohut S, !>v abgedruckt. Darin secht es: „Wie viel müszte ich schreiben, um diesen.etwas launigen (so), störrischen, aber noblen, herrlichen, schwärmerischen, hochbegabten, bis ins Tiefste geistig ausgebildeten genialen Tonsetzer und Schriftsteller sah. naher zu beschreiben!" — Höchst merkwürdige Briefe Ernestinens um Clara

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/526
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/526>, abgerufen am 08.01.2025.