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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Die Dynastie der Sands in Sansibar

ernstliche Unruhen zu verhüten, übernahmen die Engländer die Zahlung dieser
Summe.

Zu diesem nußern Feinde kamen innere. Said Vargasch war ein unruhiger
Kopf. Er hatte sich eine Partei geschaffen, die stets gegen den regierenden
Sultan wühlte. 1869 machte er einen Versuch, sich mit Gewalt der Herrschaft
zu bemächtigen. Aber mit englischer Hilfe wurde der Aufstand niedergeschlagen,
und Said Vargasch gefangen gesetzt. Dennoch haben die Briten trotz der
Hilfe, die sie damals freiwillig dem Sultan brachten, seine Regierungssorgen
nicht zu mildern gesucht. Im Gegenteil, sie haben ihm selbst öfter ernstliche
Ungelegenheiten bereitet, so 1861. Die englischen Kriegsschiffe, die in den
sansibaritischcn Gewässern kreuzten, um Sklavenschiffe abzufangen, ließen sich
wiederholt die ärgsten Übergriffe zu schulden kommen. Die Prisengelder für
gekaperte Sklnvendliaus waren so groß, daß die Kommandanten der Schiffe
oft der Lockung nicht widerstanden, auch friedliche Kauffahrer anzuhalten und
sich ihrer Habe zu bemächtigen. Said Medjit wußte derartige Vorkommnisse
geschickt zu benutzen. Die Engländer mußten das Unrechtmäßige ihres Vor¬
gehens, das den Deckmantel der Humanität trug, anerkennen und mildere
Saiten ausziehe". Damals haben sie eingesehen, wie gefährlich es ist, den
arabischen Fanatismus zu reizen. Durch die Kaperei wurde der Handel der
ostafrikanischen Küste sehr gestört, was die friedlichen Handelsleute erbitterte.
Durch ihre Maßnahmen gegen die Sklaverei erregten die Briten den Haß
ganzen arabischen Welt, denn nach den Gesetzen des Korans ist der
Sklavenhandel ein durchaus legitimes Gewerbe. I" jenem Jahre kam es zu
ernstlichen Unruhen, die auf Seiten der Engländer drei Opfer forderten und
sehr gefährlich Hütten werden können, wenn England nicht im entscheidenden
Augenblick mildere Instruktionen für seine Kaperkreuzer gegeben Hütte.

Said Medjit hat damals wohl eingesehen, wie wenig günstig die Lage
seiner Residenz war: nur wenige hundert Meter vor seinem Palast sah er die
Kanonen der fremden Kriegsschiffe, die mit Leichtigkeit in wenigen Stunden
seine Residenz in einen Trümmerhaufen schießen konnten. So wurde die Insel
für ihn zum Gefängnis, und der Gedanke lag sehr nahe, die Residenz nach dem
Festlande zu verlegen. Daher ließ der Sultan in Dar es Salam prachtvolle
Brüten errichten, die der Herrschersitz seines festländischen Reiches werden sollten.
Said Medjit hat nach außen hin keine großen Erfolge gehabt, aber er war
entschieden ein diplomatischer Kopf. Er hat sich durch die Gefahren, die seiner
Herrschaft von den verschiedensten Seiten drohten, hindurchzuwinden gewußt.
Unter seiner Regierung begann der Karawanenhandel größere Ausdehnung zu
nehmen, der arabische Einfluß erstreckte sich bis zu den Seen, die Snltansflagge
wehte auf mancher arabischen Kolonie im Innern des äquatorialen Ostafrika.
Die europäischen Forschungsreisenden, die mit den sechziger Jahren das Gebiet
wu Sansibar mit Vorliebe aufsuchten, trugen viel dazu bei, das Binnenland


Grenzboten IV 18W
Die Dynastie der Sands in Sansibar

ernstliche Unruhen zu verhüten, übernahmen die Engländer die Zahlung dieser
Summe.

Zu diesem nußern Feinde kamen innere. Said Vargasch war ein unruhiger
Kopf. Er hatte sich eine Partei geschaffen, die stets gegen den regierenden
Sultan wühlte. 1869 machte er einen Versuch, sich mit Gewalt der Herrschaft
zu bemächtigen. Aber mit englischer Hilfe wurde der Aufstand niedergeschlagen,
und Said Vargasch gefangen gesetzt. Dennoch haben die Briten trotz der
Hilfe, die sie damals freiwillig dem Sultan brachten, seine Regierungssorgen
nicht zu mildern gesucht. Im Gegenteil, sie haben ihm selbst öfter ernstliche
Ungelegenheiten bereitet, so 1861. Die englischen Kriegsschiffe, die in den
sansibaritischcn Gewässern kreuzten, um Sklavenschiffe abzufangen, ließen sich
wiederholt die ärgsten Übergriffe zu schulden kommen. Die Prisengelder für
gekaperte Sklnvendliaus waren so groß, daß die Kommandanten der Schiffe
oft der Lockung nicht widerstanden, auch friedliche Kauffahrer anzuhalten und
sich ihrer Habe zu bemächtigen. Said Medjit wußte derartige Vorkommnisse
geschickt zu benutzen. Die Engländer mußten das Unrechtmäßige ihres Vor¬
gehens, das den Deckmantel der Humanität trug, anerkennen und mildere
Saiten ausziehe». Damals haben sie eingesehen, wie gefährlich es ist, den
arabischen Fanatismus zu reizen. Durch die Kaperei wurde der Handel der
ostafrikanischen Küste sehr gestört, was die friedlichen Handelsleute erbitterte.
Durch ihre Maßnahmen gegen die Sklaverei erregten die Briten den Haß
ganzen arabischen Welt, denn nach den Gesetzen des Korans ist der
Sklavenhandel ein durchaus legitimes Gewerbe. I» jenem Jahre kam es zu
ernstlichen Unruhen, die auf Seiten der Engländer drei Opfer forderten und
sehr gefährlich Hütten werden können, wenn England nicht im entscheidenden
Augenblick mildere Instruktionen für seine Kaperkreuzer gegeben Hütte.

Said Medjit hat damals wohl eingesehen, wie wenig günstig die Lage
seiner Residenz war: nur wenige hundert Meter vor seinem Palast sah er die
Kanonen der fremden Kriegsschiffe, die mit Leichtigkeit in wenigen Stunden
seine Residenz in einen Trümmerhaufen schießen konnten. So wurde die Insel
für ihn zum Gefängnis, und der Gedanke lag sehr nahe, die Residenz nach dem
Festlande zu verlegen. Daher ließ der Sultan in Dar es Salam prachtvolle
Brüten errichten, die der Herrschersitz seines festländischen Reiches werden sollten.
Said Medjit hat nach außen hin keine großen Erfolge gehabt, aber er war
entschieden ein diplomatischer Kopf. Er hat sich durch die Gefahren, die seiner
Herrschaft von den verschiedensten Seiten drohten, hindurchzuwinden gewußt.
Unter seiner Regierung begann der Karawanenhandel größere Ausdehnung zu
nehmen, der arabische Einfluß erstreckte sich bis zu den Seen, die Snltansflagge
wehte auf mancher arabischen Kolonie im Innern des äquatorialen Ostafrika.
Die europäischen Forschungsreisenden, die mit den sechziger Jahren das Gebiet
wu Sansibar mit Vorliebe aufsuchten, trugen viel dazu bei, das Binnenland


Grenzboten IV 18W
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[0369] Die Dynastie der Sands in Sansibar ernstliche Unruhen zu verhüten, übernahmen die Engländer die Zahlung dieser Summe. Zu diesem nußern Feinde kamen innere. Said Vargasch war ein unruhiger Kopf. Er hatte sich eine Partei geschaffen, die stets gegen den regierenden Sultan wühlte. 1869 machte er einen Versuch, sich mit Gewalt der Herrschaft zu bemächtigen. Aber mit englischer Hilfe wurde der Aufstand niedergeschlagen, und Said Vargasch gefangen gesetzt. Dennoch haben die Briten trotz der Hilfe, die sie damals freiwillig dem Sultan brachten, seine Regierungssorgen nicht zu mildern gesucht. Im Gegenteil, sie haben ihm selbst öfter ernstliche Ungelegenheiten bereitet, so 1861. Die englischen Kriegsschiffe, die in den sansibaritischcn Gewässern kreuzten, um Sklavenschiffe abzufangen, ließen sich wiederholt die ärgsten Übergriffe zu schulden kommen. Die Prisengelder für gekaperte Sklnvendliaus waren so groß, daß die Kommandanten der Schiffe oft der Lockung nicht widerstanden, auch friedliche Kauffahrer anzuhalten und sich ihrer Habe zu bemächtigen. Said Medjit wußte derartige Vorkommnisse geschickt zu benutzen. Die Engländer mußten das Unrechtmäßige ihres Vor¬ gehens, das den Deckmantel der Humanität trug, anerkennen und mildere Saiten ausziehe». Damals haben sie eingesehen, wie gefährlich es ist, den arabischen Fanatismus zu reizen. Durch die Kaperei wurde der Handel der ostafrikanischen Küste sehr gestört, was die friedlichen Handelsleute erbitterte. Durch ihre Maßnahmen gegen die Sklaverei erregten die Briten den Haß ganzen arabischen Welt, denn nach den Gesetzen des Korans ist der Sklavenhandel ein durchaus legitimes Gewerbe. I» jenem Jahre kam es zu ernstlichen Unruhen, die auf Seiten der Engländer drei Opfer forderten und sehr gefährlich Hütten werden können, wenn England nicht im entscheidenden Augenblick mildere Instruktionen für seine Kaperkreuzer gegeben Hütte. Said Medjit hat damals wohl eingesehen, wie wenig günstig die Lage seiner Residenz war: nur wenige hundert Meter vor seinem Palast sah er die Kanonen der fremden Kriegsschiffe, die mit Leichtigkeit in wenigen Stunden seine Residenz in einen Trümmerhaufen schießen konnten. So wurde die Insel für ihn zum Gefängnis, und der Gedanke lag sehr nahe, die Residenz nach dem Festlande zu verlegen. Daher ließ der Sultan in Dar es Salam prachtvolle Brüten errichten, die der Herrschersitz seines festländischen Reiches werden sollten. Said Medjit hat nach außen hin keine großen Erfolge gehabt, aber er war entschieden ein diplomatischer Kopf. Er hat sich durch die Gefahren, die seiner Herrschaft von den verschiedensten Seiten drohten, hindurchzuwinden gewußt. Unter seiner Regierung begann der Karawanenhandel größere Ausdehnung zu nehmen, der arabische Einfluß erstreckte sich bis zu den Seen, die Snltansflagge wehte auf mancher arabischen Kolonie im Innern des äquatorialen Ostafrika. Die europäischen Forschungsreisenden, die mit den sechziger Jahren das Gebiet wu Sansibar mit Vorliebe aufsuchten, trugen viel dazu bei, das Binnenland Grenzboten IV 18W

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/369>, abgerufen am 08.01.2025.