Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.Die erste Liebe 15 Tonnen, der ein kleines Geschütz aufnehmen kann, und es war interessant, Was die Prüfung der Maschinen auf dieser sechsundzwanzigstüudigen Fahrt, Gelo Raemmel Die erste Liebe Lharlotte Niese von n einem Hänschen, das etwas außerhalb der kleinen Stadt lag, Die erste Liebe 15 Tonnen, der ein kleines Geschütz aufnehmen kann, und es war interessant, Was die Prüfung der Maschinen auf dieser sechsundzwanzigstüudigen Fahrt, Gelo Raemmel Die erste Liebe Lharlotte Niese von n einem Hänschen, das etwas außerhalb der kleinen Stadt lag, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222138"/> <fw type="header" place="top"> Die erste Liebe</fw><lb/> <p xml:id="ID_1613" prev="#ID_1612"> 15 Tonnen, der ein kleines Geschütz aufnehmen kann, und es war interessant,<lb/> zu sehen, wie das geschah. Noch während der Fahrt begann sich einer der riesigen<lb/> eisernen Ladebäume um den Fockmast, der am Ende vier Ketten mit starken Haken<lb/> trug, langsam zu senken, während schon die Maschine der seitwärts am Vordeck<lb/> Steuerbord in den „Davids" hängenden Bartaffe geheizt wurde. Als das Schiff<lb/> gegen 11 Uhr an seinem alten Ankerplätze hielt und wieder an der Boie festlag,<lb/> kamen jene Ketten herunter, und die Haken wurden am Bord der Bartaffe ein¬<lb/> gehakt; dann hob der Baum das ganze Boot mit seiner Bemannung aus seiner<lb/> Lage, schwang es nach außen und senkte es auf die Wasserfläche nieder. Kaum<lb/> waren die Haken losgemacht, so setzte sich die Schraube in Bewegung, und das<lb/> Fahrzeug schoß dem Lande zu. Dann kam das Boot des Präses der Schiffs-<lb/> prüfuugskommission heran, um ihn abzuholen, das Fallreep senkte sich; darauf<lb/> trat die Wache ins Gewehr, und auch der Kommandant ging an Land. Erst<lb/> mehrere Stunden nachher verließ ich den gastlichen Kreis der Offiziere und die<lb/> „Brandenburg."</p><lb/> <p xml:id="ID_1614"> Was die Prüfung der Maschinen auf dieser sechsundzwanzigstüudigen Fahrt,<lb/> fast immer unter Volldampf, ergeben hat, habe ich damals nicht erfahren. Aber eins<lb/> war mir unvergeßlich eingeprägt. Ein Schiff derart ist wie eine Welt für sich, ein<lb/> Triumph menschlicher und vaterländischer Technik, mit all ihren Hilfsmitteln aufs<lb/> scharfsinnigste gebaut und ausgestattet, eine Zusammenfassung physischer, geistiger und<lb/> moralischer Macht, wie nichts sonst auf der Welt, ein verderbendrohendes, flammen¬<lb/> speiendes Ungeheuer für den Feind, eine starke Schutzwehr für unser Reich, wenn<lb/> eiserne Herzen hinter den eisernen Panzern schlagen.</p><lb/> <note type="byline"> Gelo Raemmel</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die erste Liebe<lb/><note type="byline"> Lharlotte Niese</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_1615" next="#ID_1616"> n einem Hänschen, das etwas außerhalb der kleinen Stadt lag,<lb/> wohnten der Baron und die Baronin Ravenstein. Der Baron war<lb/> ein älterer, zierlich gewachsener Herr mit stark gefärbtem Schnur¬<lb/> bart und sehr artigen Auftreten; die Baronin mochte etwa zwanzig<lb/> Jahre jünger sein als ihr Mann und konnte oft noch etwas sehr<lb/> jugendliches in ihrem Wesen haben. Sie war gutmütig und frisch,<lb/> hatte Freude an Witzen und lustigen Geschichten, und die Leute sagten, sie sei viel<lb/> klüger als der Baron und langweile sich mit ihm. Ob diese Behauptung richtig<lb/> war, konnte aber niemand mit Sicherheit nachweisen. Jedenfalls lebte das Ehe¬<lb/> paar in vollständiger Einigkeit neben einander hin, und wenn der Baron sehr<lb/> regelmäßig dreimal täglich ins Wirtshaus, aber niemals mit seiner Frau spazieren<lb/> ging oder sich sonst mit ihr öffentlich zeigte, so kam das einfach daher, daß er keine<lb/> Zeit für sie und sie keine für ihn hatte. Das war vou jeher so gewesen. Der<lb/> Baron saß entweder in der Weinstube oder schrieb an einem Buche über Schu߬<lb/> waffen, das er schon seit Jahren in Arbeit hatte; die Baronin malte, kochte, nähte,<lb/> strickte, rauchte Cigarre», pflegte arme Leute, kurz, sie that alles, was eine Frau</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0492]
Die erste Liebe
15 Tonnen, der ein kleines Geschütz aufnehmen kann, und es war interessant,
zu sehen, wie das geschah. Noch während der Fahrt begann sich einer der riesigen
eisernen Ladebäume um den Fockmast, der am Ende vier Ketten mit starken Haken
trug, langsam zu senken, während schon die Maschine der seitwärts am Vordeck
Steuerbord in den „Davids" hängenden Bartaffe geheizt wurde. Als das Schiff
gegen 11 Uhr an seinem alten Ankerplätze hielt und wieder an der Boie festlag,
kamen jene Ketten herunter, und die Haken wurden am Bord der Bartaffe ein¬
gehakt; dann hob der Baum das ganze Boot mit seiner Bemannung aus seiner
Lage, schwang es nach außen und senkte es auf die Wasserfläche nieder. Kaum
waren die Haken losgemacht, so setzte sich die Schraube in Bewegung, und das
Fahrzeug schoß dem Lande zu. Dann kam das Boot des Präses der Schiffs-
prüfuugskommission heran, um ihn abzuholen, das Fallreep senkte sich; darauf
trat die Wache ins Gewehr, und auch der Kommandant ging an Land. Erst
mehrere Stunden nachher verließ ich den gastlichen Kreis der Offiziere und die
„Brandenburg."
Was die Prüfung der Maschinen auf dieser sechsundzwanzigstüudigen Fahrt,
fast immer unter Volldampf, ergeben hat, habe ich damals nicht erfahren. Aber eins
war mir unvergeßlich eingeprägt. Ein Schiff derart ist wie eine Welt für sich, ein
Triumph menschlicher und vaterländischer Technik, mit all ihren Hilfsmitteln aufs
scharfsinnigste gebaut und ausgestattet, eine Zusammenfassung physischer, geistiger und
moralischer Macht, wie nichts sonst auf der Welt, ein verderbendrohendes, flammen¬
speiendes Ungeheuer für den Feind, eine starke Schutzwehr für unser Reich, wenn
eiserne Herzen hinter den eisernen Panzern schlagen.
Gelo Raemmel
Die erste Liebe
Lharlotte Niese von
n einem Hänschen, das etwas außerhalb der kleinen Stadt lag,
wohnten der Baron und die Baronin Ravenstein. Der Baron war
ein älterer, zierlich gewachsener Herr mit stark gefärbtem Schnur¬
bart und sehr artigen Auftreten; die Baronin mochte etwa zwanzig
Jahre jünger sein als ihr Mann und konnte oft noch etwas sehr
jugendliches in ihrem Wesen haben. Sie war gutmütig und frisch,
hatte Freude an Witzen und lustigen Geschichten, und die Leute sagten, sie sei viel
klüger als der Baron und langweile sich mit ihm. Ob diese Behauptung richtig
war, konnte aber niemand mit Sicherheit nachweisen. Jedenfalls lebte das Ehe¬
paar in vollständiger Einigkeit neben einander hin, und wenn der Baron sehr
regelmäßig dreimal täglich ins Wirtshaus, aber niemals mit seiner Frau spazieren
ging oder sich sonst mit ihr öffentlich zeigte, so kam das einfach daher, daß er keine
Zeit für sie und sie keine für ihn hatte. Das war vou jeher so gewesen. Der
Baron saß entweder in der Weinstube oder schrieb an einem Buche über Schu߬
waffen, das er schon seit Jahren in Arbeit hatte; die Baronin malte, kochte, nähte,
strickte, rauchte Cigarre», pflegte arme Leute, kurz, sie that alles, was eine Frau
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