Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.Friedrich der Große und der Ursprung des siebenjährige" Krieges Hausarchiv gelesen. Was wir aber daraus bei ihm erfahren, und was wir Friedrich knüpft die Erwerbung Sachsens oder dessen Eintausch gegen Ein Dokument, wie das Politische Testament von 1752, das in solchem Friedrich der Große und der Ursprung des siebenjährige» Krieges Hausarchiv gelesen. Was wir aber daraus bei ihm erfahren, und was wir Friedrich knüpft die Erwerbung Sachsens oder dessen Eintausch gegen Ein Dokument, wie das Politische Testament von 1752, das in solchem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223018"/> <fw type="header" place="top"> Friedrich der Große und der Ursprung des siebenjährige» Krieges</fw><lb/> <p xml:id="ID_206" prev="#ID_205"> Hausarchiv gelesen. Was wir aber daraus bei ihm erfahren, und was wir<lb/> sonst darüber aus Ranke und Koser wissen, ist von keiner Bedeutung für den<lb/> Ursprung des siebenjährigen Krieges, enthält keinerlei Veweismaterial für<lb/> Angriffsplüne Friedrichs im Jahre 1756. Es versteht sich von selbst, und<lb/> das giebt auch Lehmann zu, daß sich der König in diesem geheimen, nur<lb/> für die Augen seiner Nachfolger bestimmten Schriftstücke der größten Wahr¬<lb/> haftigkeit befleißigt. In längerer Ausführung, keineswegs nur in der Über¬<lb/> schrift, bezeichnet Friedrich seine Gedanken hier als reveriss xolitiauös. „Wie<lb/> jeder Philosoph, sagt er, sich ein Vergnügen daraus macht, sein System auf¬<lb/> zustellen und die abstrakten Dinge nach seinem Genie erörtert, so ist es auch<lb/> dem Staatsmann erlaubt, sich an dem wüsten Kohl chimärischer Pläne zu er¬<lb/> heitern. Zuweilen können sie verwirklicht werden, wenn nämlich einige Gene¬<lb/> rationen hintereinander denselben Zweck verfolgen und diesen zugleich deu Nach¬<lb/> barn zu verbergen wissen."</p><lb/> <p xml:id="ID_207"> Friedrich knüpft die Erwerbung Sachsens oder dessen Eintausch gegen<lb/> Böhmen an gewisse Bedingungen und Voraussetzungen — er denkt an einen<lb/> österreichisch-russischen Krieg gegen Frankreich, die Pforte und Sardinien, er<lb/> fordert eine Minorennitätsregierung in England, einen ehrgeizigen und all¬<lb/> mächtigen Minister in Frankreich —, von denen weder im Jahre 1756 noch<lb/> bis heute irgeud eine eingetroffen ist, einfach deshalb nicht, weil eine solche<lb/> Verbindung von Verhältnissen in Europa undenkbar ist. Soweit das Testament<lb/> bekannt ist, enthält es keine Spur von Angriffsplänen mit Ausnahme des<lb/> Falles, wo die Ehre die Nachfolger zwinge, einen Krieg zu begiunen. Auch<lb/> ist vou den Feinden des Staates die Rede, denen gegenüber man Mittel suche,<lb/> sich zu erhalten und das Übergewicht zu erlangen. Das preußische Heer sei<lb/> achtbar, aber doch nicht zahlreich genug, den Feinden zu widerstehen, die das<lb/> Land umgeben. Wohl seien die Einkünfte beträchtlich, aber es fehlten die Hilfs¬<lb/> quellen im Falle der Not usw. Mit einem Wort, es handelt sich überall uur<lb/> um die Verteidigung, nicht um den Angriff. Wie sehr der König auf die<lb/> Aufrechterhaltung des Friedens bedacht ist, zeigen seine Worte: Ho.ol.imo nous<lb/> xuissious nous attovZre 60 1a Knerrp, mon sMömv xrössnt sse Ah xrolonxer<lb/> 1s xg,ix, sutsot WS oels hö paurrs ssns oluxznkr 1s msMtv as 1'Mök.<lb/> eoux ä'vclst oonrms 1s ocmcMW als 1s LilvLis ö«1 svmblsdls sux livrss <1out><lb/> Iss originsux rvuLLisssirt, se alone 1<Z8 iinitsticms konvere.</p><lb/> <p xml:id="ID_208"> Ein Dokument, wie das Politische Testament von 1752, das in solchem<lb/> Maße Friedfertigkeit atmet, das so eindringlich vor einem neuen Kriege<lb/> und einem neuen Unternehmen der Eroberung Schlesiens warnt, bietet keinen<lb/> Raum für kriegerische Absichten des Königs im Jahre 1752 und ist nicht im<lb/> mindesten geeignet, die Verdächtigung zu rechtfertigen, der Angriff des preußischen<lb/> Königs im Jahre 1756 sei in der Absicht erfolgt, Sachsen zu erobern. Und<lb/> doch nennt Lehmann das Testament die beweiskräftigste Aufzeichnung!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0076]
Friedrich der Große und der Ursprung des siebenjährige» Krieges
Hausarchiv gelesen. Was wir aber daraus bei ihm erfahren, und was wir
sonst darüber aus Ranke und Koser wissen, ist von keiner Bedeutung für den
Ursprung des siebenjährigen Krieges, enthält keinerlei Veweismaterial für
Angriffsplüne Friedrichs im Jahre 1756. Es versteht sich von selbst, und
das giebt auch Lehmann zu, daß sich der König in diesem geheimen, nur
für die Augen seiner Nachfolger bestimmten Schriftstücke der größten Wahr¬
haftigkeit befleißigt. In längerer Ausführung, keineswegs nur in der Über¬
schrift, bezeichnet Friedrich seine Gedanken hier als reveriss xolitiauös. „Wie
jeder Philosoph, sagt er, sich ein Vergnügen daraus macht, sein System auf¬
zustellen und die abstrakten Dinge nach seinem Genie erörtert, so ist es auch
dem Staatsmann erlaubt, sich an dem wüsten Kohl chimärischer Pläne zu er¬
heitern. Zuweilen können sie verwirklicht werden, wenn nämlich einige Gene¬
rationen hintereinander denselben Zweck verfolgen und diesen zugleich deu Nach¬
barn zu verbergen wissen."
Friedrich knüpft die Erwerbung Sachsens oder dessen Eintausch gegen
Böhmen an gewisse Bedingungen und Voraussetzungen — er denkt an einen
österreichisch-russischen Krieg gegen Frankreich, die Pforte und Sardinien, er
fordert eine Minorennitätsregierung in England, einen ehrgeizigen und all¬
mächtigen Minister in Frankreich —, von denen weder im Jahre 1756 noch
bis heute irgeud eine eingetroffen ist, einfach deshalb nicht, weil eine solche
Verbindung von Verhältnissen in Europa undenkbar ist. Soweit das Testament
bekannt ist, enthält es keine Spur von Angriffsplänen mit Ausnahme des
Falles, wo die Ehre die Nachfolger zwinge, einen Krieg zu begiunen. Auch
ist vou den Feinden des Staates die Rede, denen gegenüber man Mittel suche,
sich zu erhalten und das Übergewicht zu erlangen. Das preußische Heer sei
achtbar, aber doch nicht zahlreich genug, den Feinden zu widerstehen, die das
Land umgeben. Wohl seien die Einkünfte beträchtlich, aber es fehlten die Hilfs¬
quellen im Falle der Not usw. Mit einem Wort, es handelt sich überall uur
um die Verteidigung, nicht um den Angriff. Wie sehr der König auf die
Aufrechterhaltung des Friedens bedacht ist, zeigen seine Worte: Ho.ol.imo nous
xuissious nous attovZre 60 1a Knerrp, mon sMömv xrössnt sse Ah xrolonxer
1s xg,ix, sutsot WS oels hö paurrs ssns oluxznkr 1s msMtv as 1'Mök.
eoux ä'vclst oonrms 1s ocmcMW als 1s LilvLis ö«1 svmblsdls sux livrss <1out>
Iss originsux rvuLLisssirt, se alone 1<Z8 iinitsticms konvere.
Ein Dokument, wie das Politische Testament von 1752, das in solchem
Maße Friedfertigkeit atmet, das so eindringlich vor einem neuen Kriege
und einem neuen Unternehmen der Eroberung Schlesiens warnt, bietet keinen
Raum für kriegerische Absichten des Königs im Jahre 1752 und ist nicht im
mindesten geeignet, die Verdächtigung zu rechtfertigen, der Angriff des preußischen
Königs im Jahre 1756 sei in der Absicht erfolgt, Sachsen zu erobern. Und
doch nennt Lehmann das Testament die beweiskräftigste Aufzeichnung!
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |