Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.Der Gesetzentwurf gegen unlautern Wettbewerb ährend die Gebiete des romanischen Rechts (Frankreich, Belgien, Diese grundsätzlich verschiedne Auffassung ist nicht in einer Verschiedenheit In den Gebieten des französischen Rechts führte die Ausbildung des Rechts- Grenzboten I 1396 21
Der Gesetzentwurf gegen unlautern Wettbewerb ährend die Gebiete des romanischen Rechts (Frankreich, Belgien, Diese grundsätzlich verschiedne Auffassung ist nicht in einer Verschiedenheit In den Gebieten des französischen Rechts führte die Ausbildung des Rechts- Grenzboten I 1396 21
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0169" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221815"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341863_221645/figures/grenzboten_341863_221645_221815_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Der Gesetzentwurf gegen unlautern Wettbewerb</head><lb/> <p xml:id="ID_529"> ährend die Gebiete des romanischen Rechts (Frankreich, Belgien,<lb/> die Schweiz, Italien) und des englischen Rechts (England und<lb/> Nordamerika) einen allgemeinen Begriff des unlautern Wett¬<lb/> bewerbs ausgebildet haben — gleichviel ob die theoretische Be¬<lb/> gründung, die sie ihm geben, richtig ist oder nicht —, hat die<lb/> Praxis der deutschen und österreichischen Gerichte und zum Teil auch die<lb/> deutsche Wissenschaft bisher die Auffassung vertreten, daß die ganze wirtschaft¬<lb/> liche Erwerbsthätigkeit durch die anerkannte Gewerbefreiheit außerhalb alles<lb/> Rechts stehe und lediglich die Bethätigung der natürlichen Handlungsfreiheit<lb/> sei. Sie komme daher auch uur dann in Betracht, wenn sie gegen bestehende<lb/> Strafgesetze, die sich an alle richten, verstoße.</p><lb/> <p xml:id="ID_530"> Diese grundsätzlich verschiedne Auffassung ist nicht in einer Verschiedenheit<lb/> der Gesetze jener Rechtsgebiete begründet, denn dieselben gesetzlichen Bestim¬<lb/> mungen, auf denen das französische, englische und italienische Recht den Schutz<lb/> gegen unlautern Wettbewerb aufbaut, finden sich auch in den deutschen Gesetz¬<lb/> büchern der Einzelstaaten: es sind die allgemeinen Bestimmungen über Schaden-<lb/> zufügung. Die tiefern Ursachen, die zu dieser verschiedenartigen Auffassung<lb/> geführt haben, brauchen hier auch nicht weiter erörtert zu werden, es genügt<lb/> diesen durch stete Rechtsübung herbeigeführten Rechtszustand, der der Rechts¬<lb/> erzeugung gleichkommt, in seiner Verschiedenheit zu erkennen. Diese Ver¬<lb/> schiedenheit ist aber wesentlich gewesen für die ganze Rechtsentwicklung und<lb/> den Ausbau des Schutzes gegen den doch einmal vorhandnen und auch in<lb/> Deutschland nicht wegzuleugnenden unlautern Wettbewerb im Gewerbe. Denn<lb/> Thatsachen machen sich geltend, gleichviel ob sie die Juristen theoretisch kon-<lb/> struiren und definiren können oder nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_531" next="#ID_532"> In den Gebieten des französischen Rechts führte die Ausbildung des Rechts-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1396 21</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0169]
[Abbildung]
Der Gesetzentwurf gegen unlautern Wettbewerb
ährend die Gebiete des romanischen Rechts (Frankreich, Belgien,
die Schweiz, Italien) und des englischen Rechts (England und
Nordamerika) einen allgemeinen Begriff des unlautern Wett¬
bewerbs ausgebildet haben — gleichviel ob die theoretische Be¬
gründung, die sie ihm geben, richtig ist oder nicht —, hat die
Praxis der deutschen und österreichischen Gerichte und zum Teil auch die
deutsche Wissenschaft bisher die Auffassung vertreten, daß die ganze wirtschaft¬
liche Erwerbsthätigkeit durch die anerkannte Gewerbefreiheit außerhalb alles
Rechts stehe und lediglich die Bethätigung der natürlichen Handlungsfreiheit
sei. Sie komme daher auch uur dann in Betracht, wenn sie gegen bestehende
Strafgesetze, die sich an alle richten, verstoße.
Diese grundsätzlich verschiedne Auffassung ist nicht in einer Verschiedenheit
der Gesetze jener Rechtsgebiete begründet, denn dieselben gesetzlichen Bestim¬
mungen, auf denen das französische, englische und italienische Recht den Schutz
gegen unlautern Wettbewerb aufbaut, finden sich auch in den deutschen Gesetz¬
büchern der Einzelstaaten: es sind die allgemeinen Bestimmungen über Schaden-
zufügung. Die tiefern Ursachen, die zu dieser verschiedenartigen Auffassung
geführt haben, brauchen hier auch nicht weiter erörtert zu werden, es genügt
diesen durch stete Rechtsübung herbeigeführten Rechtszustand, der der Rechts¬
erzeugung gleichkommt, in seiner Verschiedenheit zu erkennen. Diese Ver¬
schiedenheit ist aber wesentlich gewesen für die ganze Rechtsentwicklung und
den Ausbau des Schutzes gegen den doch einmal vorhandnen und auch in
Deutschland nicht wegzuleugnenden unlautern Wettbewerb im Gewerbe. Denn
Thatsachen machen sich geltend, gleichviel ob sie die Juristen theoretisch kon-
struiren und definiren können oder nicht.
In den Gebieten des französischen Rechts führte die Ausbildung des Rechts-
Grenzboten I 1396 21
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |