Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Die Rompetenzerweitermig der Amtsgerichte Änderungen in unsrer Gesetzgebung getroffen werden, die auf eine Verdrängung Nach 8 143 Absatz 2 der Zivilprozeßordnung kann der Amtsrichter Das genügt aber nicht. Es müssen auch noch die Terminkollisionen, Die Rompetenzerweitermig der Amtsgerichte Änderungen in unsrer Gesetzgebung getroffen werden, die auf eine Verdrängung Nach 8 143 Absatz 2 der Zivilprozeßordnung kann der Amtsrichter Das genügt aber nicht. Es müssen auch noch die Terminkollisionen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0120" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223704"/> <fw type="header" place="top"> Die Rompetenzerweitermig der Amtsgerichte</fw><lb/> <p xml:id="ID_359" prev="#ID_358"> Änderungen in unsrer Gesetzgebung getroffen werden, die auf eine Verdrängung<lb/> der Winkelkonsulenten aus den Gerichtssälen und auf eine ständige rechts¬<lb/> kundige Parteivertretung an den Amtsgerichten abzielen.</p><lb/> <p xml:id="ID_360"> Nach 8 143 Absatz 2 der Zivilprozeßordnung kann der Amtsrichter<lb/> Winkelkonsulenten ohne weiteres zurückweisen. Von dieser Bestimmung wird<lb/> aber ein verschiedenartiger Gebrauch gemacht. Manche Amtsrichter weisen alle<lb/> Winkelkonsulenten zurück, manche — und dies ist die Mehrzahl — lassen die<lb/> solidern zu, manche endlich gestatten jedem Winkelkonsulenten vor Gericht auf¬<lb/> zutreten. An Orten, wo es an Nechtsanwälten fehlt, ist das nun allerdings<lb/> nicht zu vermeiden; aber da, wo genug Rechtsanwülte vorhanden sind, ist das<lb/> Auftreten der Winkelkonsuleuteu in keiner Weise zu rechtfertigen. Die Proze߬<lb/> führung gehört zur Berufsthätigkeit des Nechtsanwalts, und er hat ein Recht<lb/> darauf, daß er vor unwürdiger Konkurrenz geschützt werde. Zu diesem Zwecke<lb/> müßte § 143 Absatz 2 der Zivilprozeßordnung in dem Sinne abgeändert<lb/> werden, daß vor Amtsgerichten, die sich an Orten befinden, wo mehr als zwei<lb/> Rechtsanwülte zugelassen sind, Winkelkonsulenten zurückgewiesen werden müßten.<lb/> Um zu verhüten, daß die Winkelkonsulenten das Gesetz auf dem Wege der<lb/> Zession der einzuklagenden Forderungen an sie umgehen, müßten sie auch<lb/> dann zurückgewiesen werden, wenn die Zession lediglich zum Zwecke der ge¬<lb/> richtlichen Vertretung erfolgte. Diese Zurückweisung hätte sich aber auch auf<lb/> Anwaltsschreiber zu erstrecken, die oft versteckte Winkelkonsulenten sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_361" next="#ID_362"> Das genügt aber nicht. Es müssen auch noch die Terminkollisionen,<lb/> die die Winkelkonsulenten so mächtig haben anwachsen lassen, eingedämmt<lb/> werden. Nun würden aber, wenn den Amtsgerichten noch mehr Sachen zu¬<lb/> gewiesen würden, solche Kollisionen bedeutend zunehmen. Das kann nur<lb/> dadurch verhütet werden, daß eine Amtsgerichtsanwaltschaft geschaffen wird,<lb/> die als Vorstufe für die Rechtsanwaltschaft an den Kollegialgerichten zu<lb/> dienen Hütte. Es dürfte kein Anwalt bei einem Kollegialgericht zugelassen<lb/> werden, der nicht die ersten drei Jahre nach dem Asfesforexamen als Rechts-<lb/> anwalt oder sonst im Justizdienst thätig gewesen ist. Auf diesem Wege<lb/> wären mit einem Schlage die nötigen juristischen Kräfte für die Praxis an<lb/> den Amtsgerichten gefunden, und die ältern Anwälte erhielten dadurch eine<lb/> Kompensation, daß ihnen die Sachen an den Kollegialgerichten ausschließlich<lb/> zufielen. So würde nicht nur eine viel sachgemäßere Verteilung der Praxis<lb/> eintreten, sondern es würde sich auch das Vertagungsunwesen an den Kollegial¬<lb/> gerichten verringern. Die dort zugelassenen Anwälte würden die Praxis an<lb/> den Amtsgerichten den hier zugelassenen vorzugsweise überlassen, und diese<lb/> wären vom Kollcgialgericht ausgeschlossen. Freilich bedürfte es auch noch einer<lb/> Änderung des § 27 der Nechtsanwaltsordnnng, der jedem deutschen Rechts-<lb/> anwalt gestattet, vor einem Kvllegialgericht die Ausführung der Parteirechte in<lb/> der mündlichen Verhandlung zu übernehmen. Dieser mußte dahin abgeändert</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0120]
Die Rompetenzerweitermig der Amtsgerichte
Änderungen in unsrer Gesetzgebung getroffen werden, die auf eine Verdrängung
der Winkelkonsulenten aus den Gerichtssälen und auf eine ständige rechts¬
kundige Parteivertretung an den Amtsgerichten abzielen.
Nach 8 143 Absatz 2 der Zivilprozeßordnung kann der Amtsrichter
Winkelkonsulenten ohne weiteres zurückweisen. Von dieser Bestimmung wird
aber ein verschiedenartiger Gebrauch gemacht. Manche Amtsrichter weisen alle
Winkelkonsulenten zurück, manche — und dies ist die Mehrzahl — lassen die
solidern zu, manche endlich gestatten jedem Winkelkonsulenten vor Gericht auf¬
zutreten. An Orten, wo es an Nechtsanwälten fehlt, ist das nun allerdings
nicht zu vermeiden; aber da, wo genug Rechtsanwülte vorhanden sind, ist das
Auftreten der Winkelkonsuleuteu in keiner Weise zu rechtfertigen. Die Proze߬
führung gehört zur Berufsthätigkeit des Nechtsanwalts, und er hat ein Recht
darauf, daß er vor unwürdiger Konkurrenz geschützt werde. Zu diesem Zwecke
müßte § 143 Absatz 2 der Zivilprozeßordnung in dem Sinne abgeändert
werden, daß vor Amtsgerichten, die sich an Orten befinden, wo mehr als zwei
Rechtsanwülte zugelassen sind, Winkelkonsulenten zurückgewiesen werden müßten.
Um zu verhüten, daß die Winkelkonsulenten das Gesetz auf dem Wege der
Zession der einzuklagenden Forderungen an sie umgehen, müßten sie auch
dann zurückgewiesen werden, wenn die Zession lediglich zum Zwecke der ge¬
richtlichen Vertretung erfolgte. Diese Zurückweisung hätte sich aber auch auf
Anwaltsschreiber zu erstrecken, die oft versteckte Winkelkonsulenten sind.
Das genügt aber nicht. Es müssen auch noch die Terminkollisionen,
die die Winkelkonsulenten so mächtig haben anwachsen lassen, eingedämmt
werden. Nun würden aber, wenn den Amtsgerichten noch mehr Sachen zu¬
gewiesen würden, solche Kollisionen bedeutend zunehmen. Das kann nur
dadurch verhütet werden, daß eine Amtsgerichtsanwaltschaft geschaffen wird,
die als Vorstufe für die Rechtsanwaltschaft an den Kollegialgerichten zu
dienen Hütte. Es dürfte kein Anwalt bei einem Kollegialgericht zugelassen
werden, der nicht die ersten drei Jahre nach dem Asfesforexamen als Rechts-
anwalt oder sonst im Justizdienst thätig gewesen ist. Auf diesem Wege
wären mit einem Schlage die nötigen juristischen Kräfte für die Praxis an
den Amtsgerichten gefunden, und die ältern Anwälte erhielten dadurch eine
Kompensation, daß ihnen die Sachen an den Kollegialgerichten ausschließlich
zufielen. So würde nicht nur eine viel sachgemäßere Verteilung der Praxis
eintreten, sondern es würde sich auch das Vertagungsunwesen an den Kollegial¬
gerichten verringern. Die dort zugelassenen Anwälte würden die Praxis an
den Amtsgerichten den hier zugelassenen vorzugsweise überlassen, und diese
wären vom Kollcgialgericht ausgeschlossen. Freilich bedürfte es auch noch einer
Änderung des § 27 der Nechtsanwaltsordnnng, der jedem deutschen Rechts-
anwalt gestattet, vor einem Kvllegialgericht die Ausführung der Parteirechte in
der mündlichen Verhandlung zu übernehmen. Dieser mußte dahin abgeändert
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