Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.Duell und Holzkomment ist zugleich einer der berüchtigtsten Meuchelmörder. Am Ende des sechzehnten Duell und Holzkomment ist zugleich einer der berüchtigtsten Meuchelmörder. Am Ende des sechzehnten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0306" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222610"/> <fw type="header" place="top"> Duell und Holzkomment</fw><lb/> <p xml:id="ID_894" prev="#ID_893" next="#ID_895"> ist zugleich einer der berüchtigtsten Meuchelmörder. Am Ende des sechzehnten<lb/> Jahrhunderts kam das Duell aus den romanischen Ländern nach Deutschland.<lb/> Das siebzehnte und achtzehnte Jahrhundert ist die Blütezeit des Studenten¬<lb/> duells in Deutschland. Man kann sagen, daß es damals die Universitäten<lb/> beherrschte, während es heute doch auf engere Kreise beschränkt ist. Man sollte<lb/> nun annehmen, daß es damals, wo fast das ganze Universitütsleben unter<lb/> seinem Zeichen stand, alle die schönen Wirkungen geäußert habe, die ihm<lb/> nachgerühmt werden, daß damals kein ungeregelter Mord, keine Holzerei vor¬<lb/> gekommen, daß die Studenten von einem hohen und hehren Ehrgefühl erfüllt<lb/> gewesen seien. Aber wie stand es in Wirklichkeit? Neben den sehr zahlreichen<lb/> Duellen — so wird uns in dem bekannten Buche der Gebrüder Keil über die<lb/> Geschichte des Jenaischen Studentenlebens erzählt — waren auch sonstige<lb/> „Konflikte und Raufereien" durchaus nichts ungewöhnliches, und diese — d. h.<lb/> ungeregelten! — Raufereien hatten oft genug einen traurigen Ausgang. Die<lb/> Verfasser zählen viele Fälle auf, wo Studenten ganz ungeregelt „erstochen"<lb/> wurden. Weiterhin teilen sie mit, daß sich seit der Mitte des siebzehnten Jahr¬<lb/> hunderts in Jena die „schimpfliche Sitte" verbreitet habe, daß die Studenten<lb/> mit Stöcken und Hetzpeitschen auf den Stuben wie auf offner Straße einander<lb/> überfielen, wodurch gewöhnlich Duelle provozirt wurden. Schon in den sechziger<lb/> Jahren des Jahrhunderts wird der Jenaer Student, mit der Hetzpeitsche um¬<lb/> gürtet, den Schläger in der Hand, abgebildet. Wundervolle Symbole: Schlüger<lb/> und Hetzpeitsche! Fast in keiner andern Zeit finden wir so viele strenge Ver¬<lb/> ordnungen gegen das Tumultuiren der Studenten, die nächtlichen Unruhen usw.<lb/> als im achtzehnten Jahrhundert. Ich füge noch hinzu, was der alte Meiners<lb/> über die „Kunst, sich in Avantage zu setzen" (d. h. den Gegner in die Not¬<lb/> wendigkeit zu setzen, herauszufordern) sagt: „Die verschiednen Grade der<lb/> Avantage sind edelmütiger Menschen so wenig würdig, daß man ohne Wider¬<lb/> willen nicht davon reden kann. Ein Studirender, der von einem andern be¬<lb/> leidigt zu sein glaubt, ahndet die empfangne Beleidigung dadurch, daß er seinen<lb/> Beleidiger einen dummen Jungen nennt. Wer einen dummen Jungen erhalten<lb/> hat, ist in Desavantage und muß seinen Widersacher entweder fordern oder<lb/> ihm eine Ohrfeige beibringen. Der Empfänger einer Ohrfeige erhält wieder<lb/> die Oberhand, wenn er seinem Gegner einen Schlag mit der Hundepeitsche<lb/> giebt. Ein Schlag mit der Hundepeitsche bringt die Avantage, in welcher bisher<lb/> der Gegner war, auf die Seite des letzten Beleidigers. Wenn der Geschlagne<lb/> den Verlornen Vorteil wieder gewinnen will, so bleibt ihm nach der schlechten<lb/> Sitte einiger hohen Schulen nichts weiter übrig, als denjenigen, welcher ihn<lb/> geschlagen hat, mit dem Nachttopf zu beschütten oder ihm das Nachtgeschirr<lb/> an den Kopf zu werfen." Und ein etwas älterer Zeitgenosse von Meiners<lb/> sagt: „Lieber eine Niederträchtigkeit begangen, lieber sich ü. 1a ivoäö der Gassen¬<lb/> jungen herumgebalgt, als den Vorteil und die Ehre der Avantage aus den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0306]
Duell und Holzkomment
ist zugleich einer der berüchtigtsten Meuchelmörder. Am Ende des sechzehnten
Jahrhunderts kam das Duell aus den romanischen Ländern nach Deutschland.
Das siebzehnte und achtzehnte Jahrhundert ist die Blütezeit des Studenten¬
duells in Deutschland. Man kann sagen, daß es damals die Universitäten
beherrschte, während es heute doch auf engere Kreise beschränkt ist. Man sollte
nun annehmen, daß es damals, wo fast das ganze Universitütsleben unter
seinem Zeichen stand, alle die schönen Wirkungen geäußert habe, die ihm
nachgerühmt werden, daß damals kein ungeregelter Mord, keine Holzerei vor¬
gekommen, daß die Studenten von einem hohen und hehren Ehrgefühl erfüllt
gewesen seien. Aber wie stand es in Wirklichkeit? Neben den sehr zahlreichen
Duellen — so wird uns in dem bekannten Buche der Gebrüder Keil über die
Geschichte des Jenaischen Studentenlebens erzählt — waren auch sonstige
„Konflikte und Raufereien" durchaus nichts ungewöhnliches, und diese — d. h.
ungeregelten! — Raufereien hatten oft genug einen traurigen Ausgang. Die
Verfasser zählen viele Fälle auf, wo Studenten ganz ungeregelt „erstochen"
wurden. Weiterhin teilen sie mit, daß sich seit der Mitte des siebzehnten Jahr¬
hunderts in Jena die „schimpfliche Sitte" verbreitet habe, daß die Studenten
mit Stöcken und Hetzpeitschen auf den Stuben wie auf offner Straße einander
überfielen, wodurch gewöhnlich Duelle provozirt wurden. Schon in den sechziger
Jahren des Jahrhunderts wird der Jenaer Student, mit der Hetzpeitsche um¬
gürtet, den Schläger in der Hand, abgebildet. Wundervolle Symbole: Schlüger
und Hetzpeitsche! Fast in keiner andern Zeit finden wir so viele strenge Ver¬
ordnungen gegen das Tumultuiren der Studenten, die nächtlichen Unruhen usw.
als im achtzehnten Jahrhundert. Ich füge noch hinzu, was der alte Meiners
über die „Kunst, sich in Avantage zu setzen" (d. h. den Gegner in die Not¬
wendigkeit zu setzen, herauszufordern) sagt: „Die verschiednen Grade der
Avantage sind edelmütiger Menschen so wenig würdig, daß man ohne Wider¬
willen nicht davon reden kann. Ein Studirender, der von einem andern be¬
leidigt zu sein glaubt, ahndet die empfangne Beleidigung dadurch, daß er seinen
Beleidiger einen dummen Jungen nennt. Wer einen dummen Jungen erhalten
hat, ist in Desavantage und muß seinen Widersacher entweder fordern oder
ihm eine Ohrfeige beibringen. Der Empfänger einer Ohrfeige erhält wieder
die Oberhand, wenn er seinem Gegner einen Schlag mit der Hundepeitsche
giebt. Ein Schlag mit der Hundepeitsche bringt die Avantage, in welcher bisher
der Gegner war, auf die Seite des letzten Beleidigers. Wenn der Geschlagne
den Verlornen Vorteil wieder gewinnen will, so bleibt ihm nach der schlechten
Sitte einiger hohen Schulen nichts weiter übrig, als denjenigen, welcher ihn
geschlagen hat, mit dem Nachttopf zu beschütten oder ihm das Nachtgeschirr
an den Kopf zu werfen." Und ein etwas älterer Zeitgenosse von Meiners
sagt: „Lieber eine Niederträchtigkeit begangen, lieber sich ü. 1a ivoäö der Gassen¬
jungen herumgebalgt, als den Vorteil und die Ehre der Avantage aus den
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