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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Die Berliner GeWerbeausstellung

etwas anders beabsichtigt. Das Hauptgebäude sollte ähnlich liegen wie das
jetzige, davor um die Wiese herum hufeisenförmige Hallen, und in den jetzt
als Wcmdelgünge dienenden, den Park durchschneidenden Lichtungen die Ma¬
schinenhallen. Das Hauptrestaurant war als große Terrassenanlage an der
Spree geplant. Es wird von vielen Seiten bedauert, daß dieses Spree¬
restaurant mit dem schönen Blick auf den hier recht breiten Fluß und auf
Stralau nicht beibehalten worden ist, doch ist wohl nicht zu leugnen, daß auch
die jetzige Anlage große Reize hat. Wenigstens haben wir aus dem Munde
von solchen, die Chicago gesehen haben, gehört, daß sich der durch das Haupt¬
gebäude, den neuen See und das Hauptrestaurant gebildete Mittelpunkt der
Ausstellung mit seiner blinkenden Wasserfläche, den blitzenden Kuppeln, den
schneeweißen Mauern, den Blumenbeeten, Wasserkünsten und den das Ganze
umrahmenden Baumgruppen des herrlichen Parks der berühmten 'AIüw On^
von Chicago getrost zur Seite stellen kann. Auch die Gruppirung und die
Grundrißformen der übrigen Gebäude, des Fischereigebüudes, der Gebäude für
Schule und Wohlfahrt, für Chemie und Physik, sowie ihr architektonischer
Aufbau sind in jeder Hinsicht als wohlgelungen zu bezeichnen. Namentlich
zeichnet sich auch das Gebäude der Stadt Berlin durch geschmackvolle Ein¬
fachheit aus. In seinem Innern birgt es nicht vieles, aber viel, und bietet
in klarer Anordnung gut ausgewählt und deshalb sehr übersichtlich ein Bild
von den öffentlichen Bauten, den Wohlfahrtseinrichtungen, der Statistik und
des Fortbildungsschulwesens der Reichshauptstadt. Bei der etwas wunderlich
scheinenden Grundrißform mancher Gebäude find die Schwierigkeiten zu be¬
rücksichtigen, die dem Architekten der unantastbare Baumbestand des Parks
entgegenstellte. Daß trotzdem so Schönes geschaffen worden ist, daß z. B. der
der Hauptachse nach unsymmetrische Grundriß des Hauptgebäudes im Aufriß
durch die vorgelagerte halbkreisförmige Bogenhalle so geschickt verdeckt ist, ist
das beste Zeugnis für die leitenden Architekten. Besonders wirkungsvoll ist
der Blick vom Hauptgebäude auf das durch den neuen See von ihm getrennte
Restaurant und umgekehrt, überraschend großartig ist das Innere der Haupt¬
kuppel mit dem weiten Blick durch das lange Mittelschiff der Halle. Schlimm
und eine harte Prüfung für solche Bauten sind ja Gewitterregen, wie sie uns
die letzten Wochen gebracht haben. Aber ganz so arg hätte es im Haupt¬
gebäude doch uicht durchzuregnen brauchen. In der Maschinenhalle ist das
sogar nicht ungefährlich, denn das durchdringende Wasser kann sehr leicht diese
oder jene Dynamomaschine für längere Zeit außer Thätigkeit setzen. Daß
die durch ein Regendach geschützten, als Waudelgang bezeichneten Promenaden
tiefer liegen als das umgebende Terrain, sodaß sie bei starkem Regen bald
unpassirbar werden, hätte nicht vorkommen dürfen. Ein hübsches Bild für
sich bietet die Abteilung für Gartenbau; zur Aufnahme solcher Ausstellungen
ist der schöne Park wie geschaffen.


Die Berliner GeWerbeausstellung

etwas anders beabsichtigt. Das Hauptgebäude sollte ähnlich liegen wie das
jetzige, davor um die Wiese herum hufeisenförmige Hallen, und in den jetzt
als Wcmdelgünge dienenden, den Park durchschneidenden Lichtungen die Ma¬
schinenhallen. Das Hauptrestaurant war als große Terrassenanlage an der
Spree geplant. Es wird von vielen Seiten bedauert, daß dieses Spree¬
restaurant mit dem schönen Blick auf den hier recht breiten Fluß und auf
Stralau nicht beibehalten worden ist, doch ist wohl nicht zu leugnen, daß auch
die jetzige Anlage große Reize hat. Wenigstens haben wir aus dem Munde
von solchen, die Chicago gesehen haben, gehört, daß sich der durch das Haupt¬
gebäude, den neuen See und das Hauptrestaurant gebildete Mittelpunkt der
Ausstellung mit seiner blinkenden Wasserfläche, den blitzenden Kuppeln, den
schneeweißen Mauern, den Blumenbeeten, Wasserkünsten und den das Ganze
umrahmenden Baumgruppen des herrlichen Parks der berühmten 'AIüw On^
von Chicago getrost zur Seite stellen kann. Auch die Gruppirung und die
Grundrißformen der übrigen Gebäude, des Fischereigebüudes, der Gebäude für
Schule und Wohlfahrt, für Chemie und Physik, sowie ihr architektonischer
Aufbau sind in jeder Hinsicht als wohlgelungen zu bezeichnen. Namentlich
zeichnet sich auch das Gebäude der Stadt Berlin durch geschmackvolle Ein¬
fachheit aus. In seinem Innern birgt es nicht vieles, aber viel, und bietet
in klarer Anordnung gut ausgewählt und deshalb sehr übersichtlich ein Bild
von den öffentlichen Bauten, den Wohlfahrtseinrichtungen, der Statistik und
des Fortbildungsschulwesens der Reichshauptstadt. Bei der etwas wunderlich
scheinenden Grundrißform mancher Gebäude find die Schwierigkeiten zu be¬
rücksichtigen, die dem Architekten der unantastbare Baumbestand des Parks
entgegenstellte. Daß trotzdem so Schönes geschaffen worden ist, daß z. B. der
der Hauptachse nach unsymmetrische Grundriß des Hauptgebäudes im Aufriß
durch die vorgelagerte halbkreisförmige Bogenhalle so geschickt verdeckt ist, ist
das beste Zeugnis für die leitenden Architekten. Besonders wirkungsvoll ist
der Blick vom Hauptgebäude auf das durch den neuen See von ihm getrennte
Restaurant und umgekehrt, überraschend großartig ist das Innere der Haupt¬
kuppel mit dem weiten Blick durch das lange Mittelschiff der Halle. Schlimm
und eine harte Prüfung für solche Bauten sind ja Gewitterregen, wie sie uns
die letzten Wochen gebracht haben. Aber ganz so arg hätte es im Haupt¬
gebäude doch uicht durchzuregnen brauchen. In der Maschinenhalle ist das
sogar nicht ungefährlich, denn das durchdringende Wasser kann sehr leicht diese
oder jene Dynamomaschine für längere Zeit außer Thätigkeit setzen. Daß
die durch ein Regendach geschützten, als Waudelgang bezeichneten Promenaden
tiefer liegen als das umgebende Terrain, sodaß sie bei starkem Regen bald
unpassirbar werden, hätte nicht vorkommen dürfen. Ein hübsches Bild für
sich bietet die Abteilung für Gartenbau; zur Aufnahme solcher Ausstellungen
ist der schöne Park wie geschaffen.


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[0023] Die Berliner GeWerbeausstellung etwas anders beabsichtigt. Das Hauptgebäude sollte ähnlich liegen wie das jetzige, davor um die Wiese herum hufeisenförmige Hallen, und in den jetzt als Wcmdelgünge dienenden, den Park durchschneidenden Lichtungen die Ma¬ schinenhallen. Das Hauptrestaurant war als große Terrassenanlage an der Spree geplant. Es wird von vielen Seiten bedauert, daß dieses Spree¬ restaurant mit dem schönen Blick auf den hier recht breiten Fluß und auf Stralau nicht beibehalten worden ist, doch ist wohl nicht zu leugnen, daß auch die jetzige Anlage große Reize hat. Wenigstens haben wir aus dem Munde von solchen, die Chicago gesehen haben, gehört, daß sich der durch das Haupt¬ gebäude, den neuen See und das Hauptrestaurant gebildete Mittelpunkt der Ausstellung mit seiner blinkenden Wasserfläche, den blitzenden Kuppeln, den schneeweißen Mauern, den Blumenbeeten, Wasserkünsten und den das Ganze umrahmenden Baumgruppen des herrlichen Parks der berühmten 'AIüw On^ von Chicago getrost zur Seite stellen kann. Auch die Gruppirung und die Grundrißformen der übrigen Gebäude, des Fischereigebüudes, der Gebäude für Schule und Wohlfahrt, für Chemie und Physik, sowie ihr architektonischer Aufbau sind in jeder Hinsicht als wohlgelungen zu bezeichnen. Namentlich zeichnet sich auch das Gebäude der Stadt Berlin durch geschmackvolle Ein¬ fachheit aus. In seinem Innern birgt es nicht vieles, aber viel, und bietet in klarer Anordnung gut ausgewählt und deshalb sehr übersichtlich ein Bild von den öffentlichen Bauten, den Wohlfahrtseinrichtungen, der Statistik und des Fortbildungsschulwesens der Reichshauptstadt. Bei der etwas wunderlich scheinenden Grundrißform mancher Gebäude find die Schwierigkeiten zu be¬ rücksichtigen, die dem Architekten der unantastbare Baumbestand des Parks entgegenstellte. Daß trotzdem so Schönes geschaffen worden ist, daß z. B. der der Hauptachse nach unsymmetrische Grundriß des Hauptgebäudes im Aufriß durch die vorgelagerte halbkreisförmige Bogenhalle so geschickt verdeckt ist, ist das beste Zeugnis für die leitenden Architekten. Besonders wirkungsvoll ist der Blick vom Hauptgebäude auf das durch den neuen See von ihm getrennte Restaurant und umgekehrt, überraschend großartig ist das Innere der Haupt¬ kuppel mit dem weiten Blick durch das lange Mittelschiff der Halle. Schlimm und eine harte Prüfung für solche Bauten sind ja Gewitterregen, wie sie uns die letzten Wochen gebracht haben. Aber ganz so arg hätte es im Haupt¬ gebäude doch uicht durchzuregnen brauchen. In der Maschinenhalle ist das sogar nicht ungefährlich, denn das durchdringende Wasser kann sehr leicht diese oder jene Dynamomaschine für längere Zeit außer Thätigkeit setzen. Daß die durch ein Regendach geschützten, als Waudelgang bezeichneten Promenaden tiefer liegen als das umgebende Terrain, sodaß sie bei starkem Regen bald unpassirbar werden, hätte nicht vorkommen dürfen. Ein hübsches Bild für sich bietet die Abteilung für Gartenbau; zur Aufnahme solcher Ausstellungen ist der schöne Park wie geschaffen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/23>, abgerufen am 01.09.2024.