Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Aus Clara Schumanns Brautzeit perlicher und geistiger Kräfte nicht imstande gewesen ist, von seinem Ver¬ Der zweite Weigerungsgrund Wiecks bezog sich auf Schumanns "Indivi¬ Als weitere Weigerungsgründe führte Wieck noch an, daß Schumann so¬ Alle diese Weigerungsgründe widerlegte Schumann in seiner Gegenschrift Was im Folgenden in Klammern gesetzt ist, sind Zusätze oder Verbesserungen, die Schu¬
mann mit eigner Hand in Einerts Entwurf angebracht hat. Aus Clara Schumanns Brautzeit perlicher und geistiger Kräfte nicht imstande gewesen ist, von seinem Ver¬ Der zweite Weigerungsgrund Wiecks bezog sich auf Schumanns „Indivi¬ Als weitere Weigerungsgründe führte Wieck noch an, daß Schumann so¬ Alle diese Weigerungsgründe widerlegte Schumann in seiner Gegenschrift Was im Folgenden in Klammern gesetzt ist, sind Zusätze oder Verbesserungen, die Schu¬
mann mit eigner Hand in Einerts Entwurf angebracht hat. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0524" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224108"/> <fw type="header" place="top"> Aus Clara Schumanns Brautzeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1569" prev="#ID_1568"> perlicher und geistiger Kräfte nicht imstande gewesen ist, von seinem Ver¬<lb/> dienste sich zu erhalten, wenn ich nachweise, daß selbst die Zinsen des von ihm<lb/> behaupteten Kapitals neben diesem Verdienste nicht ausgereicht haben, seine<lb/> Bedürfnisse zu decken, daß vielmehr ein wesentlicher Teil jenes Kapitalver¬<lb/> mögens zu diesem Behufe hat verwendet werden müssen, und so Herr Schumann<lb/> in seiner finanziellen Lage, anstatt vorwärts zu kommen oder mindestens stehen<lb/> zu bleiben, rückwärts gegangen ist, so muß doch darin der sicherste Beweis<lb/> gefunden werden, daß meine Besorgnisse gerecht ^sind^, meine Behauptung ge¬<lb/> gründetist." Die künstlerischen Leistungen seiner Tochter dürften bei der beabsich¬<lb/> tigten Ehe nicht weiter als Erwerbsquelle betrachtet werdeu. Wenigstens könne<lb/> in den Ständen, denen seine Tochter ihrer Erziehung und ihrem Talente nach<lb/> angehöre, auf eine Thätigkeit der Frau, die auf unmittelbaren Erwerb gerichtet<lb/> sei, nicht gerechnet werden. Schumann könne schon „im Interesse seiner eignen<lb/> Ehre" darauf nicht rechnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1570"> Der zweite Weigerungsgrund Wiecks bezog sich auf Schumanns „Indivi¬<lb/> dualität und Charakter." Namentlich war es ein Vorwurf, den Wieck wieder¬<lb/> holt schriftlich wie mündlich mit dürren Worten aussprach, und der sich<lb/> auf Schumanns regelmäßige Teilnahme an der bekannten Tafelrunde in der<lb/> bairischen Bierstube zum „Kasseebaum" in Leipzig gründete. Dieser Vorwurf<lb/> war es, den Wieck beweisen sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1571"> Als weitere Weigerungsgründe führte Wieck noch an, daß Schumann so¬<lb/> wohl wie Clara früher eine „andre Neigung" gehabt habe — gemeint war,<lb/> was Schumann betrifft, sein bekanntes Liebesverhältnis zu Ernestine von Fricker<lb/> aus Asch in Böhmen, die im Sommer 1834 im Alter von sechzehn Jahren<lb/> Wiecks Schülerin in Leipzig gewesen war —, daß Schumann durch seine Per¬<lb/> sönlichkeit nicht geeignet erscheine, Clara auf Kunstreisen förderlich zu sein,<lb/> daß Clara nicht zur Hausfrau gebildet sei usw.</p><lb/> <p xml:id="ID_1572" next="#ID_1573"> Alle diese Weigerungsgründe widerlegte Schumann in seiner Gegenschrift<lb/> vom 26. Februar.^) Was deu ersten Punkt betrifft, so führt er folgendes<lb/> ans: „Kläger ererbte beim Tode seines Vaters im Jahre 1826 von diesem ein<lb/> Vermögen von ^eireci^ 9500 Thalern. Wenn nun dieses Kapital auch allerdings<lb/> hinreichend gewesen wäre, daß Kläger seinen Lebensunterhalt von den Zinsen<lb/> desselben Hütte bestreiten können, wenn er die zu seinein einmal gewählten<lb/> Berufe nötige Ausbildung beim Tode seines Vaters, >wo Kläger erst 16 Jahre<lb/> zählte^ bereits erlangt gehabt hätte, so konnte er doch ^späterhin'! unmöglich<lb/> von den Zinsen allein die bedeutenden Kosten, die seine Studien, die zu seiner<lb/> großen ^zu weiterer^ Ausbildung nötigen Reisen pp. erforderten, bestreiten. Er<lb/> konnte dies um so weniger, da er außerdem von keiner Seite her irgend eine</p><lb/> <note xml:id="FID_60" place="foot"> Was im Folgenden in Klammern gesetzt ist, sind Zusätze oder Verbesserungen, die Schu¬<lb/> mann mit eigner Hand in Einerts Entwurf angebracht hat.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0524]
Aus Clara Schumanns Brautzeit
perlicher und geistiger Kräfte nicht imstande gewesen ist, von seinem Ver¬
dienste sich zu erhalten, wenn ich nachweise, daß selbst die Zinsen des von ihm
behaupteten Kapitals neben diesem Verdienste nicht ausgereicht haben, seine
Bedürfnisse zu decken, daß vielmehr ein wesentlicher Teil jenes Kapitalver¬
mögens zu diesem Behufe hat verwendet werden müssen, und so Herr Schumann
in seiner finanziellen Lage, anstatt vorwärts zu kommen oder mindestens stehen
zu bleiben, rückwärts gegangen ist, so muß doch darin der sicherste Beweis
gefunden werden, daß meine Besorgnisse gerecht ^sind^, meine Behauptung ge¬
gründetist." Die künstlerischen Leistungen seiner Tochter dürften bei der beabsich¬
tigten Ehe nicht weiter als Erwerbsquelle betrachtet werdeu. Wenigstens könne
in den Ständen, denen seine Tochter ihrer Erziehung und ihrem Talente nach
angehöre, auf eine Thätigkeit der Frau, die auf unmittelbaren Erwerb gerichtet
sei, nicht gerechnet werden. Schumann könne schon „im Interesse seiner eignen
Ehre" darauf nicht rechnen.
Der zweite Weigerungsgrund Wiecks bezog sich auf Schumanns „Indivi¬
dualität und Charakter." Namentlich war es ein Vorwurf, den Wieck wieder¬
holt schriftlich wie mündlich mit dürren Worten aussprach, und der sich
auf Schumanns regelmäßige Teilnahme an der bekannten Tafelrunde in der
bairischen Bierstube zum „Kasseebaum" in Leipzig gründete. Dieser Vorwurf
war es, den Wieck beweisen sollte.
Als weitere Weigerungsgründe führte Wieck noch an, daß Schumann so¬
wohl wie Clara früher eine „andre Neigung" gehabt habe — gemeint war,
was Schumann betrifft, sein bekanntes Liebesverhältnis zu Ernestine von Fricker
aus Asch in Böhmen, die im Sommer 1834 im Alter von sechzehn Jahren
Wiecks Schülerin in Leipzig gewesen war —, daß Schumann durch seine Per¬
sönlichkeit nicht geeignet erscheine, Clara auf Kunstreisen förderlich zu sein,
daß Clara nicht zur Hausfrau gebildet sei usw.
Alle diese Weigerungsgründe widerlegte Schumann in seiner Gegenschrift
vom 26. Februar.^) Was deu ersten Punkt betrifft, so führt er folgendes
ans: „Kläger ererbte beim Tode seines Vaters im Jahre 1826 von diesem ein
Vermögen von ^eireci^ 9500 Thalern. Wenn nun dieses Kapital auch allerdings
hinreichend gewesen wäre, daß Kläger seinen Lebensunterhalt von den Zinsen
desselben Hütte bestreiten können, wenn er die zu seinein einmal gewählten
Berufe nötige Ausbildung beim Tode seines Vaters, >wo Kläger erst 16 Jahre
zählte^ bereits erlangt gehabt hätte, so konnte er doch ^späterhin'! unmöglich
von den Zinsen allein die bedeutenden Kosten, die seine Studien, die zu seiner
großen ^zu weiterer^ Ausbildung nötigen Reisen pp. erforderten, bestreiten. Er
konnte dies um so weniger, da er außerdem von keiner Seite her irgend eine
Was im Folgenden in Klammern gesetzt ist, sind Zusätze oder Verbesserungen, die Schu¬
mann mit eigner Hand in Einerts Entwurf angebracht hat.
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