Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.Wie nichts verdiente. Dabei behandelte er sie schlecht: wenn sie ihm zugeredet Die Bücherkommissiou wandte sich nun an den Rat zu Delitzsch und erhielt Kaum waren aber diese Nachrichten da, so lief lam 29. November) doch Nun wurde der Student Schulze vorgefordert. Er gestand ein, daß er der Grenzboten III 1896 L3
Wie nichts verdiente. Dabei behandelte er sie schlecht: wenn sie ihm zugeredet Die Bücherkommissiou wandte sich nun an den Rat zu Delitzsch und erhielt Kaum waren aber diese Nachrichten da, so lief lam 29. November) doch Nun wurde der Student Schulze vorgefordert. Er gestand ein, daß er der Grenzboten III 1896 L3
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Wie nichts verdiente. Dabei behandelte er sie schlecht: wenn sie ihm zugeredet
habe, „daß er eine Information ^eine Hauslehrerstelle^ annehmen und sich bemühen
solle, daß was aus ihm werde," habe er, „was um ihn herumgelegen, nach
ihr geworfen, sie sogar geschlagen und sich beständig mit ihr gezanket." Sie-
räumte ein, die beiden Pakete, die bei der Haussuchung in der Holzkammer
unter dem Holze gelegen Hütten und deshalb nicht entdeckt worden wären,
heimlich fortgeschafft zu haben, und zwar im Auftrag ihres Bruders. Bei
seiner Abreise habe er zu ihr gesagt: „Luder, wenn du sie nicht fortgeschaffet
hast, wenn ich wiederkomme, so sollst du sehen, was du gemacht hast!"
Die Bücherkommissiou wandte sich nun an den Rat zu Delitzsch und erhielt
die Auskunft, daß in der That der Delitzschcr Buchdrucker Schmidt die „Por¬
träts" in 500 Exemplaren gedruckt habe; er habe zwar den Druck schon be¬
gonnen, ehe die Zensur erteilt worden sei, doch habe der Bürgermeister von
Delitzsch nachträglich die Zensur erteilt, nachdem sich der Verfasser genannt
habe: dies war der Student der Theologie Johann Gottlob Schutze in Leipzig,
derselbe, der 1784 eine Beschreibung der Stadt Leipzig herausgegeben hatte
(mit einem Nachtrag von 1787), wie Royer der Sohn eines Leipziger Hand¬
werkers, eines Sammetmachers. Schutzes Brief wurde im Original mit nach
Leipzig geschickt, ebenso ein Teil des Manuskripts.
Kaum waren aber diese Nachrichten da, so lief lam 29. November) doch
noch eine Beschwerde ein von jemand, der sich durch die „Porträts" beleidigt
fühlte: der Sousleutncmt Berggold vom Reitzensteiuschen Infanterieregiment
zeigte an, daß in der ersten Nummer des Buches: „Zwei weibliche Porträts"
„allem Anschein nach die Ehre von ihm und seiner Frau aufs schändlichste
verunglimpft wordeu sei." Die ganze Stadt behaupte, daß er und seine Frau
gemeint seien. Kein andrer Offizier als er habe eine Bürgerstochter zur Frau,
deren Vater eine Bierbrauerei habe. Die Sache hatte ihre Richtigkeit, der
Sousleutncmt Verggold war seit dem Juli mit der Tochter des Herrn Troitsch
verheiratet, „eines begüterten Bürgers, welcher in seinem braubcrechtigten
Hause im Brüste allhier die Nahrung des Bierbrauens mit glücklichem Erfolge
treibet und an hiesige Bürger gutes, trinkbares Bier, sowohl einzeln als in
größer» oder kleinern Gefäßen käuflich zu verlassen pfleget."
Nun wurde der Student Schulze vorgefordert. Er gestand ein, daß er der
Verfasser der „Porträts" sei, auch seinem Freunde Royer schon das Manuskript
zu vier weitern Heften übergeben habe. Daß er in dem ersten Stück den
Leutnant Berggold und dessen Frau habe schildern wollen, leugnete er; er
habe Berggold gar nicht gekannt, als er die Schrift geschrieben, sei auch da¬
mals gar nicht in Leipzig, sondern in Dahler gewesen. Er habe nur all¬
gemeine Thorheiten verspotten wollen, und darunter rechne er auch „ungleiche
Heiraten." Mit Royer sei er von Jugend auf und schon seit sechzehn oder
siebzehn Jahren bekannt; ein paar Jahre habe Royer sogar bei ihm gewohnt.
Grenzboten III 1896 L3
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