Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zum Schutze der Bauhandwerker

Der vierte Entwurf will den Baugläubigern dann ein gesetzliches Vor¬
recht einräumen, wenn sie sich an die Mieterträge halten. Nun ist es
zwar ein richtiger Gedanke, die Einkünfte aus dem neuen Gebäude in erster
Reihe denen zuzuwenden, die es durch ihre Arbeiten und Lieferungen ge¬
schaffen haben; er würde sie aber für sich allein in den meisten Fällen nur
sehr langsam befriedigen und das Vermieter der neuen Häuser erschweren,
weil die Mieter lieber mit dem Hauseigentümer als mit dessen Gläubigern zu
thun haben wollen, ist auch nicht scharf genug gegen die Mittel gerichtet, mit
denen der Bauschwiudel betrieben wird. In zweiter Reihe dürfte sich aber
dieser Gedanke wohl verwerten lassen.

Der fünfte Entwurf will den Baugläubigern das Recht geben, für ihre
Forderungen auf das Baugrundstück eine Hypothek eintragen zu lassen, diese
soll, wenn sie nicht später als binnen sechs Monaten nach der baupolizeilichen
Gebrauchsabnahme des Gebäudes eingetragen oder vorgemerkt ist, den früher
oder gleichzeitig eingetragnen andern Belastungen insoweit vorgehen, als diese
den Wert des Grundstücks zur Zeit des Baubeginns übersteigen. Für die
Ermittlung dieses Werth sind sehr verwickelte Bestimmungen vorgeschlagen.
Im wesentlichen folgt also auch dieser Entwurf dem Bährschen Vorschlage, ist
also ebenso anfechtbar wie jener.

Nachdem wir so auf die hauptsächlichsten Bedenken hingewiesen haben, die
sich gegen die bis jetzt bekannt gewordnen Vorschlüge erheben, wollen wir nun
einen weitern Vorschlag hinzufügen, bei dem als leitender Gedanke folgendes fest¬
gehalten worden ist. Das zu erlassende Gesetz hat sich auf Neubauten zu be¬
schränken, da nnr bezüglich dieser von der Mehrzahl der Petenten Schutz verlangt
wird und daher sür jetzt keine Veranlassung vorliegt, in der Gesetzgebung weiter
zu gehen. Der gesetzliche Schutz soll nicht nur dem Bauunternehmer, sondern
auch den Arbeitern, Handwerkern und Lieferanten, die bei dem Neubau be¬
schäftigt und beteiligt gewesen sind, gewährt werden, auch wenn sie mit jenem
Eigentümer in kein unmittelbares Vertragsverhältnis gekommen sind. Das
Schutzverfahren soll sich möglichst unmittelbar gegen die Mittel richten, mit
denen namentlich in den größern Städten der Banschwiudel betrieben wird,
und das sind die vor dem Beginn des Baues eingetragnen Hypotheken. Es
soll ferner der Anfang des Baues durch einen Vermerk im Grundbuche, der
zugleich als Sperrvermerk für sämtliche Baugläubiger gilt, festgestellt und eine
Zeitgrenze bestimmt werden, innerhalb deren die Baugläubiger ihre Forde¬
rungen anzumelden haben. Das wirksamste Recht der Baugläubiger soll darin
bestehen, daß sie im Falle ihrer Nichtbefriedigung das Gebäude zum Abbruch
verkaufen können. Diese Gedanken würden in folgenden Sätzen ihren Ausdruck
finden:

1. Sobald die Baupvlizeibehörde zu einem Neubau die Erlaubnis erteilt, hat
sie hiervon dein Amtsgericht, in dessen Bezirk der Bau ausgeführt werden soll,


Zum Schutze der Bauhandwerker

Der vierte Entwurf will den Baugläubigern dann ein gesetzliches Vor¬
recht einräumen, wenn sie sich an die Mieterträge halten. Nun ist es
zwar ein richtiger Gedanke, die Einkünfte aus dem neuen Gebäude in erster
Reihe denen zuzuwenden, die es durch ihre Arbeiten und Lieferungen ge¬
schaffen haben; er würde sie aber für sich allein in den meisten Fällen nur
sehr langsam befriedigen und das Vermieter der neuen Häuser erschweren,
weil die Mieter lieber mit dem Hauseigentümer als mit dessen Gläubigern zu
thun haben wollen, ist auch nicht scharf genug gegen die Mittel gerichtet, mit
denen der Bauschwiudel betrieben wird. In zweiter Reihe dürfte sich aber
dieser Gedanke wohl verwerten lassen.

Der fünfte Entwurf will den Baugläubigern das Recht geben, für ihre
Forderungen auf das Baugrundstück eine Hypothek eintragen zu lassen, diese
soll, wenn sie nicht später als binnen sechs Monaten nach der baupolizeilichen
Gebrauchsabnahme des Gebäudes eingetragen oder vorgemerkt ist, den früher
oder gleichzeitig eingetragnen andern Belastungen insoweit vorgehen, als diese
den Wert des Grundstücks zur Zeit des Baubeginns übersteigen. Für die
Ermittlung dieses Werth sind sehr verwickelte Bestimmungen vorgeschlagen.
Im wesentlichen folgt also auch dieser Entwurf dem Bährschen Vorschlage, ist
also ebenso anfechtbar wie jener.

Nachdem wir so auf die hauptsächlichsten Bedenken hingewiesen haben, die
sich gegen die bis jetzt bekannt gewordnen Vorschlüge erheben, wollen wir nun
einen weitern Vorschlag hinzufügen, bei dem als leitender Gedanke folgendes fest¬
gehalten worden ist. Das zu erlassende Gesetz hat sich auf Neubauten zu be¬
schränken, da nnr bezüglich dieser von der Mehrzahl der Petenten Schutz verlangt
wird und daher sür jetzt keine Veranlassung vorliegt, in der Gesetzgebung weiter
zu gehen. Der gesetzliche Schutz soll nicht nur dem Bauunternehmer, sondern
auch den Arbeitern, Handwerkern und Lieferanten, die bei dem Neubau be¬
schäftigt und beteiligt gewesen sind, gewährt werden, auch wenn sie mit jenem
Eigentümer in kein unmittelbares Vertragsverhältnis gekommen sind. Das
Schutzverfahren soll sich möglichst unmittelbar gegen die Mittel richten, mit
denen namentlich in den größern Städten der Banschwiudel betrieben wird,
und das sind die vor dem Beginn des Baues eingetragnen Hypotheken. Es
soll ferner der Anfang des Baues durch einen Vermerk im Grundbuche, der
zugleich als Sperrvermerk für sämtliche Baugläubiger gilt, festgestellt und eine
Zeitgrenze bestimmt werden, innerhalb deren die Baugläubiger ihre Forde¬
rungen anzumelden haben. Das wirksamste Recht der Baugläubiger soll darin
bestehen, daß sie im Falle ihrer Nichtbefriedigung das Gebäude zum Abbruch
verkaufen können. Diese Gedanken würden in folgenden Sätzen ihren Ausdruck
finden:

1. Sobald die Baupvlizeibehörde zu einem Neubau die Erlaubnis erteilt, hat
sie hiervon dein Amtsgericht, in dessen Bezirk der Bau ausgeführt werden soll,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0470" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221444"/>
          <fw type="header" place="top"> Zum Schutze der Bauhandwerker</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1547"> Der vierte Entwurf will den Baugläubigern dann ein gesetzliches Vor¬<lb/>
recht einräumen, wenn sie sich an die Mieterträge halten. Nun ist es<lb/>
zwar ein richtiger Gedanke, die Einkünfte aus dem neuen Gebäude in erster<lb/>
Reihe denen zuzuwenden, die es durch ihre Arbeiten und Lieferungen ge¬<lb/>
schaffen haben; er würde sie aber für sich allein in den meisten Fällen nur<lb/>
sehr langsam befriedigen und das Vermieter der neuen Häuser erschweren,<lb/>
weil die Mieter lieber mit dem Hauseigentümer als mit dessen Gläubigern zu<lb/>
thun haben wollen, ist auch nicht scharf genug gegen die Mittel gerichtet, mit<lb/>
denen der Bauschwiudel betrieben wird. In zweiter Reihe dürfte sich aber<lb/>
dieser Gedanke wohl verwerten lassen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1548"> Der fünfte Entwurf will den Baugläubigern das Recht geben, für ihre<lb/>
Forderungen auf das Baugrundstück eine Hypothek eintragen zu lassen, diese<lb/>
soll, wenn sie nicht später als binnen sechs Monaten nach der baupolizeilichen<lb/>
Gebrauchsabnahme des Gebäudes eingetragen oder vorgemerkt ist, den früher<lb/>
oder gleichzeitig eingetragnen andern Belastungen insoweit vorgehen, als diese<lb/>
den Wert des Grundstücks zur Zeit des Baubeginns übersteigen. Für die<lb/>
Ermittlung dieses Werth sind sehr verwickelte Bestimmungen vorgeschlagen.<lb/>
Im wesentlichen folgt also auch dieser Entwurf dem Bährschen Vorschlage, ist<lb/>
also ebenso anfechtbar wie jener.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1549"> Nachdem wir so auf die hauptsächlichsten Bedenken hingewiesen haben, die<lb/>
sich gegen die bis jetzt bekannt gewordnen Vorschlüge erheben, wollen wir nun<lb/>
einen weitern Vorschlag hinzufügen, bei dem als leitender Gedanke folgendes fest¬<lb/>
gehalten worden ist. Das zu erlassende Gesetz hat sich auf Neubauten zu be¬<lb/>
schränken, da nnr bezüglich dieser von der Mehrzahl der Petenten Schutz verlangt<lb/>
wird und daher sür jetzt keine Veranlassung vorliegt, in der Gesetzgebung weiter<lb/>
zu gehen. Der gesetzliche Schutz soll nicht nur dem Bauunternehmer, sondern<lb/>
auch den Arbeitern, Handwerkern und Lieferanten, die bei dem Neubau be¬<lb/>
schäftigt und beteiligt gewesen sind, gewährt werden, auch wenn sie mit jenem<lb/>
Eigentümer in kein unmittelbares Vertragsverhältnis gekommen sind. Das<lb/>
Schutzverfahren soll sich möglichst unmittelbar gegen die Mittel richten, mit<lb/>
denen namentlich in den größern Städten der Banschwiudel betrieben wird,<lb/>
und das sind die vor dem Beginn des Baues eingetragnen Hypotheken. Es<lb/>
soll ferner der Anfang des Baues durch einen Vermerk im Grundbuche, der<lb/>
zugleich als Sperrvermerk für sämtliche Baugläubiger gilt, festgestellt und eine<lb/>
Zeitgrenze bestimmt werden, innerhalb deren die Baugläubiger ihre Forde¬<lb/>
rungen anzumelden haben. Das wirksamste Recht der Baugläubiger soll darin<lb/>
bestehen, daß sie im Falle ihrer Nichtbefriedigung das Gebäude zum Abbruch<lb/>
verkaufen können. Diese Gedanken würden in folgenden Sätzen ihren Ausdruck<lb/>
finden:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1550" next="#ID_1551"> 1. Sobald die Baupvlizeibehörde zu einem Neubau die Erlaubnis erteilt, hat<lb/>
sie hiervon dein Amtsgericht, in dessen Bezirk der Bau ausgeführt werden soll,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0470] Zum Schutze der Bauhandwerker Der vierte Entwurf will den Baugläubigern dann ein gesetzliches Vor¬ recht einräumen, wenn sie sich an die Mieterträge halten. Nun ist es zwar ein richtiger Gedanke, die Einkünfte aus dem neuen Gebäude in erster Reihe denen zuzuwenden, die es durch ihre Arbeiten und Lieferungen ge¬ schaffen haben; er würde sie aber für sich allein in den meisten Fällen nur sehr langsam befriedigen und das Vermieter der neuen Häuser erschweren, weil die Mieter lieber mit dem Hauseigentümer als mit dessen Gläubigern zu thun haben wollen, ist auch nicht scharf genug gegen die Mittel gerichtet, mit denen der Bauschwiudel betrieben wird. In zweiter Reihe dürfte sich aber dieser Gedanke wohl verwerten lassen. Der fünfte Entwurf will den Baugläubigern das Recht geben, für ihre Forderungen auf das Baugrundstück eine Hypothek eintragen zu lassen, diese soll, wenn sie nicht später als binnen sechs Monaten nach der baupolizeilichen Gebrauchsabnahme des Gebäudes eingetragen oder vorgemerkt ist, den früher oder gleichzeitig eingetragnen andern Belastungen insoweit vorgehen, als diese den Wert des Grundstücks zur Zeit des Baubeginns übersteigen. Für die Ermittlung dieses Werth sind sehr verwickelte Bestimmungen vorgeschlagen. Im wesentlichen folgt also auch dieser Entwurf dem Bährschen Vorschlage, ist also ebenso anfechtbar wie jener. Nachdem wir so auf die hauptsächlichsten Bedenken hingewiesen haben, die sich gegen die bis jetzt bekannt gewordnen Vorschlüge erheben, wollen wir nun einen weitern Vorschlag hinzufügen, bei dem als leitender Gedanke folgendes fest¬ gehalten worden ist. Das zu erlassende Gesetz hat sich auf Neubauten zu be¬ schränken, da nnr bezüglich dieser von der Mehrzahl der Petenten Schutz verlangt wird und daher sür jetzt keine Veranlassung vorliegt, in der Gesetzgebung weiter zu gehen. Der gesetzliche Schutz soll nicht nur dem Bauunternehmer, sondern auch den Arbeitern, Handwerkern und Lieferanten, die bei dem Neubau be¬ schäftigt und beteiligt gewesen sind, gewährt werden, auch wenn sie mit jenem Eigentümer in kein unmittelbares Vertragsverhältnis gekommen sind. Das Schutzverfahren soll sich möglichst unmittelbar gegen die Mittel richten, mit denen namentlich in den größern Städten der Banschwiudel betrieben wird, und das sind die vor dem Beginn des Baues eingetragnen Hypotheken. Es soll ferner der Anfang des Baues durch einen Vermerk im Grundbuche, der zugleich als Sperrvermerk für sämtliche Baugläubiger gilt, festgestellt und eine Zeitgrenze bestimmt werden, innerhalb deren die Baugläubiger ihre Forde¬ rungen anzumelden haben. Das wirksamste Recht der Baugläubiger soll darin bestehen, daß sie im Falle ihrer Nichtbefriedigung das Gebäude zum Abbruch verkaufen können. Diese Gedanken würden in folgenden Sätzen ihren Ausdruck finden: 1. Sobald die Baupvlizeibehörde zu einem Neubau die Erlaubnis erteilt, hat sie hiervon dein Amtsgericht, in dessen Bezirk der Bau ausgeführt werden soll,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/470
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/470>, abgerufen am 01.07.2024.