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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Aus Llara Schumanns Brautzeit

mindestens zwei Termine, einer vor dem Geistlichen und einer vor dem Gericht,
stattfinden würden. Vor Ansprüchen ihres Vaters auf ihre Person werde ste
am besten geschützt sein, wenn sie in Begleitung ihrer Mutter nach Leipzig
komme.") "Wohl fühle ich -- schließt er --. daß Ihnen schweres bevorsteht,
und glaube ich auch die Nachteile beurteilen zu können, die die Entfernung
Kor Paris Ihnen zuziehen wird, allein Ihr persönliches Hiersein ist unerlä߬
lich, wenn die Sache Fortgang haben soll."

So blieb ihr denn nichts übrig, als nach Deutschland zurückzukehren.
Sie kam zunächst nach Leipzig und versuchte es, sich hier mit ihrem
Vater zu einigen. Als dieser Versuch mißlang, ging sie nach Berlin zu ihrer
Mutter, mit der sich Schumann schon vorher persönlich geeinigt hatte. Mitte
September forderte sie der Vater auf, nochmals nach Leipzig zu einer Unter¬
redung zu kommen. Schumann, der gerade bei feiner Braut in Berlin weilte,
schickte den Brief Wiecks an Einert. "Der beifolgende Brief -- schreibt er am
September -- wird Ihnen allerhand zu denken geben. Meiner Meinung
nach darf Klara den Antrag nicht zurückweisen, da er wenigstens den Schein
"wer Aufrichtigkeit für sich hat. Vor allem müssen wir aber mit Ihnen
freche". Wir machen uns also schon Morgen Abends (so) nach Leipzig auf,
wo wir Mittwoch ^d. 18.^ nach Tisch eintreffen und Sie in den Stunden von
drei bis fünf zu Hause zu treffen hoffen. In keinem Falle nehmen wir natür¬
lich die Klage eher zurück, als Hr. Wieck sich auf eine oder die andre Weise
erklärt. Vielleicht daß wir es noch in Frieden erlangen." Aber die Hoffnung
ichlug fehl, ^in zu keiner Verständigung. Darauf beantragte das Braut¬
paar einen Sühnetermin vor dem Archidiakonus Fischer von der Nikolaikirche,
leck wurde dazu eingeladen, erklärte aber, er habe für diesen Tag eine Reise
"r. Einen zweiten Termin vereitelte er dadurch, daß er zwar kam, aber zu
lpat, als sich das Brautpaar schon wieder entfernt hatte, und dem Geistlichen
erklärte, "daß er seine Einwilligung in diese Verbindung seiner Tochter nie
ö^den werde, sowie, daß er nicht bestimmen könne, wann es jemals seine
ehehafte erlauben würden, einem auf andre Zeit zu verlegenden Sühneversnche
beizuwohnen."

Glücklicherweise ließ jetzt das Appellationsgericht seine anfängliche irrtüm-
uche Auffassung der Sache stillschweigend fallen, verzichtete auf das geistliche
Zeugnis und lud die Parteien für den 2. Oktober zur mündlichen Verhandlung



") Für Leser, denen die FmnMenverlMnisse Wicckü nicht gegenwärtig sind, sei bemerkt,
"s> er seit .1817 in erster Ehe verheiratet gewesen war mit Marianne Tromlih, Diese Ehe,
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M'heu Theodor Fechner, Ans dieser Ehe stammt die noch lebende Halbschwester Claras:
-plane Wieck (geb. den 17. Januar
Grenzboten IV 1896 W
Aus Llara Schumanns Brautzeit

mindestens zwei Termine, einer vor dem Geistlichen und einer vor dem Gericht,
stattfinden würden. Vor Ansprüchen ihres Vaters auf ihre Person werde ste
am besten geschützt sein, wenn sie in Begleitung ihrer Mutter nach Leipzig
komme.") „Wohl fühle ich — schließt er —. daß Ihnen schweres bevorsteht,
und glaube ich auch die Nachteile beurteilen zu können, die die Entfernung
Kor Paris Ihnen zuziehen wird, allein Ihr persönliches Hiersein ist unerlä߬
lich, wenn die Sache Fortgang haben soll."

So blieb ihr denn nichts übrig, als nach Deutschland zurückzukehren.
Sie kam zunächst nach Leipzig und versuchte es, sich hier mit ihrem
Vater zu einigen. Als dieser Versuch mißlang, ging sie nach Berlin zu ihrer
Mutter, mit der sich Schumann schon vorher persönlich geeinigt hatte. Mitte
September forderte sie der Vater auf, nochmals nach Leipzig zu einer Unter¬
redung zu kommen. Schumann, der gerade bei feiner Braut in Berlin weilte,
schickte den Brief Wiecks an Einert. „Der beifolgende Brief — schreibt er am
September — wird Ihnen allerhand zu denken geben. Meiner Meinung
nach darf Klara den Antrag nicht zurückweisen, da er wenigstens den Schein
«wer Aufrichtigkeit für sich hat. Vor allem müssen wir aber mit Ihnen
freche». Wir machen uns also schon Morgen Abends (so) nach Leipzig auf,
wo wir Mittwoch ^d. 18.^ nach Tisch eintreffen und Sie in den Stunden von
drei bis fünf zu Hause zu treffen hoffen. In keinem Falle nehmen wir natür¬
lich die Klage eher zurück, als Hr. Wieck sich auf eine oder die andre Weise
erklärt. Vielleicht daß wir es noch in Frieden erlangen." Aber die Hoffnung
ichlug fehl, ^in zu keiner Verständigung. Darauf beantragte das Braut¬
paar einen Sühnetermin vor dem Archidiakonus Fischer von der Nikolaikirche,
leck wurde dazu eingeladen, erklärte aber, er habe für diesen Tag eine Reise
"r. Einen zweiten Termin vereitelte er dadurch, daß er zwar kam, aber zu
lpat, als sich das Brautpaar schon wieder entfernt hatte, und dem Geistlichen
erklärte, „daß er seine Einwilligung in diese Verbindung seiner Tochter nie
ö^den werde, sowie, daß er nicht bestimmen könne, wann es jemals seine
ehehafte erlauben würden, einem auf andre Zeit zu verlegenden Sühneversnche
beizuwohnen."

Glücklicherweise ließ jetzt das Appellationsgericht seine anfängliche irrtüm-
uche Auffassung der Sache stillschweigend fallen, verzichtete auf das geistliche
Zeugnis und lud die Parteien für den 2. Oktober zur mündlichen Verhandlung



") Für Leser, denen die FmnMenverlMnisse Wicckü nicht gegenwärtig sind, sei bemerkt,
"s> er seit .1817 in erster Ehe verheiratet gewesen war mit Marianne Tromlih, Diese Ehe,
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[0521] Aus Llara Schumanns Brautzeit mindestens zwei Termine, einer vor dem Geistlichen und einer vor dem Gericht, stattfinden würden. Vor Ansprüchen ihres Vaters auf ihre Person werde ste am besten geschützt sein, wenn sie in Begleitung ihrer Mutter nach Leipzig komme.") „Wohl fühle ich — schließt er —. daß Ihnen schweres bevorsteht, und glaube ich auch die Nachteile beurteilen zu können, die die Entfernung Kor Paris Ihnen zuziehen wird, allein Ihr persönliches Hiersein ist unerlä߬ lich, wenn die Sache Fortgang haben soll." So blieb ihr denn nichts übrig, als nach Deutschland zurückzukehren. Sie kam zunächst nach Leipzig und versuchte es, sich hier mit ihrem Vater zu einigen. Als dieser Versuch mißlang, ging sie nach Berlin zu ihrer Mutter, mit der sich Schumann schon vorher persönlich geeinigt hatte. Mitte September forderte sie der Vater auf, nochmals nach Leipzig zu einer Unter¬ redung zu kommen. Schumann, der gerade bei feiner Braut in Berlin weilte, schickte den Brief Wiecks an Einert. „Der beifolgende Brief — schreibt er am September — wird Ihnen allerhand zu denken geben. Meiner Meinung nach darf Klara den Antrag nicht zurückweisen, da er wenigstens den Schein «wer Aufrichtigkeit für sich hat. Vor allem müssen wir aber mit Ihnen freche». Wir machen uns also schon Morgen Abends (so) nach Leipzig auf, wo wir Mittwoch ^d. 18.^ nach Tisch eintreffen und Sie in den Stunden von drei bis fünf zu Hause zu treffen hoffen. In keinem Falle nehmen wir natür¬ lich die Klage eher zurück, als Hr. Wieck sich auf eine oder die andre Weise erklärt. Vielleicht daß wir es noch in Frieden erlangen." Aber die Hoffnung ichlug fehl, ^in zu keiner Verständigung. Darauf beantragte das Braut¬ paar einen Sühnetermin vor dem Archidiakonus Fischer von der Nikolaikirche, leck wurde dazu eingeladen, erklärte aber, er habe für diesen Tag eine Reise "r. Einen zweiten Termin vereitelte er dadurch, daß er zwar kam, aber zu lpat, als sich das Brautpaar schon wieder entfernt hatte, und dem Geistlichen erklärte, „daß er seine Einwilligung in diese Verbindung seiner Tochter nie ö^den werde, sowie, daß er nicht bestimmen könne, wann es jemals seine ehehafte erlauben würden, einem auf andre Zeit zu verlegenden Sühneversnche beizuwohnen." Glücklicherweise ließ jetzt das Appellationsgericht seine anfängliche irrtüm- uche Auffassung der Sache stillschweigend fallen, verzichtete auf das geistliche Zeugnis und lud die Parteien für den 2. Oktober zur mündlichen Verhandlung ") Für Leser, denen die FmnMenverlMnisse Wicckü nicht gegenwärtig sind, sei bemerkt, "s> er seit .1817 in erster Ehe verheiratet gewesen war mit Marianne Tromlih, Diese Ehe, aus der l5s,-,»,> Mi:„.« »......., .... ......... ....... -.^...i. i>.»>,> ......... .......>_____ M'heu Theodor Fechner, Ans dieser Ehe stammt die noch lebende Halbschwester Claras: -plane Wieck (geb. den 17. Januar Grenzboten IV 1896 W

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/521>, abgerufen am 08.01.2025.