Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Aus Llara Schumanns Brautzeit wie könnte ich jetzt mit meinem Vater einen Tag zusammen leben! Ich bitte Sie, Schumann schrieb mir, daß Sie einen guten Ausgang des Prozesses ver¬ Noch einige Fragen erlauben Sie mir: gilt die Vollmacht, die ich geschickt, Verzeihen Sie, daß ich Ihre Zeit in Anspruch genommen, und genehmigen Ihrerergebenen Clara Wieck. Paris Ruo an> NiiVÄrin, 1'aubourg UontmkU'ti'iz Uo. 12 ist meine Adresse. Inzwischen war aber schon unter dem 19. Juli ein Bescheid des Appella¬ Aus Llara Schumanns Brautzeit wie könnte ich jetzt mit meinem Vater einen Tag zusammen leben! Ich bitte Sie, Schumann schrieb mir, daß Sie einen guten Ausgang des Prozesses ver¬ Noch einige Fragen erlauben Sie mir: gilt die Vollmacht, die ich geschickt, Verzeihen Sie, daß ich Ihre Zeit in Anspruch genommen, und genehmigen Ihrerergebenen Clara Wieck. Paris Ruo an> NiiVÄrin, 1'aubourg UontmkU'ti'iz Uo. 12 ist meine Adresse. Inzwischen war aber schon unter dem 19. Juli ein Bescheid des Appella¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0520" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224104"/> <fw type="header" place="top"> Aus Llara Schumanns Brautzeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1549" prev="#ID_1548"> wie könnte ich jetzt mit meinem Vater einen Tag zusammen leben! Ich bitte Sie,<lb/> thuen Sie ja Alles, was in Ihren Kräften steht, Sie machen zwei glückliche<lb/> Menschen, und hab ich meinem Vater nicht öffentlich persönlich gegenüber gestanden,<lb/> so ist auch an eine baldige Versöhnung zu denken. Glauben Sie, verehrtester<lb/> Herr, wir verdienen es, glücklich zu sein, denn wir haben schon viel um einander<lb/> gelitten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1550"> Schumann schrieb mir, daß Sie einen guten Ausgang des Prozesses ver¬<lb/> sprechen, wenn wir muthig bleiben — unseres ausharrenden Muthes können Sie<lb/> versichert sein, dafür bürgt unsere Liebe. Könnte ich Ihnen doch mein ganzes Herz<lb/> zeigen, Sie würden die Überzeugung gewinnen, daß Sie für das Glück Zweier<lb/> handeln, die es Ihnen ewig danken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1551"> Noch einige Fragen erlauben Sie mir: gilt die Vollmacht, die ich geschickt,<lb/> nicht genug? soll ich vielleicht einen Brief an das Gericht zu Leipzig schreiben,<lb/> worin ich erkläre, daß Schumann ganze Vollmacht über mich habe, und daß ich<lb/> mit Allem, was er thue, einverstanden sei? Haben Sie doch die Güte, mir zu<lb/> schreiben, was ich thuen soll, und ob Sie fest glauben, daß meine Anwesenheit in<lb/> Leipzig nöthig sein wird? was Sie überhaupt von dem Ausgang der Sache denken?<lb/> ich würde es Ihnen sehr danken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1552"> Verzeihen Sie, daß ich Ihre Zeit in Anspruch genommen, und genehmigen<lb/> Sie nnr noch die Versicherung der vollkommensten Hochachtung</p><lb/> <note type="closer"> Ihrerergebenen<lb/><note type="bibl"> Clara Wieck.</note></note><lb/> <p xml:id="ID_1553"> Paris<lb/> d. 2L./7. 39.</p><lb/> <p xml:id="ID_1554"> Ruo an> NiiVÄrin, 1'aubourg UontmkU'ti'iz Uo. 12 ist meine Adresse.</p><lb/> <p xml:id="ID_1555" next="#ID_1556"> Inzwischen war aber schon unter dem 19. Juli ein Bescheid des Appella¬<lb/> tionsgerichts ergangen. Das Gericht betrachtete die Angelegenheit irrtümlicher¬<lb/> weise — ein Beweis, wie selten ein solcher Fall vorkam — als eine „gewöhn¬<lb/> liche Eheirrung" und hatte daher zunächst die Annahme der Klage abgelehnt,<lb/> da das nach dem Landesgesetz erforderliche Zeugnis dabei vermißt werde, daß<lb/> vor dem zuständigen Pfarrer ein Einigungsversuch vorhergegangen sei, und<lb/> daß dieser Versuch keinen Erfolg gehabt habe. Einert hatte hiervon Schumann<lb/> sofort Nachricht nach Zwicken geschickt und ihn aufgefordert, seiner Braut zu<lb/> schreiben, daß sie sich so bald als möglich in Leipzig einfinden möchte, damit<lb/> das Verhör bei dem Superintendenten, wobei persönliche Anwesenheit unerlä߬<lb/> lich sei. beantragt werden könnte. Als nun Claras Brief eintraf, antwortete<lb/> ihr Einert (am 3. August) selbst noch in einem sehr eingehenden und herzlichen<lb/> Schreiben. Er verspricht ihr darin, daß er alles für sie thun werde, was in<lb/> seinen Kräften stehe; leider reichten aber diese Kräfte nicht so weit, daß er die<lb/> Notwendigkeit, mit ihrem Vater persönlich zusammenzutreffen, abwenden könnte.<lb/> Durch den Sühneversuch vor dem Geistlichen würden die persönlichen Termine<lb/> nun noch vermehrt. „Ich bin nicht so sehr Jurist — schreibt er —, daß mir<lb/> mein eigenes Gefühl nicht sagen sollte, wie ergreifend und unangenehm solche<lb/> Szenen zwischen Vater und Kind sein müssen." Er schildert dann auch ihr,<lb/> wie sich voraussichtlich der Verlauf des Prozesses gestalten werde, und daß</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0520]
Aus Llara Schumanns Brautzeit
wie könnte ich jetzt mit meinem Vater einen Tag zusammen leben! Ich bitte Sie,
thuen Sie ja Alles, was in Ihren Kräften steht, Sie machen zwei glückliche
Menschen, und hab ich meinem Vater nicht öffentlich persönlich gegenüber gestanden,
so ist auch an eine baldige Versöhnung zu denken. Glauben Sie, verehrtester
Herr, wir verdienen es, glücklich zu sein, denn wir haben schon viel um einander
gelitten.
Schumann schrieb mir, daß Sie einen guten Ausgang des Prozesses ver¬
sprechen, wenn wir muthig bleiben — unseres ausharrenden Muthes können Sie
versichert sein, dafür bürgt unsere Liebe. Könnte ich Ihnen doch mein ganzes Herz
zeigen, Sie würden die Überzeugung gewinnen, daß Sie für das Glück Zweier
handeln, die es Ihnen ewig danken.
Noch einige Fragen erlauben Sie mir: gilt die Vollmacht, die ich geschickt,
nicht genug? soll ich vielleicht einen Brief an das Gericht zu Leipzig schreiben,
worin ich erkläre, daß Schumann ganze Vollmacht über mich habe, und daß ich
mit Allem, was er thue, einverstanden sei? Haben Sie doch die Güte, mir zu
schreiben, was ich thuen soll, und ob Sie fest glauben, daß meine Anwesenheit in
Leipzig nöthig sein wird? was Sie überhaupt von dem Ausgang der Sache denken?
ich würde es Ihnen sehr danken.
Verzeihen Sie, daß ich Ihre Zeit in Anspruch genommen, und genehmigen
Sie nnr noch die Versicherung der vollkommensten Hochachtung
Ihrerergebenen
Clara Wieck.
Paris
d. 2L./7. 39.
Ruo an> NiiVÄrin, 1'aubourg UontmkU'ti'iz Uo. 12 ist meine Adresse.
Inzwischen war aber schon unter dem 19. Juli ein Bescheid des Appella¬
tionsgerichts ergangen. Das Gericht betrachtete die Angelegenheit irrtümlicher¬
weise — ein Beweis, wie selten ein solcher Fall vorkam — als eine „gewöhn¬
liche Eheirrung" und hatte daher zunächst die Annahme der Klage abgelehnt,
da das nach dem Landesgesetz erforderliche Zeugnis dabei vermißt werde, daß
vor dem zuständigen Pfarrer ein Einigungsversuch vorhergegangen sei, und
daß dieser Versuch keinen Erfolg gehabt habe. Einert hatte hiervon Schumann
sofort Nachricht nach Zwicken geschickt und ihn aufgefordert, seiner Braut zu
schreiben, daß sie sich so bald als möglich in Leipzig einfinden möchte, damit
das Verhör bei dem Superintendenten, wobei persönliche Anwesenheit unerlä߬
lich sei. beantragt werden könnte. Als nun Claras Brief eintraf, antwortete
ihr Einert (am 3. August) selbst noch in einem sehr eingehenden und herzlichen
Schreiben. Er verspricht ihr darin, daß er alles für sie thun werde, was in
seinen Kräften stehe; leider reichten aber diese Kräfte nicht so weit, daß er die
Notwendigkeit, mit ihrem Vater persönlich zusammenzutreffen, abwenden könnte.
Durch den Sühneversuch vor dem Geistlichen würden die persönlichen Termine
nun noch vermehrt. „Ich bin nicht so sehr Jurist — schreibt er —, daß mir
mein eigenes Gefühl nicht sagen sollte, wie ergreifend und unangenehm solche
Szenen zwischen Vater und Kind sein müssen." Er schildert dann auch ihr,
wie sich voraussichtlich der Verlauf des Prozesses gestalten werde, und daß
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