Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Die Dynastie der Saids in Sansibar Recht hätte beginnen können. Aber er hat sich mit den heimlichen Waffen der Die deutsche Kolonialgesellschaft sicherte sich 1884 durch Verträge den Besitz Said Bargasch starb 1888, mit ihm schied der letzte thatkräftige Fürst Die Dynastie der Saids in Sansibar Recht hätte beginnen können. Aber er hat sich mit den heimlichen Waffen der Die deutsche Kolonialgesellschaft sicherte sich 1884 durch Verträge den Besitz Said Bargasch starb 1888, mit ihm schied der letzte thatkräftige Fürst <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0372" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223956"/> <fw type="header" place="top"> Die Dynastie der Saids in Sansibar</fw><lb/> <p xml:id="ID_1126" prev="#ID_1125"> Recht hätte beginnen können. Aber er hat sich mit den heimlichen Waffen der<lb/> List mit zäher Energie gewehrt. Auf dem Festlande galten die Kanonen der<lb/> Kriegsschiffe nichts, dort waren die Europäer in seiner Hand, sie haben dort<lb/> auch lange Zeit nichts erreicht. In raschem Siegeslaufe, in kaum dreißig<lb/> Jahren hat das Arabertum den schwarzen Kontinent erobert; des Sultans Flagge<lb/> wehte überall in arabischen Niederlassungen, selbst am Kongo. Der arabische<lb/> Handel litt keine Konkurrenz. Zwar versuchten europäische Handelshäuser<lb/> — so 1880 der Franzose Serge-re. später die Hamburger Elfcnbeinfirma<lb/> G. A. Meyer — selbständig Handel zu treiben mit Umgehung der Araber<lb/> und Inder, sie haben aber unter dem Drucke des Arabertums sehr bald ihre<lb/> Versuche aufgeben müssen. In den achtziger Jahren erreichte das Arabertum<lb/> den Höhepunkt seiner Macht. Es gab in der That in Äquatorialostafrika ein<lb/> großes arabisches Reich, dessen Haupt der Sultan von Sansibar war. Diesem<lb/> festländischen Reiche fehlte nur noch die festländische Residenz, um fest gegründet<lb/> zu sein. Das aber ist der große politische Fehler, den die Saids, besonders<lb/> Said Bargasch, gemacht haben, daß sie ihrem Bau diesen Schlußstein ein¬<lb/> zusetzen gezögert haben — 1884 war es zu spät, ein unerwartetes Ereignis<lb/> machte in diesem Jahre das Streben der Dynastie zu Schanden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1127"> Die deutsche Kolonialgesellschaft sicherte sich 1884 durch Verträge den Besitz<lb/> über Nsagara, Ukami und Nguru. Der 27. Februar, der Tag, an dem der<lb/> deutsche Kaiser durch seinen Schutzbrief die Oberhoheit über jene Gebiete über¬<lb/> nahm, ist der all<zö utor der Dynastie Said. An diesem Tage versanken die<lb/> Pläne dieses Hanfes in ein Nichts, es war der Anfang vom Ende. Der Sultan<lb/> protestirte energisch, aber die deutsche Flottendemonstration brachte ihn zum<lb/> Schweigen. Eine natürliche Stütze hatte er plötzlich in den Engländern<lb/> gefunden, die von den deutschen Kolonialbestrebungen ebenso unangenehm<lb/> überrascht waren wie der Sultan. Als aber die deutsche Regierung ruhig ihr<lb/> Ziel verfolgte, machte der Brite mit ihr gemeinsame Sache, und es erfolgte<lb/> nun Schlag aus Schlag gegen die Selbständigkeit des Sultans. Das Araber¬<lb/> tum wehrte sich verzweifelt gegen die fremden Bedrücker, aber es unterlag.<lb/> Die energische Unterdrückung des arabischen Aufstands durch Wißmann hatte<lb/> seine Kraft lahmgelegt, wohl oder übel mußte es die Vereinbarungen der<lb/> Mächte dulden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1128" next="#ID_1129"> Said Bargasch starb 1888, mit ihm schied der letzte thatkräftige Fürst<lb/> aus dem Hanse der Saids. Seine Nachfolger waren jüngere Brüder und<lb/> entnervte Söhne eines altersschwachen Vaters. Sie wurden zu Marionetten<lb/> und sahen es ruhig mit an, wie ihre Souveränität auf fremde Mächte über¬<lb/> ging. Said Kauf und Said Ali „regierten", der eine von 1888 bis 1890,<lb/> der andre von 1890 bis 1893. Zum Nachfolger Said Alis setzten entgegen<lb/> den arabischen Staatsgrundsätzeu, nach denen der jetzige Prätendent Said<lb/> Khalid Bargasch, der Neffe Alis und der Sohn Said Bargaschs erbfvlge-<lb/> berechtigt war, die Engländer eine willfährige Puppe, deu verstorbnen Said</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0372]
Die Dynastie der Saids in Sansibar
Recht hätte beginnen können. Aber er hat sich mit den heimlichen Waffen der
List mit zäher Energie gewehrt. Auf dem Festlande galten die Kanonen der
Kriegsschiffe nichts, dort waren die Europäer in seiner Hand, sie haben dort
auch lange Zeit nichts erreicht. In raschem Siegeslaufe, in kaum dreißig
Jahren hat das Arabertum den schwarzen Kontinent erobert; des Sultans Flagge
wehte überall in arabischen Niederlassungen, selbst am Kongo. Der arabische
Handel litt keine Konkurrenz. Zwar versuchten europäische Handelshäuser
— so 1880 der Franzose Serge-re. später die Hamburger Elfcnbeinfirma
G. A. Meyer — selbständig Handel zu treiben mit Umgehung der Araber
und Inder, sie haben aber unter dem Drucke des Arabertums sehr bald ihre
Versuche aufgeben müssen. In den achtziger Jahren erreichte das Arabertum
den Höhepunkt seiner Macht. Es gab in der That in Äquatorialostafrika ein
großes arabisches Reich, dessen Haupt der Sultan von Sansibar war. Diesem
festländischen Reiche fehlte nur noch die festländische Residenz, um fest gegründet
zu sein. Das aber ist der große politische Fehler, den die Saids, besonders
Said Bargasch, gemacht haben, daß sie ihrem Bau diesen Schlußstein ein¬
zusetzen gezögert haben — 1884 war es zu spät, ein unerwartetes Ereignis
machte in diesem Jahre das Streben der Dynastie zu Schanden.
Die deutsche Kolonialgesellschaft sicherte sich 1884 durch Verträge den Besitz
über Nsagara, Ukami und Nguru. Der 27. Februar, der Tag, an dem der
deutsche Kaiser durch seinen Schutzbrief die Oberhoheit über jene Gebiete über¬
nahm, ist der all<zö utor der Dynastie Said. An diesem Tage versanken die
Pläne dieses Hanfes in ein Nichts, es war der Anfang vom Ende. Der Sultan
protestirte energisch, aber die deutsche Flottendemonstration brachte ihn zum
Schweigen. Eine natürliche Stütze hatte er plötzlich in den Engländern
gefunden, die von den deutschen Kolonialbestrebungen ebenso unangenehm
überrascht waren wie der Sultan. Als aber die deutsche Regierung ruhig ihr
Ziel verfolgte, machte der Brite mit ihr gemeinsame Sache, und es erfolgte
nun Schlag aus Schlag gegen die Selbständigkeit des Sultans. Das Araber¬
tum wehrte sich verzweifelt gegen die fremden Bedrücker, aber es unterlag.
Die energische Unterdrückung des arabischen Aufstands durch Wißmann hatte
seine Kraft lahmgelegt, wohl oder übel mußte es die Vereinbarungen der
Mächte dulden.
Said Bargasch starb 1888, mit ihm schied der letzte thatkräftige Fürst
aus dem Hanse der Saids. Seine Nachfolger waren jüngere Brüder und
entnervte Söhne eines altersschwachen Vaters. Sie wurden zu Marionetten
und sahen es ruhig mit an, wie ihre Souveränität auf fremde Mächte über¬
ging. Said Kauf und Said Ali „regierten", der eine von 1888 bis 1890,
der andre von 1890 bis 1893. Zum Nachfolger Said Alis setzten entgegen
den arabischen Staatsgrundsätzeu, nach denen der jetzige Prätendent Said
Khalid Bargasch, der Neffe Alis und der Sohn Said Bargaschs erbfvlge-
berechtigt war, die Engländer eine willfährige Puppe, deu verstorbnen Said
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