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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Die Berliner GeWerbeausstellung

erstens möglichst vielen Firmen Gelegenheit geboten werden sollte, sich daran
zu beteiligen, und zweitens bei dem Mangel andrer passender Ausstellungs¬
gegenstände möglichst viel Maschinen im Betrieb gezeigt werden sollten. Wenn
übrigens die Beleuchtungsanlage erst einige Wochen nach Eröffnung der Aus¬
stellung fertig wurde, so hat das nur an den Anordnungen des leitenden Aus¬
schusses gelegen, der im vorigen Herbst noch nicht darüber schlüssig war, ob
die Gebäude beleuchtet werden sollten, der vielmehr im Schoße des Gesamt¬
ausschusses beschlossen hatte, nicht zu beleuchten. So wurde der Plan der
Beleuchtungsanlage, ja selbst die Fundamentirung der Maschinen so spät fertig,
daß die Leistung, in so kurzer Zeit derartige Anlagen zu liefern, im höchsten
Grade anerkannt werden muß. Abgesehen von der Zerfahrenheit in der An¬
ordnung, für die die einzelnen Firmen nicht verantwortlich gemacht werden
können, sind übrigens die ausgestellten Dampfmaschinen der Namen Borsig,
Hoppe, Schwartzkopf durchaus würdig. Auffällig ist, daß eine im Park stehende
Dampfmaschine, die die Kraft für die Beleuchtungsanlage des Theaters Alt-
Berlin liefert, und die in ihrer Art neu ist und viel bewundert wird, nämlich
eine 200pferdige Lokomobile, von Wolff in Buckau bei Magdeburg geliefert ist.

Auch die übrigen Zweige der Berliner Maschinenindustrie, z. B. die Werk¬
zeugmaschinen, die Holzbearbeitungsmaschinen u. a., sind nicht so vertreten, wie
man hätte erwarten können. Einzelne gute Kollektivausstellungen, wie die von
Ludwig Löwe, machen die Lücken nur um so fühlbarer. Überraschend ist es,
daß auf einem so wichtigen Gebiet, wie es die Kleinmotoren, die Gas-, Pe¬
troleum- und Benzinmotoren sind, die Ausstellung so gut wie gar nichts bietet.
Auch Elektromotoren sind, wenigstens in der großen Maschinenhalle, wenig
oder gar nicht verwendet worden, wenigstens trotz der vielfachen Verwendung
im Park nicht in einer Weise, die ihrer Wichtigkeit entspricht.

Im allgemeinen bietet somit die Maschinenausstellung wenig neues, wenig
bedeutendes. Darin liegt aber eine große Gefahr für die gesamte deutsche In¬
dustrie. Bei der vorzüglichen Reklame, die auch im Auslande für die Ausstellung
gemacht worden ist, werden voraussichtlich viele Ausländer die Ausstellung
besuchen. Nun ist es ja natürlich und in den örtlichen Verhältnissen Berlins
begründet, daß die in Treptow sich zeigende Industrie Lücken hat und haben
muß. Mißgunst und Konkurrenzneid werden jedoch unbekümmert um den rein
örtlichen Charakter der Ausstellung bemüht sein, die Lücken der gesamten deut¬
schen Industrie anzurechnen. Deswegen, um die deutsche Industrie davor zu
behüten, nicht etwa um die Leistungen der Berliner Industrie herabzusetzen,
kann gerade hier der rein örtliche Charakter der Ausstellung nicht genug betont
werden.

Die Anlage der Ausstellung ist als sehr gelungen zu bezeichnen, wenn
man einmal die alte Spielwiese dazu hergab, sie in einen See zu verwandeln.
Für eine deutsche oder für eine GeWerbeausstellung war der Plan allerdings


Die Berliner GeWerbeausstellung

erstens möglichst vielen Firmen Gelegenheit geboten werden sollte, sich daran
zu beteiligen, und zweitens bei dem Mangel andrer passender Ausstellungs¬
gegenstände möglichst viel Maschinen im Betrieb gezeigt werden sollten. Wenn
übrigens die Beleuchtungsanlage erst einige Wochen nach Eröffnung der Aus¬
stellung fertig wurde, so hat das nur an den Anordnungen des leitenden Aus¬
schusses gelegen, der im vorigen Herbst noch nicht darüber schlüssig war, ob
die Gebäude beleuchtet werden sollten, der vielmehr im Schoße des Gesamt¬
ausschusses beschlossen hatte, nicht zu beleuchten. So wurde der Plan der
Beleuchtungsanlage, ja selbst die Fundamentirung der Maschinen so spät fertig,
daß die Leistung, in so kurzer Zeit derartige Anlagen zu liefern, im höchsten
Grade anerkannt werden muß. Abgesehen von der Zerfahrenheit in der An¬
ordnung, für die die einzelnen Firmen nicht verantwortlich gemacht werden
können, sind übrigens die ausgestellten Dampfmaschinen der Namen Borsig,
Hoppe, Schwartzkopf durchaus würdig. Auffällig ist, daß eine im Park stehende
Dampfmaschine, die die Kraft für die Beleuchtungsanlage des Theaters Alt-
Berlin liefert, und die in ihrer Art neu ist und viel bewundert wird, nämlich
eine 200pferdige Lokomobile, von Wolff in Buckau bei Magdeburg geliefert ist.

Auch die übrigen Zweige der Berliner Maschinenindustrie, z. B. die Werk¬
zeugmaschinen, die Holzbearbeitungsmaschinen u. a., sind nicht so vertreten, wie
man hätte erwarten können. Einzelne gute Kollektivausstellungen, wie die von
Ludwig Löwe, machen die Lücken nur um so fühlbarer. Überraschend ist es,
daß auf einem so wichtigen Gebiet, wie es die Kleinmotoren, die Gas-, Pe¬
troleum- und Benzinmotoren sind, die Ausstellung so gut wie gar nichts bietet.
Auch Elektromotoren sind, wenigstens in der großen Maschinenhalle, wenig
oder gar nicht verwendet worden, wenigstens trotz der vielfachen Verwendung
im Park nicht in einer Weise, die ihrer Wichtigkeit entspricht.

Im allgemeinen bietet somit die Maschinenausstellung wenig neues, wenig
bedeutendes. Darin liegt aber eine große Gefahr für die gesamte deutsche In¬
dustrie. Bei der vorzüglichen Reklame, die auch im Auslande für die Ausstellung
gemacht worden ist, werden voraussichtlich viele Ausländer die Ausstellung
besuchen. Nun ist es ja natürlich und in den örtlichen Verhältnissen Berlins
begründet, daß die in Treptow sich zeigende Industrie Lücken hat und haben
muß. Mißgunst und Konkurrenzneid werden jedoch unbekümmert um den rein
örtlichen Charakter der Ausstellung bemüht sein, die Lücken der gesamten deut¬
schen Industrie anzurechnen. Deswegen, um die deutsche Industrie davor zu
behüten, nicht etwa um die Leistungen der Berliner Industrie herabzusetzen,
kann gerade hier der rein örtliche Charakter der Ausstellung nicht genug betont
werden.

Die Anlage der Ausstellung ist als sehr gelungen zu bezeichnen, wenn
man einmal die alte Spielwiese dazu hergab, sie in einen See zu verwandeln.
Für eine deutsche oder für eine GeWerbeausstellung war der Plan allerdings


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[0022] Die Berliner GeWerbeausstellung erstens möglichst vielen Firmen Gelegenheit geboten werden sollte, sich daran zu beteiligen, und zweitens bei dem Mangel andrer passender Ausstellungs¬ gegenstände möglichst viel Maschinen im Betrieb gezeigt werden sollten. Wenn übrigens die Beleuchtungsanlage erst einige Wochen nach Eröffnung der Aus¬ stellung fertig wurde, so hat das nur an den Anordnungen des leitenden Aus¬ schusses gelegen, der im vorigen Herbst noch nicht darüber schlüssig war, ob die Gebäude beleuchtet werden sollten, der vielmehr im Schoße des Gesamt¬ ausschusses beschlossen hatte, nicht zu beleuchten. So wurde der Plan der Beleuchtungsanlage, ja selbst die Fundamentirung der Maschinen so spät fertig, daß die Leistung, in so kurzer Zeit derartige Anlagen zu liefern, im höchsten Grade anerkannt werden muß. Abgesehen von der Zerfahrenheit in der An¬ ordnung, für die die einzelnen Firmen nicht verantwortlich gemacht werden können, sind übrigens die ausgestellten Dampfmaschinen der Namen Borsig, Hoppe, Schwartzkopf durchaus würdig. Auffällig ist, daß eine im Park stehende Dampfmaschine, die die Kraft für die Beleuchtungsanlage des Theaters Alt- Berlin liefert, und die in ihrer Art neu ist und viel bewundert wird, nämlich eine 200pferdige Lokomobile, von Wolff in Buckau bei Magdeburg geliefert ist. Auch die übrigen Zweige der Berliner Maschinenindustrie, z. B. die Werk¬ zeugmaschinen, die Holzbearbeitungsmaschinen u. a., sind nicht so vertreten, wie man hätte erwarten können. Einzelne gute Kollektivausstellungen, wie die von Ludwig Löwe, machen die Lücken nur um so fühlbarer. Überraschend ist es, daß auf einem so wichtigen Gebiet, wie es die Kleinmotoren, die Gas-, Pe¬ troleum- und Benzinmotoren sind, die Ausstellung so gut wie gar nichts bietet. Auch Elektromotoren sind, wenigstens in der großen Maschinenhalle, wenig oder gar nicht verwendet worden, wenigstens trotz der vielfachen Verwendung im Park nicht in einer Weise, die ihrer Wichtigkeit entspricht. Im allgemeinen bietet somit die Maschinenausstellung wenig neues, wenig bedeutendes. Darin liegt aber eine große Gefahr für die gesamte deutsche In¬ dustrie. Bei der vorzüglichen Reklame, die auch im Auslande für die Ausstellung gemacht worden ist, werden voraussichtlich viele Ausländer die Ausstellung besuchen. Nun ist es ja natürlich und in den örtlichen Verhältnissen Berlins begründet, daß die in Treptow sich zeigende Industrie Lücken hat und haben muß. Mißgunst und Konkurrenzneid werden jedoch unbekümmert um den rein örtlichen Charakter der Ausstellung bemüht sein, die Lücken der gesamten deut¬ schen Industrie anzurechnen. Deswegen, um die deutsche Industrie davor zu behüten, nicht etwa um die Leistungen der Berliner Industrie herabzusetzen, kann gerade hier der rein örtliche Charakter der Ausstellung nicht genug betont werden. Die Anlage der Ausstellung ist als sehr gelungen zu bezeichnen, wenn man einmal die alte Spielwiese dazu hergab, sie in einen See zu verwandeln. Für eine deutsche oder für eine GeWerbeausstellung war der Plan allerdings

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/22>, abgerufen am 01.09.2024.