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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

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Zum Schutze der Bauhandwerkor

stück durch eine einstweilige Verfügung auch ohne Einwilligung des Eigen¬
tümers des Baugruudstttcks eintragen zu lassen, hat eben nicht genügt, den
seit Jahren betnebnen Bauschwindel zu verhindern, und noch viel weniger
würde das eine Reform der Wnchergesetzgebung imstande sein, von der übrigens
jetzt gar nicht mehr die Rede ist.

In der fünften Session der siebzehnten Legislaturperiode wiederholte der
Fabrikbesitzer Heinrich Frese als Vorstand des Deutschen Bundes für Boden¬
besitzreform die Petition vom 19. Mai 1892, und der Schlossermeister Hause
überreichte eine Petition vom 10. Februar 1893. Über diese beiden Petitionen
ist unterm 25. Mai 1893 ebenfalls von der Kommission für das Justizwesen
Bericht erstattet worden. Aber auch in diesem Berichte, der von dem da¬
maligen Abgeordneten Schumacher verfaßt war und an sich als eine her¬
vorragend tüchtige Leistung bezeichnet werden muß, wurde motivirte Tages¬
ordnung vorgeschlagen, weil die reichsgesetzliche Regelung der Sache in Aussicht
genommen sei. Im Plenum des Abgeordnetenhauses kam aber auch dieser
Bericht nicht zur Verhandlung. Von einer reichsgesetzlichen Regelung ist bisher
nur soviel bekannt geworden, daß in 8 583 des Entwurfs des bürgerlichen
Gesetzbuchs in zweiter Lesung folgende Bestimmung vorgeschlagen worden ist:
"Der Unternehmer eines Bauwerks oder eines einzelnen Teils eines Bauwerks
kann für seine Forderungen aus dem Vertrage die Einräumung einer Sicher-
heitshhpothek an dem Baugrundstück des Bestellers verlangen." Verbleibt es
bei dieser reichsgesetzlichen Regelung, dann bleibt eben alles beim alten, und der
bisher mit vollendeter Verschmitztheit ausgebildete und betriebne Bauschwindel
kann unbehelligt weitergehen.

Zum drittenmal ist die Frage infolge der erneuten Petitionen des Dr. Her¬
mann Stolp vom 18. November 1894, des Jnnungsverbandes deutscher Bau-
gewerksmeister vom 15. Januar 1895 und des Deutschen Bundes für Bodenbesitz¬
reform vom 11. Februar 1895 in der Justizkommission des Abgeordnetenhauses
beraten und von dieser in der zweiten Session der achtzehnten Legislaturperiode
unterm 14. Juni 1895 darüber Bericht erstattet worden. Darin wird zwar
beantragt, die gedachten Petitionen der königlichen Staatsregierung zur Er¬
wägung zu überweisen; aber aus den Schlußsätzen des Berichts geht hervor,
daß dies nur in dem Sinne geschieht, dem Baugläubiger das Recht zur Ein¬
tragung einer Sicheruugshypothek, wie in dem Entwürfe des bürgerlichen
Gesetzbuchs vorgesehen sei, zu gewähren, dagegen ein gesetzliches Vorrecht der
Baugläubiger vor deu bestehenden Hypotheken nicht befürwortet werden könne.
Auch dieser Bericht wurde im Plenum nicht mehr beraten, was wiederum kein
Unglück ist, weil die Annahme seines Antrags zur Lösung der Frage nichts
beigetragen hätte. Der Kommissar des Justizministeriums verhielt sich auch bei
dieser dritten Beratung, wie früher, im wesentlichen ablehnend, was nicht be¬
fremden konnte, da er schon nach dem Berichte vom 25. Mai 1893 erklärt hatte,


Zum Schutze der Bauhandwerkor

stück durch eine einstweilige Verfügung auch ohne Einwilligung des Eigen¬
tümers des Baugruudstttcks eintragen zu lassen, hat eben nicht genügt, den
seit Jahren betnebnen Bauschwindel zu verhindern, und noch viel weniger
würde das eine Reform der Wnchergesetzgebung imstande sein, von der übrigens
jetzt gar nicht mehr die Rede ist.

In der fünften Session der siebzehnten Legislaturperiode wiederholte der
Fabrikbesitzer Heinrich Frese als Vorstand des Deutschen Bundes für Boden¬
besitzreform die Petition vom 19. Mai 1892, und der Schlossermeister Hause
überreichte eine Petition vom 10. Februar 1893. Über diese beiden Petitionen
ist unterm 25. Mai 1893 ebenfalls von der Kommission für das Justizwesen
Bericht erstattet worden. Aber auch in diesem Berichte, der von dem da¬
maligen Abgeordneten Schumacher verfaßt war und an sich als eine her¬
vorragend tüchtige Leistung bezeichnet werden muß, wurde motivirte Tages¬
ordnung vorgeschlagen, weil die reichsgesetzliche Regelung der Sache in Aussicht
genommen sei. Im Plenum des Abgeordnetenhauses kam aber auch dieser
Bericht nicht zur Verhandlung. Von einer reichsgesetzlichen Regelung ist bisher
nur soviel bekannt geworden, daß in 8 583 des Entwurfs des bürgerlichen
Gesetzbuchs in zweiter Lesung folgende Bestimmung vorgeschlagen worden ist:
„Der Unternehmer eines Bauwerks oder eines einzelnen Teils eines Bauwerks
kann für seine Forderungen aus dem Vertrage die Einräumung einer Sicher-
heitshhpothek an dem Baugrundstück des Bestellers verlangen." Verbleibt es
bei dieser reichsgesetzlichen Regelung, dann bleibt eben alles beim alten, und der
bisher mit vollendeter Verschmitztheit ausgebildete und betriebne Bauschwindel
kann unbehelligt weitergehen.

Zum drittenmal ist die Frage infolge der erneuten Petitionen des Dr. Her¬
mann Stolp vom 18. November 1894, des Jnnungsverbandes deutscher Bau-
gewerksmeister vom 15. Januar 1895 und des Deutschen Bundes für Bodenbesitz¬
reform vom 11. Februar 1895 in der Justizkommission des Abgeordnetenhauses
beraten und von dieser in der zweiten Session der achtzehnten Legislaturperiode
unterm 14. Juni 1895 darüber Bericht erstattet worden. Darin wird zwar
beantragt, die gedachten Petitionen der königlichen Staatsregierung zur Er¬
wägung zu überweisen; aber aus den Schlußsätzen des Berichts geht hervor,
daß dies nur in dem Sinne geschieht, dem Baugläubiger das Recht zur Ein¬
tragung einer Sicheruugshypothek, wie in dem Entwürfe des bürgerlichen
Gesetzbuchs vorgesehen sei, zu gewähren, dagegen ein gesetzliches Vorrecht der
Baugläubiger vor deu bestehenden Hypotheken nicht befürwortet werden könne.
Auch dieser Bericht wurde im Plenum nicht mehr beraten, was wiederum kein
Unglück ist, weil die Annahme seines Antrags zur Lösung der Frage nichts
beigetragen hätte. Der Kommissar des Justizministeriums verhielt sich auch bei
dieser dritten Beratung, wie früher, im wesentlichen ablehnend, was nicht be¬
fremden konnte, da er schon nach dem Berichte vom 25. Mai 1893 erklärt hatte,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/465>, abgerufen am 24.07.2024.