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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Der Zwischenhandel

und ein Geschäft für die übrigen Bedürfnisse hat. Möbel und Küchengeräte
vielleicht ausgenommen. Von diesen Geschäften kann man sagen, daß sie in
absehbarer Zeit alle Krämer ihres Viertels beseitigt haben werden.

Daß durch große Bazare und durch ein weitverzweigtes Filialwesen die
Verteuerung, die die Ware im Detailverkauf erfährt, verringert werden würde,
ist zweifellos. Nur darf man namentlich bezüglich der notwendigsten Bedarfs¬
artikel keine allzu großen Hoffnungen hegen. Schon jetzt ist der gesamte
Engroshandel stark zentmlisirt. Wo früher hundert Firmen thätig waren,
z- V. beim Import eines überseeischen Produkts, sind es jetzt nur noch zehn, und
wo wir früher zur Versorgung der Detaillisteu einer Provinz Dutzende von
Grossisten hatten, sind es heute nur noch fünf oder sechs, die in Betracht
kommen. Selbst wenn jede der übrig gebliebner Firmen den vierfachen Ge¬
winn gegen früher hat, ist die Verteuerung, die die Ware auf der betreffenden
Station des Zwischenhandels erleidet, auf die Hälfte oder ein Drittel herab¬
gegangen. Und der Detaillist selbst hat aus den oben angeführten Gründen
auch keinen hohen Verdienst, namentlich wenn man die Ausschläge vergleicht,
die die Detaillisten noch vor zwanzig Jahren auf die Preise der Waren
machten.

Zum Schluß noch ein Wort über den Verdienst des Kaufmanns an
der Ware. Zunächst über den der Grossisten. Hier kann als Regel gelten,
daß sich der Verdienst nach dem Kapital richtet. Bei Massenartikel!,, deren
Herstellung schon völlig großkapitalistisch ist. wird den Sortimentern und
Agenten einsach vom Fabrikanten der Verkaufspreis vorgeschrieben. Der Fabrikant
nimmt so viel Verdienst für sich in Anspruch, als ihm seine Konkurrenz*) nur
irgend läßt, und gönnt dem Grossisten gerade so viel, daß es für diesen sich
noch lohnt, mit den betreffenden Artikeln zu handeln. Wo aber der Grossist
kapitalkräftiger ist als der Fabrikant -- und das wird wohl meist der Fall
sein bei nicht durchaus notwendigen Bedarfsartikeln, deren Herstellung noch
nicht völlig großkapitalistisch und zentmlisirt ist --, nimmt der Zwischenhändler
den Löwenanteil sür sich und drückt den Fabrikanten so viel als möglich. Vom
Detaillisten wiederum nimmt der Grossist um so höhern Verdienst, je ab¬
hängiger der Detaillist vou ihm ist, sodaß der Sortimenter, der es auf der
einen Seite mit nicht allzu mächtigen Fabrikanten und auf der andern Seite
mit ganz kapitalarmen Detaillisten zu thun hat, verhältnismäßig in der besten
Lage ist.

Beim Detailverkauf richtet sich der Verdienst des Verkäufers außer nach
den Spesen, die der Verkauf der betreffenden Ware verursacht, vor allem nach



*) Die Konkurrenz ist stets um so heftiger, je zersplitterter noch die Kapitale sind. Zu¬
nehmende Zentralisirung des Kapitals mindert gewöhnlich die Preisdrückerei und ruft schließlich
die Kartelle hervor. Vorkommnisse wie der "Zwirnkrieg" in Österreich vor einigen Jahren
(erbitterter Kampf zweier Nebenbuhler, die ohne weitere Konkurrenz waren) sind äußerst selten.
Der Zwischenhandel

und ein Geschäft für die übrigen Bedürfnisse hat. Möbel und Küchengeräte
vielleicht ausgenommen. Von diesen Geschäften kann man sagen, daß sie in
absehbarer Zeit alle Krämer ihres Viertels beseitigt haben werden.

Daß durch große Bazare und durch ein weitverzweigtes Filialwesen die
Verteuerung, die die Ware im Detailverkauf erfährt, verringert werden würde,
ist zweifellos. Nur darf man namentlich bezüglich der notwendigsten Bedarfs¬
artikel keine allzu großen Hoffnungen hegen. Schon jetzt ist der gesamte
Engroshandel stark zentmlisirt. Wo früher hundert Firmen thätig waren,
z- V. beim Import eines überseeischen Produkts, sind es jetzt nur noch zehn, und
wo wir früher zur Versorgung der Detaillisteu einer Provinz Dutzende von
Grossisten hatten, sind es heute nur noch fünf oder sechs, die in Betracht
kommen. Selbst wenn jede der übrig gebliebner Firmen den vierfachen Ge¬
winn gegen früher hat, ist die Verteuerung, die die Ware auf der betreffenden
Station des Zwischenhandels erleidet, auf die Hälfte oder ein Drittel herab¬
gegangen. Und der Detaillist selbst hat aus den oben angeführten Gründen
auch keinen hohen Verdienst, namentlich wenn man die Ausschläge vergleicht,
die die Detaillisten noch vor zwanzig Jahren auf die Preise der Waren
machten.

Zum Schluß noch ein Wort über den Verdienst des Kaufmanns an
der Ware. Zunächst über den der Grossisten. Hier kann als Regel gelten,
daß sich der Verdienst nach dem Kapital richtet. Bei Massenartikel!,, deren
Herstellung schon völlig großkapitalistisch ist. wird den Sortimentern und
Agenten einsach vom Fabrikanten der Verkaufspreis vorgeschrieben. Der Fabrikant
nimmt so viel Verdienst für sich in Anspruch, als ihm seine Konkurrenz*) nur
irgend läßt, und gönnt dem Grossisten gerade so viel, daß es für diesen sich
noch lohnt, mit den betreffenden Artikeln zu handeln. Wo aber der Grossist
kapitalkräftiger ist als der Fabrikant — und das wird wohl meist der Fall
sein bei nicht durchaus notwendigen Bedarfsartikeln, deren Herstellung noch
nicht völlig großkapitalistisch und zentmlisirt ist —, nimmt der Zwischenhändler
den Löwenanteil sür sich und drückt den Fabrikanten so viel als möglich. Vom
Detaillisten wiederum nimmt der Grossist um so höhern Verdienst, je ab¬
hängiger der Detaillist vou ihm ist, sodaß der Sortimenter, der es auf der
einen Seite mit nicht allzu mächtigen Fabrikanten und auf der andern Seite
mit ganz kapitalarmen Detaillisten zu thun hat, verhältnismäßig in der besten
Lage ist.

Beim Detailverkauf richtet sich der Verdienst des Verkäufers außer nach
den Spesen, die der Verkauf der betreffenden Ware verursacht, vor allem nach



*) Die Konkurrenz ist stets um so heftiger, je zersplitterter noch die Kapitale sind. Zu¬
nehmende Zentralisirung des Kapitals mindert gewöhnlich die Preisdrückerei und ruft schließlich
die Kartelle hervor. Vorkommnisse wie der „Zwirnkrieg" in Österreich vor einigen Jahren
(erbitterter Kampf zweier Nebenbuhler, die ohne weitere Konkurrenz waren) sind äußerst selten.
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[0071] Der Zwischenhandel und ein Geschäft für die übrigen Bedürfnisse hat. Möbel und Küchengeräte vielleicht ausgenommen. Von diesen Geschäften kann man sagen, daß sie in absehbarer Zeit alle Krämer ihres Viertels beseitigt haben werden. Daß durch große Bazare und durch ein weitverzweigtes Filialwesen die Verteuerung, die die Ware im Detailverkauf erfährt, verringert werden würde, ist zweifellos. Nur darf man namentlich bezüglich der notwendigsten Bedarfs¬ artikel keine allzu großen Hoffnungen hegen. Schon jetzt ist der gesamte Engroshandel stark zentmlisirt. Wo früher hundert Firmen thätig waren, z- V. beim Import eines überseeischen Produkts, sind es jetzt nur noch zehn, und wo wir früher zur Versorgung der Detaillisteu einer Provinz Dutzende von Grossisten hatten, sind es heute nur noch fünf oder sechs, die in Betracht kommen. Selbst wenn jede der übrig gebliebner Firmen den vierfachen Ge¬ winn gegen früher hat, ist die Verteuerung, die die Ware auf der betreffenden Station des Zwischenhandels erleidet, auf die Hälfte oder ein Drittel herab¬ gegangen. Und der Detaillist selbst hat aus den oben angeführten Gründen auch keinen hohen Verdienst, namentlich wenn man die Ausschläge vergleicht, die die Detaillisten noch vor zwanzig Jahren auf die Preise der Waren machten. Zum Schluß noch ein Wort über den Verdienst des Kaufmanns an der Ware. Zunächst über den der Grossisten. Hier kann als Regel gelten, daß sich der Verdienst nach dem Kapital richtet. Bei Massenartikel!,, deren Herstellung schon völlig großkapitalistisch ist. wird den Sortimentern und Agenten einsach vom Fabrikanten der Verkaufspreis vorgeschrieben. Der Fabrikant nimmt so viel Verdienst für sich in Anspruch, als ihm seine Konkurrenz*) nur irgend läßt, und gönnt dem Grossisten gerade so viel, daß es für diesen sich noch lohnt, mit den betreffenden Artikeln zu handeln. Wo aber der Grossist kapitalkräftiger ist als der Fabrikant — und das wird wohl meist der Fall sein bei nicht durchaus notwendigen Bedarfsartikeln, deren Herstellung noch nicht völlig großkapitalistisch und zentmlisirt ist —, nimmt der Zwischenhändler den Löwenanteil sür sich und drückt den Fabrikanten so viel als möglich. Vom Detaillisten wiederum nimmt der Grossist um so höhern Verdienst, je ab¬ hängiger der Detaillist vou ihm ist, sodaß der Sortimenter, der es auf der einen Seite mit nicht allzu mächtigen Fabrikanten und auf der andern Seite mit ganz kapitalarmen Detaillisten zu thun hat, verhältnismäßig in der besten Lage ist. Beim Detailverkauf richtet sich der Verdienst des Verkäufers außer nach den Spesen, die der Verkauf der betreffenden Ware verursacht, vor allem nach *) Die Konkurrenz ist stets um so heftiger, je zersplitterter noch die Kapitale sind. Zu¬ nehmende Zentralisirung des Kapitals mindert gewöhnlich die Preisdrückerei und ruft schließlich die Kartelle hervor. Vorkommnisse wie der „Zwirnkrieg" in Österreich vor einigen Jahren (erbitterter Kampf zweier Nebenbuhler, die ohne weitere Konkurrenz waren) sind äußerst selten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/71>, abgerufen am 24.08.2024.