Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.Der Gesetzentwurf gegen unlautern Wettbewerb Schutzes dazu, daß er sich thatsächlich nur als Erweiterung und Verschärfung Das Ergebnis war eine große Unzufriedenheit mit den ergehenden Richter¬ Gedrängt von dem allgemeinen Verlangen, das schon im Reichstag bei Freilich, die Aufstellung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes und ein all¬ Der Gesetzentwurf gegen unlautern Wettbewerb Schutzes dazu, daß er sich thatsächlich nur als Erweiterung und Verschärfung Das Ergebnis war eine große Unzufriedenheit mit den ergehenden Richter¬ Gedrängt von dem allgemeinen Verlangen, das schon im Reichstag bei Freilich, die Aufstellung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes und ein all¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0170" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221816"/> <fw type="header" place="top"> Der Gesetzentwurf gegen unlautern Wettbewerb</fw><lb/> <p xml:id="ID_532" prev="#ID_531"> Schutzes dazu, daß er sich thatsächlich nur als Erweiterung und Verschärfung<lb/> des bereits bestehenden Schutzes gegen jeden als Vermögensschädigung er¬<lb/> achteten unlautern Wettbewerb darstellte; er hob einzelne schwere oder sonst<lb/> ausgezeichnete Fälle heraus und stellte sie unter den in der Regel straf¬<lb/> rechtlichen Schutz von Sondergesetzen. Der allgemeine zivilrechtliche Schutz<lb/> gegen den unlautern Wettbewerb überhaupt blieb daneben immer noch aus¬<lb/> hilfsweise bestehen, auch wenn sich der unlautre Wettbewerb nicht unter die<lb/> Bestimmungen der Sondergesetze bringen ließ. Anders in Deutschland. Hier<lb/> konnte von einer Erweiterung und Verschärfung des Schutzes keine Rede sein,<lb/> da der unlautre Wettbewerb als solcher offiziell gar nicht anerkannt und nicht<lb/> verboten war. Wenn hier nach und nach einzelne Gesetze für bestimmte Fälle<lb/> unlautern Wettbewerbs Schutz gewährten, so führten sie diesen Schutz erst ein,<lb/> aber verschärften nicht einen bereits bestehenden. Die nicht unter die Bestim¬<lb/> mungen des einzelnen Schutzgesetzes zu stellenden Fälle, mochten sie ihnen noch<lb/> so ähnlich, ja gleich unlauter sein, mußten, weil nicht ausdrücklich verboten,<lb/> auch weiterhin für erlaubt gelten.</p><lb/> <p xml:id="ID_533"> Das Ergebnis war eine große Unzufriedenheit mit den ergehenden Richter¬<lb/> sprüchen und der bestehenden Rechtsauffassung, sodaß sich immer mehr die<lb/> Überzeugung Bahn brach, es müsse ein allgemeines Gesetz zur Bekämpfung<lb/> des unlautern Wettbewerbs erlassen werden, die Einzelgesetze über den Marken¬<lb/> schutz, den Schutz von Warenbezeichnungen, die Urhebergesetze usw. genügten<lb/> dem immer weiter um sich greifenden unlautern Geschüftsgebahren nicht mehr.<lb/> Der Führer dieser Bewegung wurde der am 19. Dezember 1891 in Berlin<lb/> gegründete Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums.</p><lb/> <p xml:id="ID_534"> Gedrängt von dem allgemeinen Verlangen, das schon im Reichstag bei<lb/> Beratung des Gesetzes vom 12. Mai 1894 zum Schutze der Warenbezeichnung<lb/> Ausdruck gefunden hatte, haben nunmehr die verbündeten Regierungen den<lb/> Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlautern Wettbewerbs vorgelegt.<lb/> Es ist zu hoffen, daß das gewünschte Gesetz zustande und damit eine Entwick¬<lb/> lung in Deutschland zum Abschluß kommt, die gerade in umgekehrter Richtung<lb/> wie die des französischen Rechts verlaufen ist: in Deutschland von Sonder¬<lb/> gesetzen zum allgemeinern Gesetze, in Frankreich vom allgemeinen zum Sonder¬<lb/> gesetze.</p><lb/> <p xml:id="ID_535"> Freilich, die Aufstellung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes und ein all¬<lb/> gemeines Verbot gegen unlautern Wettbewerb giebt auch dieser Entwurf nicht.<lb/> Er hat absichtlich davon abgesehen. Er ergeht sich in der Hervorhebung<lb/> einzelner Fälle, und so werden leider auch nach diesem Gesetze noch nicht alle<lb/> unlautern Handlungen des Wettbewerbs, so wie zu wünschen wäre, getroffen<lb/> werden. Doch muß anerkannt werden, daß der Entwurf die schwersten und<lb/> häufigsten Fülle erwähnt, und daß auch alle aufgeführten Fälle wirklich die<lb/> Natur des unlautern Wettbewerbs haben.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0170]
Der Gesetzentwurf gegen unlautern Wettbewerb
Schutzes dazu, daß er sich thatsächlich nur als Erweiterung und Verschärfung
des bereits bestehenden Schutzes gegen jeden als Vermögensschädigung er¬
achteten unlautern Wettbewerb darstellte; er hob einzelne schwere oder sonst
ausgezeichnete Fälle heraus und stellte sie unter den in der Regel straf¬
rechtlichen Schutz von Sondergesetzen. Der allgemeine zivilrechtliche Schutz
gegen den unlautern Wettbewerb überhaupt blieb daneben immer noch aus¬
hilfsweise bestehen, auch wenn sich der unlautre Wettbewerb nicht unter die
Bestimmungen der Sondergesetze bringen ließ. Anders in Deutschland. Hier
konnte von einer Erweiterung und Verschärfung des Schutzes keine Rede sein,
da der unlautre Wettbewerb als solcher offiziell gar nicht anerkannt und nicht
verboten war. Wenn hier nach und nach einzelne Gesetze für bestimmte Fälle
unlautern Wettbewerbs Schutz gewährten, so führten sie diesen Schutz erst ein,
aber verschärften nicht einen bereits bestehenden. Die nicht unter die Bestim¬
mungen des einzelnen Schutzgesetzes zu stellenden Fälle, mochten sie ihnen noch
so ähnlich, ja gleich unlauter sein, mußten, weil nicht ausdrücklich verboten,
auch weiterhin für erlaubt gelten.
Das Ergebnis war eine große Unzufriedenheit mit den ergehenden Richter¬
sprüchen und der bestehenden Rechtsauffassung, sodaß sich immer mehr die
Überzeugung Bahn brach, es müsse ein allgemeines Gesetz zur Bekämpfung
des unlautern Wettbewerbs erlassen werden, die Einzelgesetze über den Marken¬
schutz, den Schutz von Warenbezeichnungen, die Urhebergesetze usw. genügten
dem immer weiter um sich greifenden unlautern Geschüftsgebahren nicht mehr.
Der Führer dieser Bewegung wurde der am 19. Dezember 1891 in Berlin
gegründete Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums.
Gedrängt von dem allgemeinen Verlangen, das schon im Reichstag bei
Beratung des Gesetzes vom 12. Mai 1894 zum Schutze der Warenbezeichnung
Ausdruck gefunden hatte, haben nunmehr die verbündeten Regierungen den
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des unlautern Wettbewerbs vorgelegt.
Es ist zu hoffen, daß das gewünschte Gesetz zustande und damit eine Entwick¬
lung in Deutschland zum Abschluß kommt, die gerade in umgekehrter Richtung
wie die des französischen Rechts verlaufen ist: in Deutschland von Sonder¬
gesetzen zum allgemeinern Gesetze, in Frankreich vom allgemeinen zum Sonder¬
gesetze.
Freilich, die Aufstellung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes und ein all¬
gemeines Verbot gegen unlautern Wettbewerb giebt auch dieser Entwurf nicht.
Er hat absichtlich davon abgesehen. Er ergeht sich in der Hervorhebung
einzelner Fälle, und so werden leider auch nach diesem Gesetze noch nicht alle
unlautern Handlungen des Wettbewerbs, so wie zu wünschen wäre, getroffen
werden. Doch muß anerkannt werden, daß der Entwurf die schwersten und
häufigsten Fülle erwähnt, und daß auch alle aufgeführten Fälle wirklich die
Natur des unlautern Wettbewerbs haben.
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